Die Feier der Osternacht bildet den eigentlichen Abschluss der Heiligen
Woche. Sie ist die ursprünglichste Feier der Christenheit (die Feier des Sonntags
als Auferstehungstag leitet sich vom Osterfest ab) und wurde bereits im 2. Jahrhundert
als Vigilgottesdienst (s. Christnacht) gefeiert.
Aber zunächst gab es keine Übereinstimmung in der Frage des Termins.
Wohl bezogen alle das Auferstehungsfest auf das jüdische Passah, aber die Gemeinden
Kleinasiens hielten sich genau an diesen Termin, der (als 14. Nisan) ein fester
Kalendertermin war und somit auf jeden Wochentag fallen konnte, während die
römische Gemeinde, die erst später das Osterfest zu feiern begann, von
Anfang an dieses Fest auf den Sonntag legte, der dem ersten Vollmond in
der Frühjahrs-Tagundnachgleiche folgte. Der Streit um den Termin währte
lange und wurde auf dem Konzil zu Nizäa (325) für die römische Praxis
entschieden. Endgültig setzte sich diese Praxis aber erst später durch.
Mit der Einführung des gregorianischen Kalenders im Jahr 1582 trennte sich
wieder der Weg der abendländischen Kirche von dem der morgenländischen,
die bei der Berechnung des Osterfestes bis heute am julianischen Kalender festhält.
Die protestantische Kirche übernahm die Feier der Vigil von der römischen
Kirche, strich aber einen Großteil der Elemente (Wasserweihe, Kerzenweihe
usw.) aus der Ordnung, so dass nur die wesentlichen Bestandteile (Gebete, Lesungen
und Auferstehungsevangelium) zurückblieben. Im 18. Jahrhundert ging diese Feier
der Kirche im Zuge der Aufklärung verloren, und erst in der jüngeren Vergangenheit
erlebt sie eine erfreuliche Renaissance; erfreulich deshalb, da diese
Nacht zu Recht die Nacht der Nächte genannt werden kann, in der für unsere Welt
etwas völlig Neues begonnen hat, das die Christenheit mit überschwenglicher
Freude erfüllt.
Der tiefere Sinn der nächtlichen Feier war, den auferstandenen Herrn, der
ja seine Ankunft vorausverkündigt hatte, zu erwarten. Die Worte "er kommt
wie ein Dieb in der Nacht" (1. Thess 5, 2) oder "Wachet!" (Mk 13,
37) waren der Gemeinde vertraut und ließen sie in gespannter Erwartung die
Nächte als Gottesdienste begehen, in denen vor allen Dingen um das Kommen des
Herrn gebetet wurde.
Als aber deutlich wurde, dass sich der Herr nicht herbeibeten lässt,
sondern auch hier seine Freiheit behält, wurden die Vigilien seltener gefeiert
und schließlich den großen Festen vorbehalten, wobei sie ihren Charakter
vom jeweiligen Fest her erhielten. Später dehnte man die Festzeit auf 8 Tage
aus (Oktav), um sie schließlich bis zum Pfingstfest auf 50 Tage zu verlängern.
In der Osternacht werden Texte aus der Heilsgeschichte verlesen und neue Gemeindeglieder
durch die Taufe aufgenommen.
In dieser nächtlichen Feier können folgende Texte, die die Geschichte
Gottes mit den Menschen verdeutlichen sollen, gelesen werden:
I: |
1. Mose 1, 1 - 2, 4a i.A. (= Gen 1, 1 - 2, 4a i.A.) |
VII: |
Hes 37, 1-14 (= Ez 37, 1-14) Rev. 2014: Jes 25, 6-9 |
II: |
1. Mose 5-8 i.A. (= Gen 5-8 i.A.) Rev. 2014: 1. Mose 6-9 i.A. (= Gen 6-9 i.A.) |
VIII: |
Jes 4, 1-6 Rev. 2014: Jes 54, 5b-14 |
III: |
1. Mose 22, 1-19 (= Gen 22, 1-19) Rev. 2014: 1. Mose 15, 1-2.4-6(7-18) (= Gen 15, 1-2.4-6(7-18)) |
IX: |
2. Mose 12, 1-11 (= Ex 12, 1-11) Rev. 2014: Jes 55, 1-5 |
IV: |
2. Mose 14, 24-31; 15, 1 (= Ex 14, 24-31; 15, 1) Rev. 2014: 1. Mose 22, 1-19 (= Gen 22, 1-19) |
X: |
Jes 26, 13-19 Rev. 2014: Hes 36, 16-28 (= Ez 36, 16-28) |
V: |
Jes 54, 17; 55, 1-11 Rev. 2014: 2. Mose 12, 1.3.6-7.11-14 (= Ex 12, 1.3.6-7.11-14) |
XI: |
5. Mose 31, 22-30 (= Dtn 31, 22-30) Rev. 2014: Hes 37, 1-14 (= Ez 37, 1-14) |
VI: |
Baruch 3, 9-38 Rev. 2014: 2. Mose 14, 5a.8c-11a.13-15a.d.17-18.21-23.27b.c.30a.31b |
XII: |
Dan 3, 1-24 Rev. 2014: Dan , 1-29 i.A. |
|
XIII: |
Rev. 2014: Micha 4, 1-5 |
An dieser Stelle sei besonders hingewiesen
auf die Bücher, die in letzter Zeit zur Feier der Osternacht erschienen sind.
