das Kirchenjahr

Tag des Erzmärtyrers Stephanus

26. Dezember

Geduld und Glaube der Heiligen

Predigtbeispiele

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Predigtvorschläge zu Reihe III - Offb 7, 9-12 (13-17)

Liebe Gemeinde!
Wenn wir in einer Trauerfeier von einem verstorbenen Gemeindeglied Abschied nehmen, dann singe ich im Rahmen dieser Feier einen Hymnus, der der Liturgie der Totenmesse entnommen ist.
Dieser Vers wird nach dem Lateinischen Beginn auch das „In Paradisum“ genannt. Der Text – in deutscher Fassung – geht so:
Zum Paradies mögen Engel dich geleiten, die heiligen Märtyrer dich begrüßen und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem. Die Chöre der Engel mögen dich empfangen und durch Christus, der für dich gestorben, soll ewiges Leben dich erfreuen.
Als ich darüber mit einer anderen Person sprach, sagte diese: „Märtyrer? Wir Evangelischen haben keine Märtyrer. Das haben doch nur die Katholiken. Was ist denn ein Märtyrer überhaupt?“
Ich sagte, dass ein Märtyrer ein Mensch ist, der um seines Glaubens willen gestorben ist, und führte dabei das Beispiel des Stephanus an, des Erzmärtyrers, an den wir heute denken.
So richtig einsichtig war mein Gegenüber zwar nicht, aber das Gespräch verlief dann in eine andere Richtung. Dennoch ließ mich diese kurze Auseinandersetzung nicht in Ruhe.
Natürlich hat die evangelische Kirche auch Märtyrer. Das ist kein Privileg der römischen Kirche. Denken wir nur zum Beispiel an Dietrich Bonhoeffer und mit ihm viele andere, die um des Glaubens willen durch das Naziregime ums Leben kamen. Das sind Märtyrer. Sie konnten es nicht hinnehmen, dass das Evangelium verfälscht und missachtet wurde, und setzten sich so der Gefahr der Folter und des Todes aus, den sie dann am Ende auch erlitten.
Das Wort Märtyrer bedeutet schlicht: Zeuge. Dieser Begriff hat sich erst später entwickelt zu einer Bezeichnung für eine Person, die, weil sie das Evangelium bezeugte, ihr Leben auf gewaltsame Weise verloren hat.
Heute, am 26. Dezember, geht es um einen Märtyrer, der auch als Erzmärtyrer bezeichnet wird. Denn er ist der erste, von dem uns die Bibel berichtet, der um des Glaubens willen getötet wurde. Seine Geschichte wird in der Apostelgeschichte erzählt: Stephanus war einer der ersten Diakone. Weil er mit Vollmacht das Evangelium verkündigte und manche Zeichen und Wunder tat, wurde er vor den Hohen Rat gebracht, wo er aufgrund falscher Zeugenaussagen wegen Gotteslästerung beschuldigt und schließlich zum Tod verurteilt wurde.
Er wurde gesteinigt. Seine letzten Worte waren: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an. (Apg 7, 60b)
Sicher hätte Stephanus wohl seinen Tod verhindern können. Er hätte nur aufhören müssen, von dem, was er glaubte, zu erzählen. Aber er tat es nicht. Weil er es nicht anders konnte. Wer kann schon aufhören, von der Herrlichkeit Gottes zu reden, wenn er sie gesehen hat?
Die christliche Kirche rückte sein Gedenken so dicht an das Fest der Geburt Christi – es ist ja der Tag unmittelbar danach – um so deutlich zu machen, dass das ewige Leben, das uns von Christus geschenkt ist durch den Glauben, nicht ohne Leid gewonnen werden kann.
Wer sich mit der Geschichte der Märtyrer befasst hat, wird vor allem in der Zeit der früheren Christenheit fündig. Da ist der Apostel Petrus, der kopfüber gekreuzigt worden sein soll, dann haben wir den Apostel Andreas, der an einem Schrägkreuz gekreuzigt wurde, woher wir das Andreaskreuz an den Bahnübergängen haben. Andere haben einen qualvolleren Tod erlitten: Manche würden bei lebendigem Leib gehäutet, andere zersägt, wieder andere in siedendes Öl getaucht. Da kann sich wohl glücklich schätzen, wer hinterrücks erschlagen wurde, wie es dem Missionar der Germanen, Bonifatius, widerfuhr.
Viele Märtyrer gab es auch im Zuge der Inquisiton, die sich über die Anhänger des protestantischen Glaubens hermachten. Nach grausamer Folter wurden diese dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Allerdings geht es auch anders herum: an manchen Orten wurden Katholiken von Protestanten getötet.
Bloß gut, dass uns heute solch ein Schicksal nicht mehr droht. In manchen Ländern sind Christen zwar gefährdet, aber meist nicht so, dass sie um ihr Leben fürchten müssen. Allerdings erleiden sie dadurch, dass sie dem christlichen Glauben treu bleiben, dann doch häufig erhebliche Nachteile. Und wenn diese Nachteile zu ihrem Tod führen, dann kann man wohl auch sie als Märtyrer bezeichnen.
Aber, wie schon gesagt: uns droht solch ein Schicksal nicht. Und da ist es doch merkwürdig, dass wir dennoch Angst haben, unseren Glauben zu bezeugen und für ihn ein zu stehen. Oft fällt es sogar, wie es scheint, innerhalb der eigenen Familie schwer.
Viele haben wohl Angst, als dumm oder naiv belächelt zu werden. Wer älter ist, wird manchmal bewundert ob seines Glaubens, aber zugleich trägt man das Stigma des Altseins mit sich. Denn solch ein Glaube, das sei nur was für die Alten – oder für die Kinder, die irgendwann auch da rauswachsen werden.
Ein vernünftiger, vernunftbegabter und vernunftorientierter Mensch wird Glauben als eine Projektion, die durch existenzielle Ängste hervorgerufen wird, erklären und somit als etwas, was man im Grunde nicht braucht. Menschen schaffen sich, so sagt man, ihren Gott, damit das Unerklärliche erklärbar wird, und nicht umgekehrt.
Haben wir dem etwas entgegen zu setzen? Müssten wir dem nicht etwas entgegen setzen?
Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen, und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm! Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Ältesten und um die vier Gestalten und fielen nieder vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Und einer der Ältesten fing an und sprach zu mir: Wer sind diese, die mit den weißen Kleidern angetan sind, und woher sind sie gekommen? Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind's, die gekommen sind aus der großen Trübsal und haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes. Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen. Sie werden nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf ihnen lasten die Sonne oder irgendeine Hitze; denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den Quellen des lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.

