das Kirchenjahr

Neujahrstag

In Gottes Hand

Predigtanregung

In der Alten Kirche wurde der Neujahrstag bewusst als Fastentag begangen. Dies hatte seine Ursache in der Beziehung zu den sogenannten „Saturnalien”, die die Römer im 3. Jht. noch feierten und die, am 17.12. beginnend, am 24.12. in die überschwenglich und ins extreme gesteigerte Feier des Sol invictus (s. Christfest) mündeten. Der christlichen Kirche erschien dieses 7-tägige Feiern der Saturnalien als eine Eskalation der heidnischen Sündhaftigkeit, und sie legte daher ihre Weihnachtsfestzeit ebenfalls 7-tägig aus, aber nicht in orgiastischer Ausschweifung, sondern in bußfertiger Hinwendung zu Gott endend.
Im 6. Jahrhundert erst begann man, den Neujahrstag als Tag der Beschneidung und Namengebung Jesu zu feiern. Auch Martin Luther hat dann auf diesen Sinn des Neujahrstages großen Wert gelegt. Erst im Lauf des 17. Jahrhunderts ging der protestantischen Kirche dieser Sinn verloren, immer mehr wurde der Jahresanfang einziger Inhalt des Tages, wobei man sagen muss, dass es sich bei dem Neujahrstag wohl um den wichtigsten profanen Feiertag, eben den des Neuanfangs, handelt.
Die liturgische Farbe ist weiß, da der Neujahrstag kein eigener Festtag der Kirche ist, sondern ein Tag, der in die Zeit des Christfestes einzuordnen ist.
Der Neujahrstag sollte richtigerweise mit dem Proprium des Tages der Beschneidung und Namengebung Jesu begangen werden. Wenn er allerdings als Neujahrstag begangen wird, liegt der Schwerpunkt auf der Tatsache, dass nicht wir unsere Zukunft in der Hand haben, sondern allein Gott. Dies wird besonders schön deutlich in der Epistel, der die Worte „so Gott will und wir leben...” entnommen sind, aber auch in der alttestamentlichen Lesung, in der Gottes Ordnungen der Schlüssel sind dafür, dass Gott bei allem ist, was Josua tun wird. Die anderen Perikopen unterstreichen noch einmal, dass der Mensch sich zwar vieles ausdenken kann, aber Gott seinen Schritt lenken wird. So sind wir zwar nicht Marionetten; es wird uns aber gut tun, der Tatsache bewusst zu werden und zu bleiben, dass wir nicht allein sind in unserem Bemühen.

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I - Jos 1, 1-9

Nachdem Mose, der Knecht des HERRN, gestorben war, sprach der HERR zu Josua, dem Sohn Nuns, Moses Diener: 2 Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gegeben habe. 3 Jede Stätte, auf die eure Fußsohlen treten werden, habe ich euch gegeben, wie ich Mose zugesagt habe. 4 Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang, das ganze Land der Hetiter, soll euer Gebiet sein. 5 Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. 6 Sei getrost und unverzagt; denn du sollst diesem Volk das Land austeilen, das ich ihnen zum Erbe geben will, wie ich ihren Vätern geschworen habe. 7 Sei nur getrost und ganz unverzagt, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, damit du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst. 8 Und lass das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen, und du wirst es recht ausrichten. 9 Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.

