Der Name des Sonntags Reminiszere leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon
ab: „Reminiscere miserationum tuarum, Domine, et misericordiarum tuarum
quae e saeculo sunt.” (Ps 25, 6; deutsch s. unten, wörtliche Übersetzung von „Reminiszere” hervorgehoben)
Am Sonntag Reminiszere geht es um das Verhältnis
zwischen Gott und Mensch. Das Evangelium weist hin auf die Notwendigkeit des
Menschen, sich Gott zuzuwenden und sich von der „Macht der Finsternis” zu lösen.
Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern (Reihe V) verdeutlicht die Konsequenzen,
die beim Verbleiben in der Finsternis, d.h. der Ich-Bezogenheit, zu erwarten sind.
Wohl wissend, was sie tun, bringen die Weingärtner
den Sohn des Besitzers um, hoffend, dass sie dann den ganzen Besitz für
sich einstreichen können. Ganz offensichtlich soll das Gleichnis darauf hindeuten,
dass die Menschen, die eine Verantwortung von Gott übertragen bekommen
haben (jeder), das ihnen Anvertraute lieber als ihr Eigentum ansehen wollen und
dabei die Rechte und den Anspruch Gottes zu missachten (und damit auch seine Macht).
Die Frage dieses Sonntags und dieser Woche ist daher die, wie wir uns zu Gott stellen
wollen. Die Antwort muss jede Person für sich geben, wobei durch das Evangelium schon
klar sein dürfte, dass eine Veränderung, ja, eine Neugeburt vollzogen werden muss,
um die von Gott erwartete Antwort geben zu können.
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V - Mk 12, 1-12Und er fing an, zu ihnen in Gleichnissen zu reden: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und zog einen Zaun darum und grub eine Kelter und baute einen Turm und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes. 2 Und er sandte, als die Zeit kam, einen Knecht zu den Weingärtnern, damit er von den Weingärtnern seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs hole. 3 Sie nahmen ihn aber, schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort. 4 Abermals sandte er zu ihnen einen andern Knecht; dem schlugen sie auf den Kopf und schmähten ihn. 5 Und er sandte noch einen andern, den töteten sie; und viele andere: die einen schlugen sie, die andern töteten sie. 6 Da hatte er noch einen, seinen geliebten Sohn; den sandte er als letzten auch zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen. 7 Sie aber, die Weingärtner, sprachen untereinander: Dies ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein! 8 Und sie nahmen ihn und töteten ihn und warfen ihn hinaus vor den Weinberg. 9 Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Weingärtner umbringen und den Weinberg andern geben. 10 Habt ihr denn nicht dieses Schriftwort gelesen (Psalm 118,22.23): „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. 11 Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen”? 12 Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, und fürchteten sich doch vor dem Volk; denn sie verstanden, dass er auf sie hin dies Gleichnis gesagt hatte. Und sie ließen ihn und gingen davon.
Das Gleichnis „von den bösen Weingärtnern” scheint doch gewaltig überzogen. Niemand
würde den Sohn des Besitzers töten, um das Erbe an sich zu bringen, solange der Besitzer noch lebt, denn
sicher kann man dessen Rache erwarten. Diese Überspitzung bekommt nur durch die Adressaten, die Hohepriester,
Ältesten und Schriftgelehrten (11, 27), einen Sinn, die sicher sogleich verstehen, was Jesus sagt. Denn er
antwortet mit diesem Gleichnis auf ihre Frage nach seiner Vollmacht, und macht ihnen so deutlich, dass er die Vollmacht
dessen hat, dem dies alles gehört. Dabei wäre vielleicht noch anzumerken, dass sich die Frage nach seiner
Vollmacht wohl auf die zuvor erfolgte Tempelreinigung bezieht, bei der er sich scheinbar ja eine Autorität
angemaßt hat, die ihm nicht zusteht.
Die Antwort ist klar und eindeutig, und Jesus macht auch klar, dass er ihren noch geheimen Plan, ihn zu töten,
längst kennt. Dabei müsste den Adressaten die Gefahr, die in Ihrem Plan liegt, auffallen. Denn wenn Jesus
die Vollmacht von Gott hat und dies dadurch, dass er sein Sohn ist, dann müssen sie mit ihrer Vernichtung rechnen,
wenn sie Jesus töten.
Die Deutung des Gleichnisses ist problematisch. Denn wenn die Zusammenhänge richtig gedeutet sind, kann es eigentlich
nur bedeuten, dass die Schriftgelehrten und Hohepriester und Ältesten ihre Vollmacht verwirkt haben. Andere
übernehmen das „Szepter”, und diese anderen sind die christliche Gemeinde, wie sich unschwer ableiten
lässt. Dazu kommt, dass die Hohepriester und Schriftgelehrten offenbar die Möglichkeit in Kauf nehmen, dass
Gott sie strafen wird. Oder mit anderen Worten: sie rechnen nicht mit Gottes Handeln, weil sie sein Gericht nicht
fürchten.
