Der Name des Sonntags Judika leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon
ab: „Judica me, Deus, et discerne causam meam de gente non sancta”
(Ps 43, 1; deutsch s. unten, wörtliche Übersetzung von „Judika” hervorgehoben)
Nach alter Sitte (etwa seit dem 8. Jahrhundert) beginnt an diesem Sonntag die eigentliche Passionszeit, indem
das Leidensgeschehen Jesu in den Mittelpunkt gerückt wird. Deswegen trug der Sonntag Judika auch den Namen
„Dominica Passionis”, also Passionssonntag.
Von dieser Tradition scheint die protestantische Kirche mittlerweile abrücken zu wollen, denn das typische Kennzeichen
für den Beginn der Passionszeit, der Wegfall des „Gloria Patri”, ist in der neuen Agende (dem EGb,
das im Jahr 2000 erstmalig erschien) erst ab dem Sonntag Palmarum vorgesehen.
Nach dem Sonntag Laetare, an dem die Hingabe Jesu bedacht wurde,
betont nun der Sonntag Judika den Gehorsam Christi genauso wie
unseren Gehorsam. Es geht also um unsere Antwort auf Gottes Handeln und Gebot, die
unaufgebbare Dualistik der Gnade Gottes: wenn sie nicht angenommen wird, kann sie
auch nicht wirken. Es ist die Freiheit der Selbstentscheidung, von Gott geschenkt,
die uns auch das Verderben bringen kann. Die Texte zeigen uns in teilweise grausamer
Härte, wie Gehorsam immer auch zum Segen führt.
Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)
I - Joh 18, 28-19, 5Da führten sie Jesus von Kaiphas zum Prätorium; es war früh am Morgen. Und sie gingen nicht
hinein, damit sie nicht unrein würden, sondern das Passamahl essen könnten.
29 Da kam Pilatus zu ihnen heraus und fragte: Was für eine Klage bringt
ihr gegen diesen Menschen vor?
30 Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wäre dieser nicht ein
Übeltäter, wir hätten ihn dir nicht überantwortet.
31 Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmt ihr ihn hin und richtet ihn nach eurem
Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Wir dürfen niemand töten.
32 So sollte das Wort Jesu erfüllt werden, das er gesagt hatte, um anzuzeigen,
welchen Todes er sterben würde.
33 Da ging Pilatus wieder hinein ins Prätorium und rief Jesus und fragte ihn:
Bist du der König der Juden?
34 Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus oder haben dir's andere
über mich gesagt?
35 Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben
dich mir überantwortet. Was hast du getan?
36 Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich
von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; nun aber ist
mein Reich nicht von dieser Welt.
37 Da fragte ihn Pilatus: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete:
Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll. Wer aus der
Wahrheit ist, der hört meine Stimme.
38 Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit? Und als er das gesagt hatte,
ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm.
39 Es besteht aber die Gewohnheit bei euch, dass ich euch einen zum Passafest
losgebe; wollt ihr nun, dass ich euch den König der Juden losgebe?
40 Da schrien sie wiederum: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war
ein Räuber.
19, 1 Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln.
2 Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie auf sein
Haupt und legten ihm ein Purpurgewand an
3 und traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt, König der
Juden!, und schlugen ihm ins Gesicht.
4 Da ging Pilatus wieder hinaus und sprach zu ihnen: Seht, ich führe
ihn heraus zu euch, damit ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde.
5 Und Jesus kam heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand.
Und Pilatus spricht zu ihnen: Seht, welch ein Mensch!
Es ist schon beachtlich, wie sich „die Juden” um die Wahrheit drücken: sie bringen Jesus zu Pilatus,
wohl wissend, dass ihr Vorwurf nicht zur Verhängung einer Todesstrafe ausreicht, und reden darum erst einmal um den heißen
Brei herum. Nur dass sie ein Todesurteil hören wollen, sagen sie frei heraus.
Dass das anschließende Verhör eigentlich ein halbwegs philosophisches Gespräch ist, in dem Pilatus
die Oberhand behalten will, indem er die Fähigkeit des Menschen, Wahrheit zu erfassen, in Frage stellt, ist ein
weiteres beachtenswertes Detail. Jesu Deutung, dass von ihm Wahrheit ausgeht, kann Pilatus jedenfalls nicht gelten lassen.
Für ihn ist, wie für die meisten Menschen, Wahrheit relativ.
Aber da er den Druck der Ankläger schon zu Beginn wahrgenommen hatte, legt er ihnen nun, obwohl er Jesus für
unschuldig hält, die Möglichkeit vor, das gewünschte Todesurteil zu bekommen.
Ein weiteres Detail mag von Bedeutung sein: Pilatus erkennt das Besondere in Jesus und bringt dies mit den wenigen Worten
„Seht, welch ein Mensch” zum Ausdruck.
Für die Predigt sollte aber doch die Wahrheit das zentrale Thema sein. Denn das ist die Mitte dieser Perikope. Und dem
Predigthörer muss die Frage gestellt werden: Bist du aus der Wahrheit? Hörst du die Stimme Jesu? Diese Frage kann
aber nur stellen, wer sie für sich selbst beantworten kann.
Jesu, meines Lebens Leben (EG 86)
Du großer Schmerzensmann (EG 87)
Herr Jesu, deine Angst und Pein (EG 89)
Das Kreuz ist aufgerichtet (EG 94)
Seht, wie sie ihn mit Dornen krönen (EG 95,4)
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