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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe VI - 1. Kor 9, 19-27
Diese Predigt wurde zu 1. Kor 9, 24-27 gehalten:
Liebe Gemeinde!
Wir alle kennen das und haben sicher schon mal mitgefiebert, wenn ein Wettrennen z.B. im Fernsehen
übertragen wurde. Manchmal kennt man die Sportler gar nicht, aber man fiebert trotzdem mit und hat
auch sofort Sympathien für eine bestimmte Person entwickelt. Manchmal ist es aber auch jemand, der
einem durch viele andere Sendungen bekannt ist und zu dem man eine gewisse Sympathie entwickelt hat.
Manchmal, allerdings wohl eher nicht im Fernsehen, geht es auch um das eigene Kind, das etwa an einem
Schulwettbewerb teilnimmt und das man darum natürlich unterstützen will.
Oft fiebert man auch für die Sportlerin, die für das eigene Land kämpft. Es ist spannend, wenn es in
die Zielrunde geht, man vergisst alles um sich herum, bis die Ziellinie erreicht ist. Und dann macht
man sich seiner Freude - oder auch seiner Enttäuschung - Luft.
Wir alle haben vermutlich selbst schon mal an solchen Wettkämpfen teilgenommen, wenn nicht in der jüngeren
Vergangenheit, dann doch wenigstens damals in der Schule im Sportunterricht und vielleicht später im Sportverein.
Vielleicht erinnern wir uns noch etwas an das Gefühl, der oder die Beste sein zu wollen, und die Enttäuschung,
wenn es dann doch nicht gelang. Sicher war da dann auch etwas Neid dabei, dass der oder die andere es geschafft
hatte und sich damit als die Bessere erwies.
Aber so ist es nun mal: nur einer kann gewinnen, und es ist ja auch verdient.
Sofern nicht Doping im Spiel ist - und davon kann man zumindest in der Schule noch ausgehen - war es ein fairer
Wettkampf, in dem die Bedingungen weitgehend gleich waren. Nur beherrschten die, die vor einem das Ziel
erreichten, die Technik besser oder waren einfach besser trainiert.
Vielleicht aber hat man sich selbst auch gar nicht richtig angestrengt, weil es einem nicht so wichtig war, zu
gewinnen. Denn es gibt auch diese Situation:
Man wusste schon vorher, dass man nicht zu den Besten gehört. Und darum rechnete man gar nicht erst mit dem ersten
Platz. Man war schon vor dem Start des Rennens damit zufrieden, irgendwo in der Mitte zu landen - vielleicht sogar
am Ende. Mitmachen ist alles, heißt es dann manchmal und versucht damit, die eigene Schwäche zu kaschieren.
Dafür gibt es dann aber vielleicht einen anderen Bereich, in dem man die Mitstreiter und -streiterinnen abhängen kann.
Denn es ist ja doch so, dass jeder Mensch bestimmte Begabungen hat und nur in wenigen Dingen wirklich gut sein kann.
Und in solch einer Sache schafft man es dann, die anderen hinter sich zu lassen.
Paulus vergleicht unser ganzes Leben mit einem Wettkampf, einem Wettlauf. Er erinnert uns daran, dass es nur einen
geben kann, der den Siegeskranz empfängt. Nur einen einzigen. Und er fordert uns dazu auf, uns so anzustrengen, dass
wir diese eine Person sind.
So motiviert ein Trainer seine Sportler: 'Du bist der Beste, Du lässt alle hinter dir zurück!' Das muss tief ins
Unterbewusstsein dringen ? und führt dann manchmal auch zu nicht unerheblicher Arroganz.
Doch hier ist es nun so, dass der Wettlauf längst begonnen hat. Wir stehen nicht vor einem Wettkampf, sondern laufen
schon längst unsere Runden! Jede Ermutigung kommt da eigentlich schon zu spät.
Doch was für ein Wettkampf ist das eigentlich?
Eins ist sicher: es geht hier nicht um Geschwindigkeit. Es geht nicht um die Frage, wie schnell wir laufen können.
Es geht auch nicht darum, ob wir die Technik perfekt beherrschen.
