Diese Erzählung von der Auferweckung Jesu ist wohl die bekannteste.
Es gibt einige zusätzliche Ereignisse, die wir bei den anderen Evangelisten
nicht vorfinden, das ganze Geschehen aber wesentlich eindrucksvoller werden lassen.
Ganz deutlich wird hier die Macht und Herrlichkeit Gottes in den Vordergrund gestellt,
und es wird versucht, die Situation so darzustellen, als ob die Frauen nun tatsächlich
Zeugen der Auferstehung wären. Den letzten Schritt, nämlich Jesus zu beschreiben,
wie er aus dem Grabe herauskommt, wagt jedoch auch Matthäus nicht. Nach wie
vor ist es der Glaube, der dieses Ereignis erst wirklich wirksam werden läßt.
Nicht oft genug kann man betonen, dass es die Frauen sind, die für ihre
Treue dadurch belohnt werden, dass sie als erste von der Auferweckung Jesu
erfahren. Sie glauben das, was der Engel ihnen mitteilt, und kehren um, ohne vorher
noch mal mißtrauisch das Grab zu inspizieren. Ihr erstes Ziel sind die Jünger,
denen sie von diesem Ereignis berichten müssen. Noch bevor sie ihr Ziel erreichen,
sind sie die ersten, die dann auch Jesus sehen.
Wohlgemerkt gibt es bei Matthäus keine Zweifelgeschichte, alles ist perfekt,
die Kirche wird gegründet, Jesus spricht später den geläufigen Missionsbefehl.
Alles ist glatt. Auch die Frauen werden von den Jüngern nicht angezweifelt,
so dass ihnen hier tatsächlich die ihnen gebührende Stellung gegeben
wird. Die ganze Erzählung ist ein Zeugnis der Macht Gottes, der nun beginnt,
sein Reich zu gründen und auszubreiten mit der Hilfe schwacher Menschen.
Es gibt Ungereimtheiten: Warum taucht Jesus nicht aus dem Grab auf? Offensichtlich
kommt der Engel hernieder und öffnet das Grab, nachdem die Frauen dort angekommen
sind, und nachdem Matthäus mit seiner Erzählung beginnt. Sollte Jesus
zuvor durch den Stein hindurch dem Grab entwichen sein? Wohl kaum. Es ist eher eine
bewußte Auslassung des Matthäus. Ihm war klar, dass eine Schilderung
des Geschehens der Auferstehung einen Grenzübertritt darstellen würde.
Er könnte dieses Ereignis nie getreu darstellen, da er nicht selbst Zeuge war.
Das entscheidende, und das war ihm sicherlich auch bewußt, ist nicht das Ereignis
selbst, sondern der Glaube daran, das Vertrauen auf Gottes Handeln unter uns. Darum
läßt er hier keinen Zweifel aufkommen. Die Jünger tun, wie ihnen
geheißen, und begegnen dementsprechend auch ihrem Herrn in Galiläa. Die
beiden Marias machen geschwind kehrt in dem festen Vertrauen darauf, dass das,
was ihnen verkündet wurde, wahr ist. Ohne zu Zögern führen sie den
Auftrag des Auferstandenen aus.
Und dennoch müssen wir uns heute mehr denn je fragen: was ist mit denen, die
zweifeln? Matthäus hat wenig Raum für sie. Der zweifelnde Thomas gehört
nicht in dieses Evangelium. Das Nicht-Glauben-Können, bis es endlich durch
eigene Anschauung bestätigt wurde, kommt nicht vor. Man kann diese Haltung
bewundern, aber sie ist wohl doch recht wirklichkeitsfern. In der Predigt muss
man dann doch wohl den Zweifelnden suchen und ihm Raum gewähren. Wir suchen
nach Beweisen, Matthäus liefert sie nicht. Dem Zweifelnden kann man zurufen,
dass manchmal das Wagnis besser ist als das Zögern. Dass der Zweifel
dazu gehört, kann man vielleicht doch noch bei Matthäus erkennen: Wenigstens
werden die Frauen sicherheitshalber zweimal beauftragt, es den Jüngern weiterzusagen:
einmal vom Engel und einmal von Jesus selbst. Wer danach noch zweifelt...
Gott schenkt uns solche Begegnungen nicht mehr, sie waren einmalig. Doch kann man
nach seinen Spuren suchen, den Spuren, die den Glauben stärken, die den Zweifel
zumindest schwächen, wenn nicht ausräumen. Man muss dazu wohl Wagnisse
eingehen, man muss sich darauf verlassen, dass Gott da ist, wenn er gebraucht
wird, dass er uns nicht im Stich läßt. Das heißt freilich
nicht, dass man leichtsinnig werden soll. Aber im Vertrauen auf Gott kann man
mehr wagen, als wenn man sein Handeln von klaren Tatsachen abhängig macht.
