das Kirchenjahr

Laetare

Für euch dahingegeben

Predigtanregungen

Der Name des Sonntags Laetare leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: „Laetare cum Jerusalem, et exsultate in ea, omnes qui diligitis eam” (Jes 66, 10; deutsch s. Antiphon, wörtliche Übersetzung von „Laetare” hervorgehoben)
Der Sonntag Laetare steht in der Mitte der Fastenzeit und wird deshalb auch „Mittfasten” genannt. Ein anderer Name für diesen Sonntag aufgrund des Evangeliums von der Brotvermehrung ist „Brotsonntag”. In der römischen Kirche wird der Sonntag auch als „Rosensonntag” bezeichnet, weil an ihm der Papst eine goldene Rose weihte, die angesehenen Persönlichkeiten oder Instituten, die sich um die römische Kirche verdient gemacht hatten, verliehen wurde. Dieser Brauch wird heute nicht mehr wahrgenommen.
Nachdem bisher der Aspekt unserer Schuld gegenüber Gott stärker in den Vordergrund getreten ist, tritt nun am Sonntag Laetare Gottes Handeln an uns in den Vordergrund als Antwort auf unsere Verfehlungen. Dadurch wird der wichtige Aspekt des Evangeliums deutlich, dass wir eben in erster Linie durch Gottes Hilfe frei werden von unseren Verfehlungen, und nicht durch unsere eigenen Werke. Damit gewinnt die Fastenzeit nun einen gewissen fröhlichen Charakter, obgleich wir natürlich weiterhin betrübt sind darüber, dass ein solches Opfer um unseretwillen nötig ist. Dass Gott es aber aus freien Stücken gibt, um uns zu erlösen, ist die große Freude des Evangeliums, das auch in der Fastenzeit uns durchträgt!
Die lturgische Farbe für den Sonntag Laetare ist Rosa, denn an diesem Tag vermischt sich die österliche Freude mit der Ernsthaftigkeit des Fastens. Sie ist eine Mischung aus den Farben Violett und Weiß. Weil man aber die Farbe „Rosa” mit dem Brauch der Rosenweihe in Verbindung brachte, hat man im protestantischen Bereich davon abgesehen, diese Farbe einzusetzen. Erst die Perikopenrevision von 2018 schlägt wieder Rosa als liturgische Farbe vor. Da in den meisten Kirchen wohl keine Paramente in dieser Farbe vorhanden sind, kann natürlich auch weiterhin Violett genutzt werden.
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Zu den Perikopen

  • I: Joh 6, 47-51

    Dieser Predigttext enthält viele wichtige Aussagen, die man eigentlich so stehen lassen könnte oder eher auf sinnliche Art und Weise zu verstehen versuchen könnte. Denn die Worte erschließen sich eher durch Erfahrung als durch weitere Worte. Dennoch sollen hier ein paar Anmerkungen und Hilfen zum Verstehen gegeben werden.
    Zunächst einmal ermutigt Jesus seine Zuhörer zu glauben. Wer glaubt, der hat das ewige Leben. Es bleibt nur offen, womit man dieses Wort „glauben” füllen kann. Was bedeutet es? Vermutlich muss man es im weiteren Zusammenhang sehen. Es wird dann ersichtlich, dass Jesus die Menschen auffordert, daran zu glauben, dass er von Gott gekommen ist (Verse 44-46). Darum geht es eigentlich schon im ganzen Kapitel. Wichtig ist wohl, dass der Glaube nicht aus dem Menschen kommt, sondern von Gott (z.B. Verse 29 und 45). Nur wenn man diesen von Gott geschenkten Glauben hat, dann ist man auch in der Lage, zu erkennen, dass Jesus das Brot des Lebens ist. Man erkennt aus den Versen, die unserer Perikope folgen, dass hier auf das Abendmahl angespielt wird. Während sich die Zuhörer mit der Frage aufhalten, wie Jesus ihnen sein Fleisch zu essen geben könne, hat Jesus schon längst viel weiter gewiesen: Dieses Brot gibt euch ewiges Leben. Ihr werdet niemals sterben, wenn ihr von diesem Brot esst. Ihr habt Teil am Reich Gottes, das ewig ist.
    Die wichtigsten Elemente dieses kurzen Ausschnittes eines langen Kapitels zum Thema „Brot” sind also wohl folgende: Glaube - Brot des Lebens = Abendmahl - Ewiges Leben.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist leicht erkenntlich. Jesus gibt sich uns hin, wir nehmen ihn zu uns im Brot des Abendmahls. Hier erfahren wir seine ganze Hingabe an uns.
    Ich halte es für angebracht, die Predigt mit sinnlichen Elementen zu unterstützen. Dazu kann Musik gehören, aber auch das Essen von Brot, oder ein schauspielerisches Element. Es wäre nicht sehr hilfreich, das Element des Glaubens überzubetonen, denn dieses Geschenk Gottes sollte nicht in Frage gestellt, sondern vorausgesetzt werden. Das Brot des Lebens ist das Element,das im Mittelpunkt stehen sollte.

