das Kirchenjahr

Nikolaus Selnecker

* 5. oder 6.12.1530 † 24.5.1591

Einführung

Nikolaus Selnecker wurde als Sohn des Stadtschreibers und Notars Georg Schellenecker und dessen Frau Dorothea, geb. Peer, in der Nacht auf den 6. Dezember 1530 in Hersbruck geboren. Mit drei Jahren kam er nach Nürnberg, wo er aufwuchs und sich der Musik zuwendete. Schon 1542 übernahm er die Organistenstelle an der Nürnberger Burgkapelle. 1550 begann er in Wittenberg sein Studium der Freien Künste und fand beim Freund seines Vaters, Philipp Melanchthon, Unterkunft. 1554 erhielt er den Magistergrad und wurde ein knappes Jahr später in die philosophische Fakultät aufgenommen. Schon 1556 wurde er Dekan derselben.
Auf Empfehlung Melanchthons wurde er als dritter Hofprediger nach Dresden gerufen und am 1. Februar 1558 in Wittenberg ordiniert. Neben der Predigerstelle übernahm er bald die Leitung der Hofkapelle. 1558 heiratete der die Tochter des Superintendenten Daniel Greser, der ihn in den folgenden Jahren stark beeinflusste. Der Ehe wurden 15 Kinder geschenkt, von denen er zehn überlebte.
1560 beauftragte ihn der Kurfürst August mit der Erziehung des Kurprinzen Alexander, musste aber den Hof verlassen, nachdem er die Jagdleidenschaft des Kurfürsten gerügt hatte.
Hierauf zog er nach Jena, wo er eine Stelle als Theologieprofessor 1565 erhalten hatte, musste aber nach zwei Jahren den
GnesiolutheranernGnesiolutheraner waren Theologen, die die lutherische Orthodoxie verteidigten und sich selbst nur als Lutheraner bezeichneten
weichen.
Die hier besonders deutlich gewordene Zerspaltenheit des Protestantismus wurde ihm immer stärker bewusst, so dass er versuchte, zwischen den Parteien zu vermitteln. Dies brachte ihm aber auch häufig den Vorwurf der Wankelmütigkeit ein, da er keines der Extreme der jeweiligen Parteien vertreten wollte.
1568 wurde er zum Professor der Theologie an der Universität Leipzig ernannt und erwarb dort 1570 den Doktortitel. Wenig später wurde er nach Braunschweig in das Amt des Generalsuperintendenten berufen, konnte sich allerdings nur mit Mühe gegen Martin Chemnitz und Jacob Andreae behaupten. 1572 wirkte er maßgeblich an der Gründung der Hohen Schule in Helmstedt, die später zur Universität erhoben wurde, mit. Ende 1573 wandte er sich nach Leipzig, um wieder als Professor an der dortigen Universität zu lehren, und wurde 1576 zum Pfarrer der Thomaskirche ernannt. Auch wurde ihm das Amt des Superintendenten übertragen, außerdem wurde er Domherr am Meißner Dom. Die
PhilippistenPhilippisten waren Theologen, die der Lehre Philipp Melanchthons folgten. Wesentlich wurden sie von Gnesiolutheranern bekämpft und vertraten die Ansicht, dass man im Gottesdienst auch Elemente des römischen Ritus beibehalten könne
hielten ihn für einen Wendehals, die Calvinisten beschimpften ihn wegen seiner kleinen Gestalt als „Lutheräffchen”, und die Gnesiolutheraner nannten ihn „Schelmlecker”, weil er an der
KonkordienformelDie Konkordienformel sollte die Streitigkeiten zwischen den Philippinisten und den Gnesiolutheranern beilegen
mitarbeitete.
Kaum war Kurfürst August 1586 gestorben, wurde er von dessen calvinistischen Nachfolger Kurfürst Christian I. 1589 abgesetzt und ausgewiesen. Da schrieb er die Verse nieder: „Nicht Alter und nicht Krankheit trieb mich fort, es war, Herr Christ, dein Sakrament und Wort.”
Er wurde 1590 zum Superintendenten in Hildesheim ernannt. Ein Jahr später konnte er aber schon wieder nach Leipzig zurückkehren, wo er kurz darauf am 24. Mai 1591 starb. Er wurde mit fürstlichen Ehren in der Thomaskirche beigesetzt.
Zu seinen Hinterlassenschaften zählen 170 Schriften, sein Mitwirken am Konkordienbuch hat ihm nicht nur Freunde gewonnen. Von den 120 Liedern aus seiner Feder sind die Lieder „Lass mich dein sein und bleiben” (EG 157) und „Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ” (EG 246, 2-7) im Evangelischen Gesangbuch zu finden. Er selbst veröffentlichte zu Lebzeiten ein Sammelgesangbuch unter dem Titel „Christliche Psalmen, Lieder und Kirchengesänge”. Seine Lieder wurden beim Kurrendesingen durch die Schüler in den Straßen Leipzigs gesungen.
Quellen: Jörg Erb, Geduld und Glaube der Heiligen, Johannes Stauda Verlag, Kassel 1965
Martin Rößler: Liedermacher im Gesangbuch, Calwer Verlag, Stuttgart 2001
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