das Kirchenjahr

Gründonnerstag

Tag der Einsetzung des Heiligen Abendmahls

Für euch gegeben

Predigtanregung

Am Gründonnerstag wurden ehemals die zu Beginn der Fastenzeit ausgeschlossenen Sünder nach entsprechenden Bußhandlungen wieder in die Gemeinde aufgenommen. Von diesem Geschehen her mag der Name entstanden sein ("Greindonnerstag" vom "Greinen" der Sünder, von ihrem "Weinen" her gedeutet). Eine Verbindung mit der Farbe Grün herzustellen scheint weniger sinnvoll.
Der Gründonnerstag hebt sich aus dem Ganzen der Heiligen Woche heraus durch verschieden äußere und innere Elemente; er ist gewissermaßen Höhepunkt und Tiefpunkt zugleich, da er einerseits bestimmt wird durch die Sorge des Heilands um seine Gemeinde, indem er ihr das Heilige Abendmahlals Vermächtnis stiftet, und andererseits durch das von tiefster Verzagtheit erfüllte Gebet in Gethsemane.
Die liturgische Farbe des Gründonnerstag ist Weiß. Dies erklärt sich daraus, dass die Kirche an diesem Tag zurückblickt auf die Geburt des Herrn. Nun ist er im Begriff, zum Vater zurückzukehren, und läßt als Zeichen seiner Gegenwart den Kelch seines Blutes zurück, weswegen auch die frühere Bezeichnung des Gründonnerstags "Geburtstag des Kelches" lautete. Wenn wir so an den Geburtstag des Herrn denken, wird uns deutlich, dass wir ihn bei jedem Abendmahl neu feiern, dass in diesem Mahl nicht nur das Kreuz gegenwärtig ist, sondern auch das neue Leben, das uns in Jesus Christus geschenkt ist. Das Gedächtnis der Geburt des Herrn in Brot und Wein wird von der Gemeinde besonders gefeiert durch den Gesang des Gloria in excelsis Deo, das von allen Glocken begleitet wird, die darauf bis zum Ostermorgen schweigen.
Allerdings schweigt auch in diesem Gottesdienst das Halleluja und das Gloria patri; auch das Gloria in excelsis Deo erklingt zum nächsten Mal erst wieder in der Feier der Osternacht.
In vielen Gemeinden ist es üblich, nach der Feier des Abendmahls den Altar gänzlich abzuräumen. Dies hatte ursprünglich einen ganz praktischen Sinn: Der Altar wurde nur zur Feier der Eucharistie mit einem Altartuch geschmückt. Heute wird diese Handlung dahin gedeutet, dass sie die Entblößtheit Christi am Kreuz symbolisiert.
Dass die Orgel nach dieser Feier bis zum Erklingen des Liedes Christ ist erstanden (EG 99) in der Osternacht schweigt, will etwas vermitteln von der Verlassenheit Jesu, die er in Gethsemane und am Kreuz erfährt.

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VI - Joh 13, 1-15.34-35

Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater; und wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende. 2 Und beim Abendessen, als schon der Teufel dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten, 3 Jesus aber wusste, dass ihm der Vater alles in seine Hände gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging, 4 da stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich. 5 Danach goss er Wasser in ein Becken, fing an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war. 6 Da kam er zu Simon Petrus; der sprach zu ihm: Herr, solltest du mir die Füße waschen? 7 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren. 8 Da sprach Petrus zu ihm: Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil an mir. 9 Spricht zu ihm Simon Petrus: Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt! 10 Spricht Jesus zu ihm: Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht alle. 11 Denn er kannte seinen Verräter; darum sprach er: Ihr seid nicht alle rein.
12 Als er nun ihre Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und setzte sich wieder nieder und sprach zu ihnen: Wisst ihr, was ich euch getan habe? 13 Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht, denn ich bin's auch. 14 Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die Füße waschen. 15 Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.
34 Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. 35 Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

