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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe II - Lk 24, 36-45
Liebe Gemeinde!
„Ey, Klaus, ich habe eine Kuh gesehen, die ist auf einen Baum
geklettert.” Klaus schaut Max verwundert an. „Du spinnst doch.”,
sagt er. „Kühe können doch nicht auf Bäume klettern.”
Schon will er sich abwenden, da sagt Max: „Warte, ich habe ein
Foto davon gemacht.” Er zückt sein Smartphone, und tatsächlich
sieht man auf dem Foto eine Kuh, die auf einem recht dicken Ast eines
großen Baumes ausruht. Das Maul ist leicht verschoben, offenbar ist
sie gerade am Wiederkäuen.
Klaus schaut sich das Foto eine Weile an, dann sagt er: „Das
ist doch eine Fotomontage.” „Nein!”, ruft Max, „das ist echt!”
„Wer's glaubt, wird selig!”, sagt Klaus und geht weiter.
„Wer's glaubt, wird selig!”, so lautet eine Redewendung, die
gerne verwendet wird, wenn man etwas für vollkommen unglaubwürdig
hält. Das, worum es geht, widerspricht offensichtlich allen bekannten
Tatsachen – so wie die Kuh, die auf Bäume klettern kann.
Komisch aber, denn eigentlich meinen diese Worte ja nur Positives:
„Wer's glaubt, wird selig” bedeutet doch, dass, wer das glauben
kann, ein wunschlos glücklicher Mensch sein wird – oder schon
ist, indem er es glaubt. Denn selig sein, das ist ein Glückszustand,
in dem keine Wünsche mehr offen sind. Man ist rundum zufrieden.
Irgendwann hat diese positive Bedeutung eine negative Bewertung
bekommen, so als ob selig sein kein erstrebenswerter Zustand wäre.
Eigentlich liegt die Betonung aber auf dem Wort „glauben”. Denn es
ist praktisch unmöglich, das zu glauben – und dementsprechend ist es
praktisch unmöglich, selig zu sein oder zu werden.
Und tatsächlich sind doch die meisten Menschen weit davon entfernt,
wunschlos glücklich zu sein.
Man merkt es eigentlich überall: es wird verglichen. Was hat der andere?
Wie weit ist das, was ich habe, davon entfernt? Um wieviel ist es
schlechter? Um wieviel besser? Was muss ich tun, damit ich mithalten kann?
Nicht nur bei jungen Menschen geht es oft um's Smartphone. Modelle,
die älter als zwei Jahre sind, sind schon deswegen out, weil bei
vielen Verträgen nach Ablauf von zwei Jahren und entsprechender Verlängerung
ein neues Smartphone gleich dabei ist. Aber natürlich gibt es auch immer
eine Person, die ein neueres, besseres Smartphone hat.
Bei anderen Menschen, häufiger wohl bei Männern, geht es ums Auto. Manchmal
ist es auch der Rasenmäher (einer, auf dem man sitzen kann, zeugt ja auch
schon davon, dass man ein recht großes Grundstück besitzt, kann sich also
zu so einer Art Statussymbol entwickeln), oder es geht um irgend ein
anderes technisches Gerät.
Bei wieder anderen spielt die Kleidung eine große Rolle – was man übrigens
auch schon bei Schulkindern beobachten kann. Welche Marke? Welche
Herkunft? Wenn die Kleidung bei C&A oder einem Kleiderdiscounter
gekauft wurde, wird meist schon die Nase gerümpft.
Welche Kritierien beim Vergleich jeweils eine Rolle spielen, ist mir
nicht so geläufig. Es geht aber immer nach dem gleichen Prinzip: irgendwie
möchte man beweisen, dass das eigene wenigstens mithalten kann mit dem,
was der andere hat, und wenn das nicht der Fall ist, wird man insgeheim
schon anfangen, nach einem upgrade, d.h. einer Verbesserung, zu suchen.
Kurz: wir sind unzufrieden. Sobald das, was wir haben, nicht mehr dem
entspricht, was unsere Nachbarn und Freunde haben, fühlen wir uns abgehängt
und spüren wir die Notwendigkeit, mitzuhalten, nachzubessern.
Keine Spur von Seligsein also.
Wer's glaubt, wird selig – das höre ich zwar nicht direkt, aber doch
indirekt manches Mal von Menschen, die sich selbst als Christen verstehen,
aber häufiger natürlich von solchen, die sich als Atheisten bezeichnen.
Jesus von einer Jungfrau geboren? Wie soll das möglich sein? Jesus von
den Toten auferstanden? So ein Unfug!
Mit solchen Vorwürfen mussten wir Christen uns nicht erst in unserer
Zeit auseinandersetzen, sondern schon damals, als die ersten
Christengemeinden entstanden waren – zu der Zeit, als die Evangelien
niedergeschrieben wurden.