Es geht vielmehr darum, dass wir das Evangelium weitersagen. Aber auch dies ist nicht das eigentliche Ziel des
Wettkampfs. Es geht nicht etwa darum, wettkampfmäßig herauszufinden, wer am besten predigen kann.
Wir stehen nicht in einem Wettkampf mit allen Menschen dieser Welt. Sondern der Wettkampf findet eigentlich nur gegen
uns und in uns selbst statt: „Ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn, damit ich nicht anderen predige und selbst
verwerflich werde.” (1. Kor 9, 27), sagt Paulus und macht damit deutlich, dass unser Konkurrent wir selbst sind.
Es gibt da zwei Kontrahenten in uns:
Da ist einmal der Geist, der uns sagt, was gut ist und richtig - das haben wir durch das Evangelium gelernt. Wir
verstehen durchaus, dass es darum geht, Gott und unseren Nächsten nach bestem Vermögen zu lieben.
Doch da ist zum andern der Körper, das Fleisch, das sich herzlich wenig kümmert um diese „Lektion” des Geistes.
Der Körper sucht sich ein anderes Ziel, er läuft, um im Bild zu bleiben, in eine andere Richtung als unser Geist.
Aber welche Ziele sucht sich der Körper aus? Diese Antwort bleibt uns Paulus schuldig, und ich bin darüber auch ganz
froh, denn sicher waren und sind diese Ziele von Mensch zu Mensch unterschiedlich und auch nicht alle so, dass man
gerne von ihnen hören möchte.
Eins aber scheint ganz eindeutig so zu sein: der Körper sucht sich immer den Weg des geringsten Widerstandes. Man
möchte sich selbst nämlich nicht schaden. Die Konsequenz des eigenen Handelns soll nicht zu Schmerzen führen,
indem man irgendwo aneckt.
Und da erkennen wir auch, dass die Trennung von Leib und Geist gar nicht so gut funktioniert. Eigentlich arbeiten
sie beide doch Hand in Hand. Der Leib will genährt sein, er will ein Dach über dem Kopf, Kleidung, und alles, was
Not tut oder zu tun scheint.
Der Geist weiß, dass das nicht alles ist, dass die Befriedigung dieser Bedürfnisse nicht genügt, aber er folgt dem
Leib nach, denn er weiß ja genauso gut, dass es einem nichts nützt, wenn man verhungert oder erfriert.
So tut man, was den anderen gefällt, damit der Unterhalt gesichert ist, vielleicht auch, damit der Haussegen nicht
schief hängt oder der Besuch der Kinder nicht ausbleibt. Man schweigt, wenn Unrecht geschieht, oder stimmt sogar
mit ein, wenn die Menge lauthals über eine Minderheit herzieht und ihr Eigenschaften andichtet, die durch nichts
bestätigt werden können.
Es gibt Dinge, die einem sehr wichtig sind. Dazu gehört die Anerkennung durch die anderen.
Aber es kann mitunter auch so weit gehen, dass die Kleidung zu einer Art Statussymbol wird. Man gerät dann
tatsächlich unweigerlich in einen Wettstreit, allerdings mit seinen Mitmenschen.
Das Ziel ist dann nur, wie Paulus sagt, ein vergänglicher Siegeskranz, der unserer Seele in keiner Weise nützen
kann. Aber dieser Wettstreit bindet gewissermaßen unseren Geist, wir halten ihn ab von dem eigentlichen Ziel,
das es zu erreichen gilt.
Denn Gott sieht nicht auf das Äußere. Er schaut direkt in unsere Herzen.
Und da ereignet sich der einzige Wettkampf, der für unser Leben eine Bedeutung hat. In diesem Wettkampf geht es
um das Evangelium.
Wer die Botschaft von der Liebe Gottes für sich angenommen hat, kann eigentlich nicht anders als diese Botschaft
weitersagen. Denn er begreift auch, dass sie allen Menschen gilt. Und man erkennt ja schnell, dass die Mitmenschen
diese Liebe nicht erfahren haben.
Das Evangelium gibt uns die Richtung vor, in der wir laufen sollen. Zwar bedeutet das Evangelium zunächst die frohe
Botschaft von der Freiheit, die Gott uns schenkt, aber das bedeutet nicht, dass wir nun kreuz und quer, also ziellos,
durcheinander laufen.