Es ist schon interessant, dass dieser Text als alttestamentliche
Perikope für den Ostersonntag ausgewählt wurde. Es gäbe zwar nicht
viele andere Texte im AT, die von Tod und Auferweckung reden. Auch ist natürlich
fraglich, ob hier der leibliche Tod gemeint ist, oder nicht vielmehr ein "geistiger
Tod", der einer vollkommenen Verzweiflung ähnelt, die eintritt, wenn man
in seinem Leben keinen Sinn mehr erkennen kann. Diese Erfahrung hatte Hanna gemacht:
ihr Wunsch nach einem Kind war unermesslich groß, aber nie erfüllt worden.
Sie wurde wegen ihrer Kinderlosigkeit gekränkt und verhöhnt. Ihr Leben
war sinnlos geworden, sie war tot, auch wenn sie physisch lebte.
Interessanter ist die Tatsache, dass hier eine Frau im Vordergrund steht. Es geschieht
ja selten genug, selbst in den Ostererzählungen werden die Frauen, die das
leere Grab als erste entdecken und dem Auferstandenen als erste begegnen, aus dem
Vordergrund verdrängt zugunsten der anderen Jünger. Hanna hat die Menschheit
mit ihrer Verzweiflung und ihrem Glauben so sehr beeindruckt, dass man ihren Namen
in Erinnerung hat, während der ihres Mannes längst nicht solchen Bekanntheitsgrad
hat.
Was diesen Lobgesang auszeichnet, ist zunächst einmal der Anlass: Gott hat
ihrem Leben einen Sinn gegeben, indem er ihr ein Kind, Samuel, schenkte. Dass sie
dieses Kind in Gottes Dienst stellt, wie sie zuvor versprochen hat, ehrt sie und
lässt uns verwundern: wie kann sie das tun, nachdem sie sich so sehnlich ein
Kind gewünscht hatte? Die einzige Veranlassung dazu ist diese: Hanna weiß
sehr genau, dass dieses Kind ein Geschenk Gottes ist und darum letztlich Gott gehört.
Sie hat keinen Anspruch darauf. Sie hält darum ihr Versprechen ein und übergibt
das Kind schon in jungen Jahren in den Dienst Gottes.
In dem Lobgesang wird über Gott die Aussage gemacht, dass er die Schwachen
erhöht und die Starken erniedrigt. Diese Aussage begegnet uns auch im Magnifikat.
Gott kehrt die Welt um zugunsten derer, die jetzt Not leiden. Hanna redet hier von
ihrer eigenen Erfahrung. Diese Erfahrung ist zwar zunächst einmal sehr persönlich
und einmalig, für Hanna ist es aber kein Problem, sie zu verallgemeinern. Das
kann sie darum, weil sie davon ausgeht, dass der Mensch, dem zunächst Elend
widerfährt, seine Hoffnung auf Gott setzt.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist aus Vers 6 eigentlich
nicht abzuleiten. Das wäre eine Vergewaltigung des Textes. Man kann aber in
dem Lobpreis Hannas schon deutlich die Hoffnung erkennen, die uns auch in der Ostergeschichte
geschenkt wird: die Hoffnung auf Gottes Gnade, die zur Gewissheit wird, wenn wir
uns ganz auf Gott einlassen.
Demnach sollte die Predigt weniger den Schwerpunkt auf die Auferstehung, als auf
die Hoffnung legen, die im Glauben zur Gewissheit wird. Hanna ist eine Beispielfigur,
die dabei im Vordergrund stehen darf und sollte mit all ihrer Not und ihrer Hoffnung.
Zu wissen, dass Gott uns in Gnade begegnet, das ist es, was Hanna auszeichnete und
was auch uns auszeichnet.
Die Auferstehungsgeschichte des Johannes hat beachtenswerte Eigenheiten.
Da war der Wettlauf zwischen Petrus und dem Jünger, den Jesus liebhatte, nachdem
diese durch Maria Magdalena erfahren hatten, dass der Stein vom Grab weggerollt
war.
Dann steht überhaupt Maria Magdalena hier ganz im Mittelpunkt - die beiden
Jünger scheinen eher Statistenrollen zu haben. Sie trauert, während die
beiden Jünger schon wieder auf dem Heimweg sind, ohne weitere Nachforschungen
anzustellen, was denn hier geschehen sein konnte. Diese Rolle kommt allein der Maria
zu. Offenbar dachte sie, jemand habe den Leichnam gestohlen, denn sonst ließe
sich ihre Feststellung in Vers 13 nicht erklären. Die erste Entdeckung des
weggerollten Steins war also nicht von Freude begleitet, sondern von Furcht, Entsetzen
und Traurigkeit. Da war kein Hoffnungsschimmer, dass Jesus von den Toten auferstanden
sein könnte.