  • II: Jes 66, 10-14

    folgt später

  • III: Joh 12, 20-24

    Dieser Predigttext hat zwar in Bezug auf den kichenjahreszeitlichen Ort einen klaren Schwerpunkt, es gibt aber auch ein kleines, nicht unwichtiges Detail: das sind die Griechen, die sich an Philippus wenden, um Jesus zu sehen. Das kann man so deuten, dass es sich um Proselyten handelte, d.h. Griechen, die dem jüdischen Glauben zugewandt oder gar zum jüdischen Glauben übergetreten waren. Das liegt nahe, da sie ja zum Fest gekommen waren, um „anzubeten”. Nur ist es nicht das alleine, sondern vielmehr auch die Tatsache, dass Jesus hier eine Brücke schlägt, ohne überhaupt schon mit diesen Menschen in Kontakt getreten zu sein. Vom konservativen Judentum ist er im Grunde schon ausgegrenzt, während Proselyten sich ja meist gerade darum bemühen, dieser Gruppe zu gefallen - doch Jesu Person hat eine besondere Wirkung auf sie - er eröffnet ihnen einen anderen Zugang zu Gott.
    Doch das ist nicht der Schwerpunkt angesichts der Zeit, in der wir uns befinden, sondern die Antwort Jesu: Die Worte vom Weizenkorn und von der Nachfolge. Während er wohl in Bezug auf das Weizenkorn von sich selbst spricht, so wendet er dieses Bild auch auf seine Jünger an. Nur wer bereit ist, sein Leben zu verlieren, kann auch Frucht bringen. D.h. also, wer ganz hinter dem steht, was er sagt, kann auch andere dazu bewegen, diesen Weg zu gehen.
    Jesus verspricht dem, der seinen Weg geht, einen großen Lohn: sein Vater wird ihn/sie ehren. Das ist etwas, worauf man sich freuen kann, aber es geht eben nicht ohne den Weg durch das Leid, durch den Tod hindurch. Das Leid ist aber nicht rein passiv - es beinhaltet die Anklage dessen, der das Leiden verursacht. So wird auch hier das aktuelle Geschehen (im Jahr 2003) wieder in das Blickfeld rücken: der Krieg gegen den Irak scheint uns zu machtlosen Winzlingen zu degradieren. Unser Einsatz für den Frieden kann sich nicht auf Gebete beschränken. Er muss aktiv sein, ohne dabei agressiv zu werden.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist offensichtlich. Jesus gibt sich für uns dahin. Dies ist zugleich das Vorbild, dem wir nachfolgen, dem wir nacheifern sollen. Man kann die Frage stellen: was würde Jesus tun? Wie würde er sich opfern, alles daran setzen, dass das Elend in dieser Welt ein Ende nimmt, dass die Menschen die Liebe Gottes annehmen und daraus dann auch die nötigen Konsequenzen ziehen? Könnten wir diesen Weg mitgehen? Wollen wir diesen Weg mitgehen?
    Das Opfer Jesu darf nicht herhalten als Alibi für die untätige Gemeinde. Jesus fordert uns zur aktiven Nachfolge auf - das sollte in dieser Predigt dann auch besonders zum Ausdruck kommen.