Warum haben die Väter der Perikopenordnung diesen Text als Evangelium ausgewählt, anstelle einer Darstellung des Abendmahls? Vermutlich wohl, um zu verhindern, dass dieses Ereignis vergessen wird. Gut, dass in der Perikopenrevision von 2018 dies nicht geändert wurde.
Johannes berichtet als einziger davon, vielleicht ist es sogar seine eigene „Erfindung”, denn so ein markantes Ereignis hätten die anderen Evangelisten wohl kaum vergessen können. Vielleicht hatte es woanders seinen Platz. Niemand weiß es. Es wäre auch nur müßige Spekulation, denn auch diese Erzählung vermittelt eine wichtige Botschaft.
Jesus vollzieht einen Ritus: der Gastgeber wäscht den Gästen die Füße, nicht als Zeichen der Demut, sondern als Geste der Gastfreundschaft. In den meisten Haushalten wurde diese Handlung von einem Sklaven vorgenommen. Der Ritus wird hier aber nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Denn eigentlich ist Jesus weder Hausherr noch Gastgeber. In wessen Haus befinden sie sich eigentlich? Es bleibt offen. Auch, wer das Mahl zubereitet hat, wird nicht erwähnt. Darüber hinaus wäscht Jesus die Füße während des oder nach dem Mahl, das nicht näher beschrieben wird, während der Hausherr die Füße normalerweise beim Betreten des Hauses wäscht bzw. waschen lässt, also vor dem Mahl. Irgendetwas hat Jesus bewegt, aber was, bleibt ebenfalls unklar. Es scheint, als sei er schon mit allem zum Abschluss gekommen - der Weg ist vor ihm ausgebreitet, er muss ihn nur noch gehen. Wird ihm bei diesem Mahl bewusst, was seinen Jüngern noch fehlt?
Vielleicht ist es gerade die Tatsache, dass es keinen echten Hausherrn oder Gastgeber gibt, die dieser Handlung ihre Brisanz gibt: Jesus schlüpft nicht in die Rolle des Gastgebers, er vollzieht nicht, was seine Pflicht wäre. Er macht sich zum Sklaven, einem Menschen, der selbst nicht frei ist. Denn in diese Rolle passt hier eigentlich nur noch der Sklave. Jesus unterwirft sich so vollkommen, wie es kein freier Mensch zu tun bereit wäre.
Ein Beispiel hat er gegeben. Damit macht er deutlich: werdet selbst wie Sklaven. Unterwerft euch. Dadurch, dass ihr es aus freien Stücken tut, seid ihr aber keine Sklaven. Ihr seid frei, auch über euch selbst zu verfügen. Und wie das aussehen soll, macht Jesus vor: Dient einander. Seid füreinander da. Erfüllt am andern nicht nur eure Pflicht, sondern tut das, was ihr sonst nur einem Sklaven zumuten würdet.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist nur durch den Zeitpunkt, an dem sich dies ereignet, offensichtlich. Aber so, wie Jesus bereit ist, sich selbst in Brot und Wein uns ganz und gar hinzugeben, so wird es auch in dieser Szene deutlich: die totale Hingabe, die wir selbst nie in der Lage sind, nachzuvollziehen, wird hier deutlich.
Man kann in ein Dilemma kommen, will man diesen Text predigen. Einerseits soll die Gemeinde für etwas eintreten, mit dem klaren Bewusstsein, dass sie dabei das richtige tut. Andererseits legt dieser Predigttext nahe, der Gemeinde eine weitgehende Zurückhaltung, ja, Demut ans Herz zu legen. Beides ist richtig, beides ist Bestandteil des Evangeliums. Denn Demut ist nötig, solange es um die eigene Person geht. Mut und Stärke aber ist nötig, um für andere einzutreten und ihnen das Gute zu tun, das wir eigentlich allen Menschen, die in Not sind, schuldig sind.

Liedvorschläge:

Jesus, wahrer Gottessohn (EG 78, 2-3)
Jesus Christus, unser Heiland (EG 215)
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen (EG 221)
Herz und Herz vereint zusammen (EG 251)
Sonne der Gerechtigkeit (EG 262)
Liebe, du ans Kreuz für uns erhöhte (EG 415)
Lass die Wurzel unsers Handelns (EG 417)
Herr, der du einst gekommen bist (KHW-EG 586)
Wenn das Brot, das wir teilen (KHW-EG 632)



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