Josua tritt die Nachfolge des großen Führers Mose an. Das ist ein großes Vermächtnis, das aber mit einer noch größeren Verheißung verbunden ist: „Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang”, sagt Gott, und: „Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagst seist.... denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.” Aber mit der Verheißung ist es nicht genug: Josua wird natürlich auch an das Gesetz Gottes gebunden, so wie sein Vorgänger und das Volk, das er führen soll. Man sollte in diesem Zusammenhang vielleicht darauf hinweisen, dass dieses Gesetz zunächst einmal gut ist. Erst durch die falsche Anwendung wird es notwendig, in Christus ein Gegengewicht zu setzen.
Interessant ist in dem Text die Art, wie Gott Josua Trost zuspricht; er gebietet ihm, getrost und unverzagt zu sein. Vielleicht gebietet er es, weil ein verzagter Führer kein guter Führer ist. Es wäre also wichtig, dass er unverzagt ist - oder zumindest so erscheint. Vielleicht aber auch geht Gott die Verzagtheit Josuas gewissermaßen „auf die Nerven”. Bleibt freilich die Frage, ob Josua wirklich verzagt war, denn Mose hatte ihn ja schon zuvor in ähnlicher Weise ermutigt (5. Mose 31, 7-8).
Der stark an die Geschichte Israels angebundene Text scheint zunächst nicht viel mit dem kirchenjahreszeitlichen Zusammenhang zu tun zu haben, die direkten Bezüge zur Geschichte des Volkes Israel machen den Text „unhandlich”. Allerdings sind die Umstände universal: ein Volk hat seinen Führer verloren, ein neuer Führer ersteht, beide von Gott berufen und abhängig. Letztlich gibt es keine Änderung, denn Gott bleibt der Führer des Volkes, nur der Mittler trägt einen anderen Namen und bringt vielleicht ein bisschen seiner eigenen Persönlichkeit mit ein. Für das Volk aber ist es ein Neuanfang, denn bis dahin sind sie umhergewandert und haben eine alte Schuld abgebüßt. Nun ist endlich das Ende ihrer ziellosen Wanderung da, sie bereiten sich darauf vor, Fuß zu fassen, Halt zu gewinnen, sich niederzulassen.
Diese Erfahrung ist nicht unähnlich der Erfahrung zu Beginn eines neuen Jahres: das alte Jahr erscheint wie ein zielloses Wandern, man will nun alles besser machen, für das neue Jahr werden neue Ziele gesetzt. Auch wenn erfahrungsgemäß viele dieser Ziele nicht erreicht werden - diese Perikope erinnert uns daran, wie wir das Ziel erreichen können: indem wir uns auf Gott verlassen, auf Ihn einlassen. Die Verheißung in Vers 9 kann man zwar kaum für sich stehen lassen, denn sie ist mit der vorher gestellten Bedingung eng verknüpft; aber sie öffnet die Dimension, die so wichtig ist für einen Neuanfang: Gott ist mit dir.

Liedvorschläge:

Das alte Jahr vergangen ist (EG 59)
Hilf, Herr Jesu, lass gelingen (EG 61)
Jesus soll die Losung sein (EG 62)
Lob Gott getrost mit Singen (EG 243)
Verzage nicht, du Häuflein klein (EG 249)
Kommt her, des Königs Aufgebot (EG 259)
Bis hierher hat mich Gott gebracht (EG 329)
Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich (EG 351)
Zieh an die Macht, du Arm des Herrn (EG 377)
Jesu, geh voran (EG 391)
In Gottes Namen fahren wir (EG 498)

Fürbittengebet

Herr, allmächtiger Gott,
du sorgst für uns. Das hast du auch im vergangenen Jahr getan, und dafür danken wir dir. Heute hören wir deine Zusage, dass du uns erhältst, egal, wie sich die Welt um uns gebärdet. Weil du unsere Hilfe bist, darum können wir allem Verdruss trotzen.
Wir bitten dich: hilf uns, Geduld zu haben, dass wir dein Kommen, das aller Not ein Ende setzt, mit Freude erwarten. Durch deine Gnade schenkst Du uns immer wieder einen neuen Anfang, so auch heute, am ersten Tag des Jahres.
Wir können aber nicht vergessen, was uns im letzten Jahr schon Sorgen machte, und bitten dich für die, die uns anvertraut sind: lass sie deine Liebe erfahren in diesem neuen Jahr, damit ihr Leben auf festem Grund steht und ihre Zuversicht nicht wankt.
Wir bitten dich für all die Kranken und Sterbenden, dass du ihnen die Hoffnung nicht nimmst: Hoffnung auf ein Leben in deiner Gegenwart.
Wir bitten dich für die verlorenen, die selbst nicht wissen, woher oder wohin, die Heimatlosen: lass sie Wege erkennen und dann auch gehen, Wege in eine Zukunft, die nicht mehr hoffnungslos ist.
Wir bitten dich für die von Krieg geplagten, dass sie nicht mehr Angst haben müssen. Lass die Kanonen und Gewehre endlich verstummen und hilf dort, wo Hass herrscht, zum Frieden.
Herr, wir wissen nicht, was das neue Jahr für uns bereit hält. Aber wir wissen, dass alles aus deiner Hand kommt. So wollen wir es gerne tragen und bitten dich, dass du uns bessere Ziele schenkst als einen Wohlstand, der den wenigsten wohlgetan hat.
Wir wollen deine Güte nicht verhöhnen, sondern bitten darum, dass du uns ein Ziel vor Augen hältst, das es wert ist, alles dafür her zu geben.
Schenke schließlich deiner Gemeinde, hier und überall, Freude an der Gemeinschaft, am gegenseitigen Geben und Nehmen, dass niemand unter uns Herr sei und König als der, dessen Name uns froh macht: Jesus Christus, sei uns gnädig!
Amen (inspiriert von und mit einem kurzen Auszug aus: Kristlieb Adloff, Erhebungen S. 42f)



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