Der Vorletzte Sonntag im Kirchenjahr befasst sich mit dem Weltgericht, wie es vielfach im Neuen Testament angekündigt wird. Viele Menschen unterliegen der Gefahr, das Kommen des Weltgerichtes in den Zeichen dieser Zeit zu sehen: in Verwüstungen, Naturkatastrophen, Kriegen usw. Dabei machen sie sich zu Beobachtern, obgleich sie doch selbst Betroffene sein müssten. Andere meinen, dass es kein Weltgericht geben wird, höchstens einen - dann aber menschengemachten - Weltuntergang. Doch gerade der Glaube daran, dass es einen Tag (nicht im Sinne eines 24-Stunden-Tages) geben wird, an dem Gott das Leben eines jeden Menschen betrachten und auch richten wird, hilft doch, uns mit der Ungerechtigkeit, wie sie in unserer Welt immer wieder deutlich sichtbar wird, in gewisser Weise zu versöhnen. Denn wir wissen, dass nicht Menschen, sondern Gott das letzte Wort hat. In diesem Glauben können wir darum auch unverzagt dem Tag des Weltgerichts entgegen sehen, weil wir darauf vertrauen, dass Gott barmherzig und gnädig ist und durch Jesus Christus dem vergibt, der sich ihm in Vertrauen zuwendet. Somit ist es wohl angebracht, das Weltgericht als ein positives Geschehen zu erwarten und nicht als etwas, das Zerstörung und damit Leid bringt.
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IV - Lk 18, 1-8Er sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, dass sie allezeit beten und nicht nachlassen sollten, 2 und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. 3 Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4 Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, 5 will ich doch dieser Witwe, weil sie mir soviel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage. 6 Da sprach der Herr: Hört, was der ungerechte Richter sagt! 7 Sollte Gott nicht auch Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er's bei ihnen lange hinziehen? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?
Dieses Gleichnis von der bittenden Witwe zusammen mit seiner Auslegung
gibt einige Rätsel auf. Zunächst einmal ist die Figur des Richters befremdlich.
Offenbar übt er sein Amt nach Gutdünken aus, und nicht nach dem Recht
- er sieht seine Verantwortung nicht darin, den Menschen Recht zu verschaffen, sondern
wohl (was aber nicht explizit gesagt wird) darin, sich ein gutes Leben zu machen.
Denn die Aussage, dass er sich nicht vor Gott fürchtet, weist darauf hin, dass
er nicht unbedingt Recht spricht; die Aussage, dass er die Bitte der Witwe, ihm
Recht zu verschaffen, lange Zeit ignoriert, weist darauf hin, dass er nicht immer
sein Amt wahrnimmt, sondern nur, wenn es ihm gefällt. Vermutlich handelte dieser
Richter je nachdem, wie viel Geld ihm geboten wurde.
Immerhin lässt sich der Richter zuletzt doch, angesichts der Hartnäckigkeit
der Witwe, dazu überreden, ein Urteil zu fällen, wohl ohne ein Schmiergeld
erhalten zu haben - die Begründung aber erscheint sehr merkwürdig: damit
sie ihm nicht ins Gesicht schlage. Offenbar fürchtet er doch die Menschen?
Denn ins Gesicht geschlagen zu werden in der Öffentlichkeit bedeutet eine Demütigung,
die er als allem Anschein nach einflussreicher Mann nicht über sich ergehen
lassen kann. Es gäbe sicher effektivere Methoden für diesen Richter, sein
Problem zu lösen. Um des Skopus willen gibt er aber nach.
Die Auslegung durch Jesus selbst in Vers 7-8 wirft weitere Fragen auf: Vermutlich
wird hier schon die Verfolgungssituation angesprochen, in der die Christen gewissermaßen
als rechtlose, unterdrückte Menschen der Willkür sowohl der Römer
als auch der Pharisäer ausgeliefert waren. Die Christen beriefen sich auf Gott,
aber Gott reagierte nicht. Hier nun soll ihnen der Trost zugesprochen werden, dass
Gott bald Recht schaffen wird denen, die er auserwählt hat. Nur merkwürdig
ist der letzte Satz: Wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben
finden auf Erden? Dieser Satz wird jeden christlichen Hörer vor den Kopf stoßen:
ja, glaube ich denn nicht? Vermutlich kann dieser Satz aus dem Umstand erklärt
werden, dass Jesus hier zu den Pharisäern spricht, die ja ohnehin immer schlecht
wegkommen. Ihre Frage nach dem Kommen des Reiches Gottes löst eine umfangreiche
Rede Jesu aus, wozu auch dieser Text gehört. Vielleicht will mit diesem Satz
der Vermutung, die Pharisäer könnten die Auserwählten sein, ein Riegel
vorgeschoben werden.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang liegt in dem Nahen Gottes:
er ist auf dem Weg, zu helfen. Es ist die bekannte Spannung des "Schon-Jetzt"
und "Noch-Nicht", die sich hier auftut und die auch in dem Thema "Der
Nahende Gott" deutlich wird. Wir wissen von seinem Kommen, aber er ist noch
nicht da.
Die Predigt wird den Aspekt des Bittens nicht unterschlagen, denn darum geht es
ja im Predigttext vorrangig: dass sich Gott durch hartnäckiges Bitten zu schnellem
Handeln bewegen lässt. Auch wenn dies meist nicht unserer Erfahrung entspricht,
so ist dies doch die Zusage, die Jesus mit seinem Gleichnis macht. Es wird auch
wichtig sein, den Kontext deutlich zu machen, damit der Vers 8 entsprechend verstanden
werden kann. Zuletzt steht in der Predigt die Aussage vom hilfsbereiten Gott an,
die aber die wichtigste Aussage ist. Dabei wird man nicht umhin können, darauf
hinzuweisen, dass Gott nicht frei verfügbar ist. Er wendet sich uns zu, er
zögert nicht über die Maßen, aber er zögert. Warum, lässt
sich aus dem Gleichnis nicht erkennen. Eine Deutung wäre, dass Gott Raum geben
will, damit Glaube wachsen kann in dieser Welt (auch hier könnte Vers 8 behilflich
sein).
Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ (EG 246)
Vater unser im Himmelreich (EG 344)
Befiehl du deine Wege (EG 361)
Wenn wir in höchsten Nöten sein (EG 366)
Das könnte den Herren der Welt ja so passen (EG 550)
Harre, meine Seele (EG 611)
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen (EG 640)
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