Der Name dieses Sonntags rührt von den Bittumgängen her, die in vergangener
Zeit (und manchenorts noch heute) auf den Feldern für eine gute Ernte vollzogen
wurden. Diese Bittumgänge begannen am Sonntag Rogate (= Bittet! oder Betet!) und wurden
in der damit beginnenden Woche fortgeführt.
Der Sonntag Rogate wird in der evangelischen Kirche als Missionssonntag
begangen. Mit ihm beginnt die "Missionsopferwoche".
Der Sonntag Rogate ist der Betsonntag. Dieses Thema wird in den
Perikopen vielfach beleuchtet. Auch dieses Thema ist eine Antwort auf das Ostergeschehen:
Die Gemeinde ist nun frei durch Jesus Christus, Gott direkt zu bitten, ohne jeglichen
Mittler, wie es zuvor notwendig gewesen war. Die Perikopen beleuchten das Thema
Gebet nur von dem Aspekt des "Bittens" her, was wohl angemessen ist. Wir
sollten aber nicht vergessen, dass zum Gebet auch Dank gehört!
Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)
II - Mt 6, 5-15[Und] wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken
stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. 6 Wenn
du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das
Verborgene sieht, wird dir's vergelten. 7 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen,
sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. 8 Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor
ihr ihn bittet. 9 Darum sollt ihr so beten:
Dein Name werde geheiligt.
10 Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
11 Unser tägliches Brot gib uns heute.
12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
[Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]
14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. 15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.
Das Vaterunser ist sicherlich das bekannteste Gebet überhaupt.Interessant
ist, in welchem Zusammenhang es steht, und vor allem auch, in welchem Zusammenhang
es heute an diesem Sonntag zum Inhalt der Predigt wird. Zunächst möchte
ich mal wieder anraten, die eingeklammerten Verse mit in die Predigt einzubeziehen
und auf sie den Schwerpunkt zu legen. Dabei wären vor allem die Verse 5 und
6 wichtig, weil sie auch von der Thematik des Sonntags her von großer Bedeutung
sind.
Jesus benennt die Situation des Gebetes. Er weist darauf hin, dass das Gebet nicht
dazu dient, seine Frömmigkeit in irgendeiner Weise darzustellen. Im Gegenteil:
Gott sieht in das Verborgene, darum soll das Gebet auch im Verborgenen verrichtet
werden. Interessant ist sicher die Formulierung: dein Vater ... wird dir's vergelten.
Erwarten würde man doch etwa: dein Vater ... wird's erhören. Aber Jesus
stellt hier ganz bewusst einen Kontrast her zu dem Beten an den Straßenecken
und in den Synagogen, wo man sich eben die Anerkennung der Menschen holt, also von
ihnen die "Vergeltung" für das Gebet bekommt. Gott "belohnt"
das Gebet mit Anerkennung, wenn es im Verborgenen vollzogen wird. Also hat das Gebet
wohl doch nicht nur die Funktion, etwas zu erbitten, sondern auch, Gott zu beeindrucken,
ihn vielleicht positiv einzustimmen, damit er eher die Bitten erfüllt? Das
halte ich zwar für sehr unwahrscheinlich, denn m.E. lässt sich Gott nicht
durch die Schönheit der Worte beeindrucken, aber es scheint doch das Anliegen
dieses Verses zu sein. Was wir aber vom Gebet vermitteln wollen, und was Jesus auch
wenig später (Verse 7-8) dann selbst sagt, ist, dass es nicht auf die Worte
ankommt, sondern auf die innere Haltung, also wie ernst wir es meinen. Ob wir nun
eine Stunde lang beten mit den schönsten Worten, oder nur 30 Sekunden - beides
hat vor Gott die gleichen Chancen.
Bemerkenswert ist auch, dass das öffentliche Gebet in der Synagoge ebenfalls
als Heuchelei angesehen wird. Hierbei ist sicher nicht das Beten im gemeinsamen
Gottesdienst, sondern das individuelle Gebet während anderer Zeiten im sakralen
Raum gemeint. Fragt sich nur, wozu der sakrale Raum sonst dienen soll. Man stellt
sich leicht eine sehenswürdige Kirche vor, die von Touristen heimgesucht wird
und in der sich vereinzelt Menschen zum Gebet niederknien. Tun sie das, um sich
sehen zu lassen, oder weil die Ausstrahlung des Raumes sie dazu veranlasst, sich
vor dem Schöpfer zu verneigen und ins Gebet zu versinken? Zumindest heutzutage
bedarf es wohl einer sehr großen Überwindung, um sich öffentlich
dem Gebet hinzugeben, denn wer fromm ist, ist nach allgemeinem Urteil wohl schon
etwas zurückgeblieben. Andererseits ist es gut möglich, dass es auch bei
diesem Gebet in der zur Besichtigung offenen Kirche dem Beter auch darum geht, gesehen
zu werden.
Jesus versucht, zu vermitteln, dass das Gebet eine intime Angelegenheit zwischen
Gott und dem Menschen ist. Dennoch gibt es auch das allgemeine, für alle nachvollziehbare
Gebet. Jesus stellt das "Vaterunser" vor. Dieses Gebet kann alleine, aber
auch gemeinsam gesprochen werden. Es enthält alles notwendige, es ist nicht
unnötig verschnörkelt (Vers13b wurde nachträglich eingefügt).
Die Tatsache, dass dieses Gebet ein allgemeines Gebet ist, lässt auch erkennen,
dass das individuelle, im Verborgenen gesprochene Gebet nicht die einzige gültige
Form des Gebets darstellt. Auch das gemeinsam gesprochene Gebet wie das Vaterunser
hat seine Gültigkeit.
Nach dem Vaterunser greift Jesus die Bitte aus Vers 12 auf: Vergib uns..., wie auch
wir vergeben... Diese Wiederholung ist eigentlich unnötig, denn sie sagt nicht
mehr aus als das, was schon in Vers 12 ausgesagt ist. Vielleicht aber will Jesus
damit den Begriff "Schuld" noch einmal anders benennen, um deutlich zu
machen, dass es dabei nicht nur um materielle Schulden geht, wie das Wort "Schuld"
verstanden werden könnte, sondern gerade um die Verstöße gegen den
Willen Gottes.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist eindeutig, gerade wenn
man den Rahmen um das Vaterunser betrachtet. Hier geht es wirklich um das Gebet.
Das Gebet selbst kann zu Hilfe genommen werden, um zu verdeutlichen, dass es trotz
des vorzuziehenden "intimen" Gebetes auch die Möglichkeit des allgemeinen,
gemeinsamen, also öffentlichen Gebetes gibt. Es sollte aber nicht zum Mittelpunkt
der Predigt werden.
Gott ist gegenwärtig (EG 165)
Vater unser im Himmel (EG 186)
Vater unser in dem Himmel (EG 187)
Vater unser, Vater im Himmel (EG 188)
Herr Gott, dich loben wir (EG 191)
Sei Lob und Ehr mit hohem Preis (EG 342, 8-9)
Vater unser im Himmelreich (Eg 344)
Lieber Gott, ich danke dir (KHW/HN-EG 624)