Wir sind nicht gerufen, zu tun und zu lassen, was wir wollen, sondern was Gott will. Und da gibt es schon Grenzen und
klare Vorgaben. Aber diese Grenzen sollen uns nützen und zum Guten dienen ? oder besser gesagt: sie sollen allen
Menschen nützen und zum Guten dienen. Denn wer für sich Freiheit in Anspruch nimmt, muss sie auch seinen Mitmenschen
gewähren. Und daraus ergeben sich dann doch Grenzen, wie sie etwa in den zehn Geboten oder im höchsten Gebot von der
Gottes- und Nächstenliebe gewissermaßen abgesteckt sind.
In unserem Wettkampf des Lebens gibt es nur einen einzigen Gegner, und das sind wir selbst. Es erfordert viel Kraft,
den inneren Schweinehund zu überwinden, und es erfordert viel Weisheit, das Wichtige und Bedeutende vom Unwichtigen
und Unbedeutenden zu unterscheiden. Paulus ermutigt uns dazu, genau das zu tun.
Lauft so, dass ihr den Siegeskranz erlangt: besiegt das, was euch vom Evangelium trennen will. Lasst nicht zu, dass
die Sorge um euer Leben und um eure Sicherheit euer Leben kontrolliert. Vergesst vielmehr nicht die Sorge für eure
Mitmenschen. Lasst euch vom Evangelium treiben und nicht von Konventionen, die euch die Freiheit rauben.
Das Evangelium: das ist die Botschaft von der Liebe Gottes, die wir in unserem Leben vielfach erfahren haben und
immer wieder erfahren. Diese Liebe sollen wir nun auch erfahrbar machen für andere, indem wir mit ihnen teilen,
was unser ist, und für sie da sind. Wir sollen uns für die Unterdrückten einsetzen und ihnen helfen, dass sie zu
ihrem Recht kommen.
Das scheint vor allem jetzt besonders wichtig und bedeutungsschwer zu werden, wo immer mehr Menschen eine Beschränkung
der Flüchtlingszahlen fordern und viele Menschen in den Flüchtlingen inzwischen eine Bedrohung sehen.
Die Ausstellung im Kreuzgang des Kaiserdoms, die ein paar Schlaglichter auf die Schicksale einiger Flüchtlinge wirft,
lehrt uns, dass es hier nicht um den Verlust unseres Lebensstandards geht, sondern darum, Menschen, die sonst um ihr
Leben fürchten müssten, ein Leben in Frieden und Freiheit zu ermöglichen.
Bei all unserem Tun sollen wir nicht unseren eigenen Vorteil suchen, so wie das in einem normalen Wettkampf der Fall
wäre, sondern den Vorteil des anderen.
Ja, das ist schon paradox: Wir laufen in einem Wettlauf, aber nicht, um besser zu sein als die anderen, sondern
um unser Verlangen nach Anerkennung und Auszeichnung zu überwinden. Und so hat auch unser Dienst am Nächsten
nicht das Ziel, am Ende eine Auszeichnung zu empfangen, sondern unserem Nächsten ein Leben in Freiheit und
Freude zu ermöglichen. Wenn das gelingt, dann haben wir auch unseren Sieg.
Führen wir also den Wettkampf gegen uns selbst, gegen unsere Eitelkeit und unsere Selbstsucht. Kämpfen wir
mit aller Kraft, um den unvergänglichen Kranz zu gewinnen, den Gott selbst uns überreichen wird.
Sicher, es ist anstrengend, in diesem Wettkampf gegen uns selbst zu laufen. Aber wir laufen nicht allein. Mit uns läuft
Christus. Er will uns ermutigen, denn er ist diesen Weg schon gelaufen.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
O Heiliger Geist, o heiliger Gott (EG 131)
Jesus, stärke deine Kinder (EG 164)
Wohl dir, du Kind der Treue (EG 361, 11)
Mir nach, spricht Christus, unser Held (EG 385)
Jesu, geh voran (EG 391)
Nun aufwärts froh den Blick gewandt (EG 394)
Brich mit den Hungrigen dein Brot (EG 420)