Die Osternacht hat zeitlich ihren angemessenen Ort, wenn ihre Abendmahlsfeier am Ostermorgen
mit dem ersten Sonnenstrahl der aufgehenden Sonne zusammenfällt (was natürlich
nicht immer gewährleistet werden kann). Denn die Sonne ist Symbol des auferstandenen
Herrn (daher die Ausrichtung der meisten Kirchen nach Osten, der aufgehenden Sonne zu),
und im Aufgehen symbolisiert sie die Auferstehung selbst. Die zunehmend anzutreffende Praxis,
die Osternacht vor Mitternacht zu feiern (und womöglich auch noch danach ins Bett zu gehen), widerspricht ihrem Sinn,
denn sie soll zur Stunde der Auferstehung Christi hinführen und nicht in das Dunkel der Nacht hinein.
Die Gemeinde, die lange Zeit allen Jubel entbehren musste, jauchzt nun angesichts
der Auferstehung hell auf und begrüßt den in Brot und Wein gegenwärtigen
Herrn. Es ist wie ein tiefes Aufatmen, ja wie ein erstmaliges Einatmen, das nicht
nur der Mensch, sondern auch die Kreatur vollzieht: in Christus ist eine neue Schöpfung
angebrochen!
In manchen Gemeinden wird die Osternacht in der Friedhofskapelle gefeiert, um
die Beziehung der Lebenden zu den Toten, die doch auch die Hoffnung der Auferweckung
haben, zu verdeutlichen. Nach der Osternachtfeier kann die Gemeinde zu einem gemeinsamen
Osterfrühstück eingeladen werden.
Der Halleluja-Vers erklingt in der Osternacht drei mal.
Die liturgische Farbe ist Weiß wie das Kleid
des Engels, wie das Gewand des Herrn bei der Verklärung, wie das Licht.
Zu den Perikopen
- I: 1. Thess 4, 13-18
folgt später
- II: 2. Tim 2, 8-13
folgt später
- III: Mt 28, 1-10
folgt später
- IV: Kol 3, 1-4
Dieser Text ist eine Mahnung, die auf dem Geheimnis Gottes, dem Evangelium, gründet. Dabei erschöpft sich das Evangelium nicht in der Botschaft: Gott hat uns alle lieb. Vielmehr geht es um das, was im Einstiegssatz gesagt wird: „Seid ihr nun mit Christus auferstanden...”, also um den Wandel, der sich durch Jesu Auferstehung von den Toten für alle, die an ihn glauben, ereignet. In unserer Zeit, in der die Rede von einem aufgeklärten Christentum üblich ist und demzufolge viele Erzählungen der Bibel, auch die der Auferstehung Jesu, relativiert und eher als Projektionen oder Wunschdenken klassifiziert werden, muss eine Predigt über diesen Text ein Bekenntnis sein.
Der christliche Glaube basiert auf der Feststellung, dass Jesus Gottes Sohn ist und dass er nach seinem Tod am Kreuz, den er um unserer Sünden willen erlitt, von den Toten auferweckt wurde. Von hier entfaltet sich die Predigt und ermutigt die Zuhörenden zum Bekenntnis eben dieser Wahrheit, die den Menschen, die es nicht glauben wollen, ein Geheimnis bleibt.
In der Predigt kann das Leben eines Christenmenschen, der dieses Geheimnis in sich trägt, entfaltet werden, so wie es der Predigttext auch tut. Unser Leben ist ein Streben nach der Welt Gottes („droben” meint nicht physisch über uns, sondern das Reich Gottes, das ja nach Jesu Aussage mitten unter uns ist, aber, indem es die ganze Welt umspannt, auch über uns verortet werden kann). Wir sind Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, auch wenn wir noch in dieser Welt leben. Etwas von dieser Erkenntnis darf auch ausstrahlen und anderen Menschen sichtbar werden, denn das Evangelium gilt nun mal allen Menschen, und so ist jeder Christenmensch im Grunde in der Pflicht, seinen Glauben zu bekennen. Diese Pflicht ergibt sich aber nicht aus einem folgenden Verdienst, sondern ist Antwort auf das Geschenk der Gnade Gottes, die uns aus unserem vom Tod gezeichneten Leben schon jetzt auferstehen lässt, auch wenn wir noch auf den Tag warten, an dem Christus letztlich aller Welt offenbar werden wird. - V: Jes 26, 13-14(15-18)19
folgt später
- VI: Joh 5, 19-21
folgt später
- Marginaltexte: 1. Mose 1, 1-2, 4a(i.A.) (= Gen 1, 1-2, 4a)
1. Mose 6, 5 - 9,17 (= Gen 6, 5 - 9, 17) (i.A.)
1. Mose 15, 1-18 (= Gen 15, 1-18) (i.A.)
1. Mose 22, 1-19 (= Gen 22, 1-19)
2. Mose 12 (= Ex 12) (i.A.)
2. Mose 14 (= Ex 14) (i.A.)
Jes 25, 6-9
Jes 54, 5b-14
Jes 55, 1-5
Hes 37, 1-14 (= Ez 37, 1-14)
Dan 3, 1-29 (i.A.)
Mi 4, 1-5
Röm 6, 3-11folgt später
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