  • IV: 2. Kor 1, 3-7

    Dieser Predigttext stellt eine enge Verbindung her zwischen dem Leid und dem Trost, den wir von Gott empfangen können. Wo kein Leid ist, kann auch kein Trost sein, denn nur wer leidet kann auch Trost empfangen. So kann Paulus Gott loben selbst in Leid und Trübsal. Aber darüber hinaus ist die Erfahrung des Trostes und des Heils keine Erfahrung, die man für sich behält. Man gibt sie weiter. Hier wird wieder die Eigenschaft des einen Leibes deutlich, zu dem wir alle gehören und an dem jede(r) teilhat.
    So wird das Kreuz zum wichtigsten Symbol christlichen Lebens, denn erst durch das Kreuz wird die Güte Gottes erfahrbar. Wer nicht leidet, kann nicht getröstet werden. Wer nicht verzweifelt, kann auch nicht hoffen. Das Kreuz muss also sein, und es wird zum Zeichen der Liebe und der Hoffnung, weil es nicht das Ende ist, sondern weil Christus es überwunden hat.

  • V: Jes 54, 7-10

    Was für eine Zusage! Und dennoch: 'einen kleinen Augenblick' - das ist doch wohl etwas untertrieben. Immerhin dauerte die Gefangenschaft in Babylon länger als eine Generation, d.h. also, dass viele die Barmherzigkeit Gottes nicht mehr erfahren konnten. Dass Gott, der hier durch den Propheten Jesaja spricht, nur von einem kurzen Augenblick redet, liegt daran, dass er in einem größeren Zusammenhang redet: er spricht zum Volk Israel, nicht zu einzelnen Menschen. Er spricht zu der Gemeinde, die von Gott in seine Nachfolge gerufen wurde, und zu der Gott selbst sich bekennt.
    Diese Gemeinde ist auf der einen Seite eine recht abstrakte Größe, denn sie selbst hat keine wirkliche Persönlichkeit, sie bleibt ungreifbar. Es sei denn, man versteht sich selbst so deutlich als Teil dieser Gemeinde, dass es keinen Zweifel gibt: mit dem „Du” bin ich gemeint, denn ich gehöre zur Gemeinde, zu dem Volk Gottes. Auch dann, wenn ich diese Gefangenschaft, die „kurze Zeit” der Einsamkeit, den Augenblick des Zorns offenbar nicht wahrgenommen habe, wenn er über meine Vorfahren kam. Dennoch war ich auch damals betroffen, so wie ich jetzt von der Barmherzigkeit Gottes betroffen bin.
    Gott macht eine wunderbare Zusage: nie mehr will er über sein Volk zürnen. Gemeint ist, das dürfen wir nicht vergessen, das Volk Israel, das derzeit seine militärische Überlegenheit ausnutzt, um die Palästinenser, die um ihre Freiheit kämpfen, weiter zu unterdrücken und in Schach zu halten (damit will ich auf keinen Fall die Attentate der Palästinenser in irgendeiner Weise gutheißen, im Gegenteil: wir erkennen sicher alle, dass hier auf beiden Seiten unendlich viel Schuld und keine Vergebung zu erkennen ist). Angesichts dieser Zusage Gottes können wir uns nicht erheben und über dieses Volk den Stab brechen. Gott allein ist Richter!
    Der 10. Vers zeigt uns deutlich, dass das, was dort in Israel/Palästina geschieht, nicht Gottes Wille ist: der Bund seines Friedens soll nicht hinfallen. Es soll Frieden herrschen. Warum aber ist kein Friede?
    Mit dieser Frage können wir uns nur in endlose Spekulationen verrennen. Vielleicht müssen wir davon ausgehen, dass Jesaja nicht von seiner nahen Zukunft redet. Vielleicht ist es sogar so, dass der Friede, von dem Gott durch den Propheten spricht, gar nicht in unserer Welt real werden soll, sondern „nur” in der Gegenwart Gottes real wird. Vielleicht aber ist es so, dass der Friede, von dem hier gesprochen wird, eine ganz andere Dimension hat, die sich uns bisher entzieht, oder die nur wenigen vorbehalten ist.
    Fest steht letztlich nur das eine: Gottes Zusage gilt seinem Volk. Zugleich aber spricht er auch vom Gericht: einen kleinen Augenblick hat Gott sein Volk verlassen - es gibt nichts Schlimmeres als die Gottesferne. Wie lang währt dieser „kleine Augenblick”? Könnte es sein, dass er noch andauert? Könnte es sein, dass die Geschehnisse in Palästina (und in Afghanistan, und sonstwo in der Welt, wo Krieg und Misstrauen herrschen) nur deswegen geschehen, weil dieser Augenblick noch anhält?
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang macht es uns da nicht viel leichter. Offenbar müsste man demnach im Predigttext einen Hinweis auf den Frieden, der durch Jesus gebracht (und doch nicht wirklich Realität) wurde, erkennen. Durch sein Opfer wird dieser Bund des Friedens befestigt bzw. erst errrichtet. Aber wir wissen, dass auch durch das Opfer Jesu Friede nicht real geworden ist, eher im Gegenteil. Dennoch sollten wir den Aspekt des kirchenjahreszeitlichen Zusammenhangs nicht außer Acht lassen.
    Denkbar wäre, in der Predigt darauf hinzuweisen, dass diese Prophetie noch nicht erfüllt ist - zumindest nicht so, wie wir es uns vorstellen. Uns ist als Christen schon deutlich geworden, dass Frieden dadurch entsteht, dass man seinem Gegner die andere Wange hinhält, anstatt zurückzuschlagen. Das ist die friedfertige Methode, zu der Jesus uns aufgefordert hat. Durch sie wird Krieg beendet, im Kleinen wie im Großen. Allein die Bereitschaft, nachzugeben, kann Frieden bringen. Das bedeutet nun nicht, einen Aufruf zur Duckmäuserei zu erlassen, eher im Gegenteil. Es geht um agressive Friedensbemühungen. Dabei müssen wir bereit sein, etwas aufzugeben von unserem Wohlstand, unserer Sicherheit. Jesus hat das getan und uns damit ein Vorbild gegeben.
    Die Prophetie geht die ganze Welt an und kann nicht nur das Volk Israel als Adressaten haben. Denn wenn das Volk Gottes in Frieden leben soll, dann muss auch sonstwo in der Welt Frieden herrschen. Wir leben nun mal in einem globalen Dorf, alles hängt miteinander zusammen.

