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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe III - Mt 10, 34-39
Liebe Gemeinde!
Ich habe viele Gespräche mit Muslimen geführt, und ich war bei vielen Gesprächen dabei,
in denen Muslime gefragt wurden, wie sie zu dem Aufruf zum Krieg gegen Andersgläubige im Koran
stehen würden. Die Antwort war immer die gleiche: Der Koran ruft nicht zum Krieg auf, sondern zur
Bewahrung der Geschöpfe Gottes. Der Koran ermutigt zum Frieden.
Nie würden wir auf die Idee kommen, dass unser Predigttext ein Aufruf zum Krieg gegen
Andersgläubige, gegen Nichtchristen ist. Aber wie kann ein Außenstehender das verstehen?
"Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde.
Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert."
Da ist er nun hin, der Friede, der uns aufgrund unserer so schmerzhaften
Geschichte so wichtig geworden ist und um den wir uns auf vielfältigste
Weise bemühen. Kein Friede, bewahre, sondern das Schwert!
Die Worte Jesu können weh tun, denn sie führen das ad absurdum, was wir mittlerweile
als Kernbotschaft christlicher Verkündigung akzeptiert haben und Tag für Tag propagieren.
Wir haben Frieden auf unsere Fahnen geschrieben, die Jesus nun mit seinem Schwert
zerschneidet! Kein Frieden, nein!
Jesus ist gekommen, um die Menschen von einander zu trennen, so wie die Spreu vom
Weizen getrennt wird. Die Frucht, das Korn bleibt erhalten, aber die Spreu wird vom
Wind fortgetragen und vergeht.
Die Frucht, das sind die, die sein Wort hören, die ihr Kreuz auf sich nehmen und ihm
nachfolgen. Das sind die, die nichts mehr lieben als Jesus Christus und die bereit
sind, ihr Leben aufzugeben um Jesu willen.
Hört man sich diese Worte an, dann kann einem schon der Atem stocken. Das macht nicht
nur nachdenklich, es macht betroffen, und es macht Angst.
Kann ich da noch auf dem richtigen Weg sein? Gehöre ich nicht längst zu denen, die
faule Kompromisse eingegangen sind, die sich arrangiert haben um des lieben Friedens,
um der Harmonie willen, und das vielleicht auch ganz bewusst, weil ich der Meinung bin,
damit wie ein guter Christ und im Sinne Jesu zu handeln?
Wo bleibt in diesen Worten Jesu die Liebe, von der er immer wieder gesprochen hat?
Das Schwert wird die einen von den anderen trennen - sogar Familien werden durch dieses
Schwert auseinander gerissen. Das Schwert ist eine Kriegswaffe, die dem Töten des Feindes
dient. Hier dient es zwar "nur" als Scheidungsinstrument, aber auch mit dieser
Funktion ist es noch ein Instrument, das Gewalt übt und verletzt.
Ein Aufruf zum Krieg im Neuen Testament... nein, das behagt uns nicht, das kann eigentlich
nicht sein. Es passt nicht in die christliche Verkündigung, ja, es ist doch
eigentlich vollkommen abwegig.
Sicher ist es möglich, den Text so zu lesen und dann auch zu verstehen, dass das
Schwert stumpf wird und niemandem mehr ein Leid zufügen kann.
Aber ob das richtig ist? Diese Frage beantwortet sich vielleicht, wenn wir beginnen,
den Text auf uns einwirken zu lassen.
Das Schwert als Instrument der Trennung ist jedenfalls nicht wesentlich besser als das
Schwert des Nahkampfes. In jedem Fall ist das Schwert ein Instrument der Macht, denn es
entscheidet über Leben und Tod, auch hier, auch dann, wenn es nur bildlich verstanden
wird. Denn wer sich nicht zu Jesus hält, wer ihm nicht nachfolgt, der ist dem Tod
ausgeliefert. Das Schwert tötet, indem es die einen von den anderen scheidet.
Eins können wir wohl mit Sicherheit aus diesen Worten ableiten: wer sich in die Nachfolge
Jesu begibt, hat kein leichtes Leben. Es ist weder friedlich noch ruhig, selbst dann
nicht, wenn alles gut zu laufen scheint.
Das Leben eines Christen ist ein Leben in der Verantwortung, ein Leben, in dem es immer
wieder um Entscheidungen geht, die weit über das übliche Maß hinausgehen.
In unserem Predigttext geht es um die Liebe zu den Menschen, die einem am nächsten stehen.
Die Möglichkeit, dass man sich von ihnen trennen muss, wird nicht nur nicht ausgeschlossen,
sondern sie scheint sogar üblich zu sein.