Problematisch ist diese Deutung insofern, als dass sie allzu schnell dazu genutzt werden kann, antijüdische Gedanken
zu fördern und sich selbst dabei auch noch auf die Schulter zu klopfen. Beides sollte uns nicht einfallen.
Denn es ist durchaus denkbar, dass wir selbst mittlerweile in der Situation dieser Adressaten stecken und Jesu
Autorität nicht nur in Frage stellen, sondern auch nicht damit rechnen, dass wir durch diese Infragestellung u.U.
das Gericht Gottes auf uns ziehen. An welchen Stellen die Autorität Jesu angezweifelt bzw. ignoriert wird, sei
dahingestellt. Jedenfalls birgt die historisch-kritische Methode immer die Gefahr, den lebendigen Jesus aus dem Auge zu
verlieren. Das liegt sicher auch mit daran, dass sich dieser Lebendige nicht fixieren lässt - er bleibt unberechenbar
der Liebende.
Das Gleichnis passt gut in den kirchenjahreszeitlichen Zusammenhang. Die Frage nach dem Verhältnis
zwischen Gott und Mensch wird hier klar gestellt. Erkennen wir die Autorität Gottes noch an? Rechnen wir mit dem
Lebendigen Gott? Vielleicht lässt sich dies in der Predigt dadurch veranschaulichen, indem man ein Szenario entwickelt,
in dem es keine Autorität gibt, niemanden und nichts, was einem sagt, wo es lang geht.
O Mensch, bewein dein Sünde groß (EG 76)
Jesu, meines Lebens Leben (EG 86)
Du schöner Lebensbaum des Paradieses (EG 96)
Nimm von uns, Herr, du treuer Gott (EG 146)
Ist Gott für mich, so trete (EG 351)
Gott rufet noch. Sollt ich nicht (EG 392)
Wir gehn hinauf nach Jerusalem (KHW/HN-EG 545)
Allmächtiger Gott, du hast uns deinen Sohn gegeben, damit wir durch sein Opfer
wieder mit dir versöhnt werden. Dafür danken wir dir. Er hat uns gezeigt, wie der
wahre Gottesdienst aussieht. Hilf uns, nicht in Formen zu erstarren, sondern deine Liebe zu suchen und
weiterzugeben, denn das ist es, was du von uns erwartest. Wir rufen zu dir:
Gem.: Herr, erbarme dich.
Wir feiern Gottesdienst, indem wir die suchen, die die Suche nach dir aufgegeben haben. Wir wissen, dass du sie liebst, und bitten dich:
lass uns auf diese Menschen zugehen, damit sie erkennen, dass du das Ziel ihres Lebens, dass du der Lebendige bist. Wir rufen zu dir:
Gem.: Herr, erbarme dich.
Wir feiern Gottesdienst, indem wir uns für die einsetzen, die aufgrund ihrer
Überzeugung zu Gefangenen geworden sind. Wir wissen, dass du
ihre Stärke sein willst, und bitten dich: lass uns deine Kraft spüren, damit
wir für diese Menschen eintreten können. Zeige uns Wege, wie wir uns
für sie einsetzen können, damit sie wieder frei werden. Wir rufen zu dir:
Gem.: Herr, erbarme dich.
Wir feiern Gottesdienst, indem wir zu denen gehen, die schwach und krank sind.
Wir wissen, dass du ihr Heil bist, und bitten dich: lass uns dein
Heil spüren, damit wir es auch diesen Menschen spürbar machen können.
Erhalte in uns die Hoffnung, damit wir auch diesen Menschen Hoffnung
vermitteln können. Wir rufen zu dir:
Gem.: Herr, erbarme dich.
Wir feiern Gottesdienst, indem wir uns bemühen, Konflikte auf friedlichem Wege zu lösen.
Denn du willst nicht, dass Menschen zu Schaden kommen, sondern dass wir sogar unsere Feinde lieben.
Darum bitten wir dich: lass uns mit aller Kraft dafür eintreten, dass die Waffen, von
denen es noch viel zu viele in dieser Welt gibt, vernichtet werden. Lass uns dafür eintreten,
dass niemand mehr Angst haben muss, durch Bomben, Granaten oder Gewehrkugeln ums Leben zu kommen.
Wir rufen zu dir:
Gem: Herr, erbarme dich.
Wir feiern Gottesdienst, indem wir für andere Menschen beten. Ihre Namen bringen wir vor dich in
der Stille:
Stille. ...
Lasst uns den Herrn anrufen:
Gem.: Herr, erbarme dich.
Nimm dich unser gnädig an. Rette und erhalte uns, denn dir allein gebührt Ruhm, Ehre und
Anbetung, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen
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