  • VI: Lk 22, 54-62

    folgt später

  • Marginaltexte: 5. Mose 8, 2-3 (= Dtn 8, 2-3)
    Am 8, 11-12
    Joh 6, (47-51)52-66
    Phil 1, 15-21

    Zu Joh 6, (47-51)52-66:
    Eine harte Rede! Zunächst einmal müssen wir ganz bewußt diesen Perikopenausschnitt wahrnehmen. Er schließt unmittelbar an die Brotrede an, in der Jesus von sich selbst sagt, dass er das Brot des Lebens ist. Darauf wird in diesem Perikopenabschnitt auch bezug genommen.
    Gefährlich ist natürlich die Neigung des Textes zur Magie. Dadurch, dass das Brot, das Jesus selbst darstellt, mit dem Manna und dessen Folgen (Tod) verglichen wird, könnte man schnell dahin kommen zu sagen, dass das Essen dieses Brotes eben tatsächlich zu ewigem Leben verhilft, zur Unsterblichkeit.
    Aber es bleibt das große Fragezeichen: wie kommt man an dieses Brot? Johannes stellt keine Verbindung zu Passahfest her, im Gegenteil, das Laubhüttenfest steht bevor, das sieben Monate später gefeiert wird. Durch diese Verbindung war bei den Synoptikern ja sogleich das Passahbrot zum Leib Christi geworden und der Passahwein zum Blut Christi.
    Die Jünger stehen jedenfalls vor diesem Fragezeichen. Sie murren, denn sie wollen keinesfalls dem Kannibalismus verfallen (es ist übrigens bemerkenswert, dass die Terminologie, die hier gewählt wurde, sehr ähnlich den Ideen kannibalistischer Kulturen ist - das Essen des Fleisches und das Trinken des Blutes des Gegners soll ja die Kräfte desselben dem Sieger vermitteln; Jesus führt aus, dass das Ergebnis solchen Handelns die ewige Verbindung mit ihm sein wird, sowie das ewige Leben).
    Im Abschnitt 60-65 wird dann alles schön vergeistlicht, so dass die Spannung, die anfangs bestanden hat, aufgehoben wird. Johannes macht es einem doch recht leicht. Es ist der Geist, der lebendig macht, das Fleisch (Jesu Fleisch) nützt da eben doch nichts. Also hat Jesus auf eine geistliche Handlung hingewiesen und nicht etwa zum Kannibalismus aufgefordert. Auf der anderen Seite kann man gut verstehen, wenn anhand solcher Texte andere Menschen meinten, dass die Christen Kannibalen seien.
    In meinen Augen schwer zu verdauen sind die letzten beiden Verse der Perikope, in denen eine Prädestinationslehre im Ansatz zu sehen ist. Der Vater (Jesu) bestimmt, wer das ewige Leben erlangen wird, da gibt es keine Möglichkeit des Einzelnen, sein Schicksal selbst zu bestimmen durch eine Entscheidung, die auch Gott akzeptiert. Allerdings gibt es den knappen Hinweis auf den Glauben in Vers 64, der evtl. doch noch die Möglichkeit aufzeigt, selbst etwas zum eigenen Heil tun zu können - und doch, am Ende steht deutlich die Exklusivität der Auserwählung Gottes aufgeschrieben.
    Judas ist ohnehin von vornherein verteufelt und dient Johannes hauptsächlich dazu, zu zeigen,wie souverän sich Jesus gegenüber dem Bösen, dem Satan, behauptet.