Nachdem sie mit den zwei Engeln gesprochen hat, sieht sie Jesus, aber weil sie ihn
immer noch definitiv für tot hält, ist es ihr unmöglich, ihn zu erkennen.
Darum ist der Mann, den sie dort sieht, einfach nur der Gärtner, den sie ebenfalls
nach dem Ort fragt, wo Jesu Leichnam nun liegen könnte. Erst, als dieser sie
mit ihrem Namen ruft, erkennt sie ihn. Rabbuni - eine liebevolle Anrede.
Merkwürdig ist dann allerdings, was Jesus zu ihr sagt. Es scheint, als ob es
nach seiner Himmelfahrt möglich sei, dass sie ihn wieder anrühren könnte.
Das Verbot, ihn anzurühren, ist umso merkwürdiger, als wenig später
Thomas sogar dazu aufgefordert wird, seine Finger in die Wundmale Jesu zu legen.
Eine Diskriminierung der Frau? Oder wird ihr etwas offenbart, was den männlichen
Jüngern noch verborgen ist? Denn offenbar sind die Jünger noch ganz mit
den irdischen Dingen befasst, während Maria bereits zum Boten des Auferstandenen
wird.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist klar und braucht nicht
weiter vertieft zu werden. Für die Predigt kann es verschiedene Ansatzpunkte
geben. Der Text legt nahe, die Rolle der Maria genauer zu beleuchten, vor allem
die Tatsache, dass sie die Botin des Auferstandenen wird, während die Männer
offenbar unfähig sind, sich mit dieser Tatsache überhaupt erst anzufreunden,
bevor sie ihn leibhaftig sehen. Es ist nur zu bedauern, dass Johannes die bedeutende
Stellung Marias nicht weiter ausführt - hiernach taucht sie nicht mehr auf.
Vielleicht will er tatsächlich, dass man von hier den Faden selbständig
weiterspinnt.
Dieser Text ist zwar angemessen, aber schwierig nachzuvollziehen. Der Analogieschluss in Vers 21 f.
verstößt gegen jede Logik. Aber wer "Glaubensaussagen" mit Hilfe von Logik bewerten will,
hat Glauben nicht verstanden. Auf der anderen Seite: unseren Verstand müssen wir nicht an der
Kirchentür abgeben. Das wäre eine Zumutung. Aber es geht hier eben um die ganz zentrale Aussage unseres
Glaubens: Christus ist auferstanden, und mit ihm werden auch wir auferstehen!
Es gab - und gibt auch heute - immer Menschen, die das auch verstehen wollen. Darum hat Paulus mit
den Mitteln seiner Zeit eine Begründung versucht, obwohl er selbst wusste, dass diese Begründung nicht
hieb- und stichfest ist.
Solange wir uns nur am Diesseits orientieren, können wir unseren Glauben gleich ganz abschreiben. Er
nützt uns überhaupt nichts (Vers 19). Es genügt nicht, das, was Jesus gesagt hat, zu akzeptieren und
umzusetzen. Es muss auch der Glaube an die Auferstehung dazukommen. Erst dann gewinnen wir
eine neue Dimension, die zwar in
die diesseitige hineinragt und sich auf sie auswirkt, aber nur, weil sie jenseitig, d.h. vom Gottesreich her,
ist, auch die Kraft hat, das Diesseits zu verändern. Wer sich darauf einlässt, dass Jesus Christus der
Lebendige ist, der den Tod überwunden hat, gewinnt neue Perspektiven für sein eigenes Leben und das
seiner Mitmenschen. Denn der Tod hat dann nicht mehr das letzte Wort. Es erschließt sich eine Zukunft,
für die es sich zu leben lohnt.
Durch Jesus Christus wird die Verbindung hergestellt
zwischen unserer "irdischen" Welt und Gottes "himmlischer" Welt. Noch ist dies, wie
schon angedeutet, eine offene Verbindung, die aber am "Ende" fest wird. Dann wird der Tod vernichtet,
d.h. er wird unwirksam, er hat keine Kraft mehr. Er kann kein Leben mehr beenden.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist klar und deutlich. Es ist Ostern, es geht um das
Ereignis der Auferstehung und dessen Wirkung für uns. Die Predigt wird versuchen, die Komplexität der
Gedankenführung des Paulus zu aktualisieren, aber sie muss dranbleiben an dieser Wahrheit: Durch
die Auferstehung ist auch der letzte Feind überwunden. Wir haben keinen Grund mehr, den Tod zu fürchten.
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