Zumindest damals in den ersten Jahrhunderten wird es immer wieder zu Entzweiungen
innerhalb einer Familie gekommen sein - die einen hielten sich an die von der
Regierung akzeptierte und propagierte Religion, die anderen waren Christen und
mussten im Untergrund leben. Oft wurden sie denunziert von ihren eigenen
Verwandten, weswegen wohl auch hier diese Worte aus dem Mund Jesu erklingen.
Der Christ wird vor die Entscheidung gestellt, wer ihm wichtiger ist: Jesus
oder die Familie, die Bequemlichkeit des geschützten Lebens oder die Unbequemlichkeit
des Lebens in der Verfolgung. Status confessionis nennt man solch eine Situation,
in der sich vor gar nicht all zu langer Zeit viele Christen auch in unserem Land befanden.
Sicher, heute werden wir nicht mehr verfolgt, es gibt keine Herausforderung oder
Gefahr, die uns vor eine Entscheidung stellt, es gibt keinen status confessionis,
zumindest keinen offensichtlichen. Aber das macht es nicht leichter, sondern schwerer.
Denn es ist schon wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, ob man mit seinem
Leben einen oder auch mehrere faule Kompromisse eingegangen ist, oder ob die
Prioritäten eindeutig sind.
Was ist das Kriterium, an dem sich alles andere messen lassen muss? Worum geht
es eigentlich bei diesem Schwert? Wann kommt es zum Einsatz?
Vielleicht wird es klarer, wenn wir etwas darüber nachdenken, wodurch sich ein
Christ auszeichnet.
Zunächst einmal ganz allgemein: Ein Christ geht aufrecht. Er ist selbstbewusst,
denn er weiß, dass er von der Gnade und Liebe Gottes getragen ist. Damit wird er
aber nicht überheblich oder gar arrogant. Eher im Gegenteil: er handelt und redet
aus dem Bewusstsein heraus, dass er selbst Sünder ist und aus der Vergebung Gottes
heraus lebt.
Ein Christ weiß, wo Grenzen des Fortschritts sind, und begleitet die Entwicklungen
in unserer Gesellschaft kritisch. Dabei achtet er darauf, dass niemand vereinsamt und
allein gelassen wird.
Er schweigt nicht, wenn es um die Würde des Menschen geht, und sieht nicht weg, wenn
einzelne Gruppen in unserer Gesellschaft diskriminiert und ausgegrenzt werden.
Er wendet sich den Bedürftigen zu und ist bereit, zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird.
Er tritt für Wahrheit und Aufrichtigkeit ein und lässt nicht zu, dass Teilwahrheiten
zu einer Verfälschung des Gesamtbildes führen.
Er kämpft für den Frieden - mit den Waffen des Glaubens, nicht mit Waffen, die
verletzen und zerstören.
Er gibt sich nicht mit der Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Güter dieser
Welt zufrieden, sondern lässt die Menschen in den Entwicklungsländern teilhaben
am eigenen Wohlstand.
Er weiß, dass der Weg der Nachfolge nicht leicht ist. Aber er geht ihn im Vertrauen
darauf, dass nichts ihn von der Liebe Gottes trennen kann.
Wer so lebt, der macht sich nicht nur Freunde. Das Schwert, von dem Jesus spricht,
kommt zum Einsatz, es trennt ihn von denen, die faule Kompromisse eingehen.
Aber das soll uns nicht entmutigen, denn: wer bereit ist, sein Leben um Jesu willen
zu verlieren, der wird es finden.
Dieses Leben, das uns da in Aussicht gestellt wird, garantiert eins: dass es nicht
einsam werden kann, auch wenn es dazu kommt, dass sich die eigene Familie entzweit
und dass Freunde und Bekannte einem den Rücken kehren. Denn Christen sind Teil einer
großen Familie. Sie gehören zur Familie Gottes. Dort ist unsere Heimat.
Muss es so weit kommen, dass Familien entzweit und Freunde voneinander getrennt werden?
Ich denke, die Worte Jesu zwingen nicht dazu. Solange es möglich ist, Christus treu zu
bleiben, ohne die lieb gewordenen Bindungen aufzugeben, muss auch das Schwert nicht
dazwischen gehen.
- Nur wenn uns diese Bindungen wichtiger werden als die Nachfolge Christi,
- nur wenn wir beginnen oder uns gar gezwungen fühlen, faule Kompromisse einzugehen,
- nur wenn wir anfangen, uns zu ducken, um nicht aufzufallen,
dann ist es an der Zeit, unsere Prioritäten zu überdenken und vielleicht auch neu zu ordnen.
Dazu schenke er, unser Gott, uns seinen Frieden.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Such, wer da will (EG 346)
Ich weiß, woran ich glaube (EG 357)
Ein feste Burg ist unser Gott (EG 362)
Mir nach, spricht Christus, unser Held (EG 385)
Eins ist Not! Ach Herr, dies Eine (EG 386, 1.2.9-10)
Gott rufet noch. Sollt ich nicht endlich hören? (EG 392)
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