Der Seher Johannes beschreibt in unserem Predigttext aus dem Buch der Offenbarung im 7. Kapitel die Versammlung aller Gläubigen vor dem Thron Gottes. Es sind Menschen, die Zeugen waren, die die Vergebung empfangen haben durch das Blut des Lammes, Jesus Christus. Es sind Heilige, weil Gott sie rein gewaschen hat.
Diese Gemeinschaft der Heiligen bekennen wir im Glaubensbekenntnis. Es ist die Gemeinschaft, die hier in diesem Leben schon vorab abgebildet wird durch die Kirche, aber doch nur schemenhaft. Denn immer wieder neu bedürfen wir der Vergebung; immer wieder neu versagen wir, weil uns Angst im Nacken sitzt, oder auch weil wir schlicht zu bequem sind und den Aufwand scheuen oder weil wir mit dem gegenwärtigen Zustand zufrieden sind. Auch deshalb, weil wir es nicht schaffen, alle Christen gemeinsam in einer Kirche zu vereinen.
Christlicher Glaube ist etwas Besonderes, kein blinder Glaube, kein naiver Glaube, sondern lebendiger Glaube an den, der alle Tränen abwischen wird, der unserem Leben einen Sinn schenkt, der uns nicht in die Bedeutungslosigkeit hinabgleiten lässt, sondern uns mit Namen kennt und ruft.
Dass wir daraus Kraft schöpfen, dass dieser Glaube unsere Lebensquelle ist, das ist es, was wir all den anderen, die diese Quelle nicht nutzen können oder wollen, entgegen zu setzen haben.
Und wir sollten das mit einem starken Selbstbewusstsein tun. Wir müssen niemandem beweisen, dass es Gott gibt. Wir selbst sind der Beweis dafür. Unser Glaube ist es. Wenn er nur auch erfahrbar wird für die Menschen, denen wir begegnen.
So mögen wir erfüllt und getrieben werden von der unendlichen Liebe und Güte Gottes, die allen Menschen gilt und uns darum Tag für Tag aufs Neue herausfordert, aber zugleich auch ermutigt und stärkt.
Amen

Liedvorschläge zur Predigt:
Lob, Preis und Dank, Herr Jesu Christ (EG 33, 3)
Fröhlich soll mein Herze springen (EG 36, 1.4-9)
Wunderbarer Gnadenthron (EG 38)
Herr Gott, dich loben wir (EG 191)
Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit (EG 502)


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