Man sieht Spuren dieser Auseinandersetzung vor allem in der Art und Weise,
wie in den Evangelien von der Auferstehung Jeus erzählt wird. Im Grunde
werden da die Menschen, die es nicht glauben können (und auch nicht
glauben wollen), mit einbezogen, indem man deren Argumente durch die
explizite Beschreibung bestimmter, sonst vielleicht unbedeutender
Sachverhalte entkräftet. Da sind z.B. die Wachen, die das Grab bewachen
und die von den Römern gestellt werden, also von einer in der Sache völlig
neutralen, glaubwürdigen Institution. Da ist aber auch die Offenheit im
Blick auf das eigentliche Ereignis der Auferstehung, indem auf die
Unzulänglichkeiten ausdrücklich hingewiesen wird: niemand hat gesehen,
wie Jesus auferstanden ist. Nur das leere Grab bleibt, und nur davon
wird geschrieben.
Und da sind die Jünger selbst, die voller Zweifel sind und deren Zweifel
in keiner Weise unter den Teppich gekehrt, sondern sogar ausdrücklich
benannt werden.
Diese Zweifel werden schon in der frühen Christenheit immer wieder
diskutiert. Lukas nimmt einige Argumente derer, die die leibhafte Auferstehung
Jesu anzweifeln, mit seiner Erzählung auf.
Die zwei, die wir nur als Emmaus-Jünger kennen, haben davon berichtet, wie
ihnen Jesus auf dem Weg begegnet ist und wie er ihnen das Brot brach.
„Wer's glaubt, wird selig”, werden wohl einige der Jünger gedacht
haben, auch wenn sie bereits die Berichte der Frauen und einiger anderer
Jünger gehört hatten, die zumindest vom leeren Grab und den Engeln, die
die Botschaft von Jesu Auferstehung verkündeten, erzählen konnten.
Wer's glaubt – aber niemand glaubt es...weil man es nicht glauben kann.
Es widerspricht doch allen Tatsachen, es ist unmöglich.
Wohlgemerkt, das ist die Haltung der Jüngerinnen und Jünger damals –
vielleicht mit Ausnahme derer, die das leere Grab und die Engel gesehen
hatten.
Und da tritt Jesus mitten unter sie. Allein schon wie er da auftritt,
ist bemerkenswert. Er klopft nicht an die Tür, sondern er ist unvermittelt
da und räumt endlich mit all den Zweifeln auf. „Warum kommen
solche Gedanken in euer Herz?”(Lk 24, 38b) Ja, warum eigentlich? Warum
traut Ihr Gott dieses Wunder nicht zu?
Und dann dürfen sie ihn anfassen und besehen, sie dürfen die Wundmale der
Kreuzigung sehen, es kann also gar keinen Zweifel mehr geben. Und doch
gibt es immer noch welche, die es nicht glauben können. Sie meinten wohl,
dass sie halluzinierten. Das kann doch unmöglich echt sein – obwohl sie
ihn ja auch anfassen durften.
Um die Beweisführung zu vollenden, setzt sich Jesus also noch hin und
isst einen gebratenen Fisch.
Wer's jetzt noch nicht glauben kann, der ist hoffnungslos verloren. Mehr
Beweise kann es doch beim besten Willen nicht geben.
Und doch wurden die Berichte derer, die dem Auferstandenen leibhaftig
begegnet waren, schnell in Zweifel gezogen – auch von Christen. Die
ersten Jahrhunderte der Christenheit sind geprägt von Diskussionen
darüber, was von dem, was man sich über Jesus erzählte, wahr ist und wie
man es dann auch glaubwürdig vermitteln kann.
Unsere Glaubensbekenntnisse sind Zeugnisse dieser Diskussionen und
gewissermaßen ihr Endergebnis. Sie enthalten unaufgebbare Glaubensaussagen.
Und doch ist man heute, fast zweitausend Jahre später, der Ansicht, dass
all das Gerede von Auferstehung usw. nur Wunschdenken war, dass es sich
in Wahrheit ganz anders zugetragen habe. Als ob man es 2000 Jahre später
besser wissen kann als damals zu einer Zeit, in der Augenzeugen unzählige
Male danach befragt worden waren und ihr Zeugnis schließlich aufgeschrieben
wurde.
„Wer's glaubt, wird selig!” - ja, nur wer es glauben kann, wird selig.
Das ist das Einzige, was Gott von uns erwartet, dass wir es glauben:
„Dass [Jesus] Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift,
und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten
Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach
von den Zwölfen.” (1. Kor 15, 3b-5)
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Wir wollen alle fröhlich sein (EG 100 - Wochenlied!)
Wir danken dir, Herr Jesu Christ (EG 107)
O Tod, wo ist dein Stachel nun (EG 113)
Wach auf, mein Herz, die Nacht ist hin (EG 114)
Er ist erstanden, Halleluja (EG 116)