    Auf den kirchenjahreszeitlichen Zusammenhang bezogen, kommt das Thema eigentlich schlecht weg. Wo wird hier das Opfer Jesu deutlich? Ist der Text nicht vielmehr eine Anweisung der Jünger, das vorher Gesagte zu vergeistlichen? Ist nicht das Wichtigste in diesem Text die Zusage der Gemeinschaft mit Jesus über seinen Tod und seine Auferstehung hinaus - freilich von Gott vorherbestimmt, für wen diese Gemeinschaft erreichbar sein soll? Wiederspricht die hier sichtbare Prädestination nicht kolossal dem Evangelium?
    Um wieder zum kirchenjahreszeitlichen Zusammenhang zurückzukehren, bedarf es wohl einiger Klimmzüge. Man muss auf jeden Fall den weiteren Zusammenhang des Textes in Betracht ziehen, d.h. also die ganze Brotrede, um wieder die Hingabe Jesu „für uns”, für die Gemeinde, in den Blick zu bekommen. Dieser Text nun vergeistlicht die Rede vom „Brot des Lebens”, d.h. es geht hier wohl kaum um einen physischen Akt. Wohl aber ist Jesus unsere Quelle, eben weil er sich für uns hingegeben hat, die Quelle unseres Lebens, unseres Handelns. Dies kann der Schwerpunkt der Predigt werden. Es wäre wohl kaum richtig, aus diesem Text eine Abendmahlstheologie zu entwickeln, denn es ist unwahrscheinlich, dass Johannes mit diesem Text Bezug auf das Abendmahl genommen hat (darauf weist auch die zeitliche Ferne dieser Rede vom Passahfest hin). Es ist tatsächlich eher so zu verstehen, dass Jesus sich hier selbst als unsere Nahrungsquelle anbietet, d.h. als unser „tägliches Brot”, von dem wir leben können - auf geistlicher Ebene. Wir werden immer noch das Vollkornbrot (oder jedes andere Brot) brauchen, um uns am Leben zu erhalten, aber dieses Brot wird uns eben nicht geistlich stärken; dazu bedarf es des Brotes, das Jesus ist. Der Vergleich mit dem Manna wird von Jesus wohl vor allem deswegen gezogen, weil dieses Brot auch von Gott gegeben wurde - es diente aber dennoch nur zur physischen Nahrung. Das Brot, das Jesus selbst darstellt, ist hingegen das geistliche Brot, das auch ins ewige Leben hindurchträgt. Damit wir an diesem Brot teilhaben, von diesem Brot essen können, musste Jesus zunächst sterben und auferstehen.

    Zu Phil 1, 15-21:
    Dieser Text bereitet Schwierigkeiten, weil er überwiegend Paulus ins Zentrum stellt. Offenbar gibt es Gegner, gegen die sich Paulus hier zu wehren versucht. Er kann aber wenig tun, weil er in Gefangenschaft (Vers 17) ist. Interessant ist der Gedanke, dass es ihm egal zu sein scheint, wie Christus gepredigt wird, wenn er nur gepredigt wird. Dies muss allerdings wohl als Nachschub zum vorher Gesagten verstanden werden, denn seine Kritik an den anderen Predigern erkennt er selbst als nicht ganz angemessen an. Die Motivation der anderen Prediger darf nicht von ihm beurteilt und schon gar nicht verurteilt werden, zumal ihm wenig oder gar keine Mittel zur Verfügung stehen, diese Motivation überhaupt sicher zu erkennen. Tatsächlich unterstellt er ihnen ja, dass sie es auf Paulus abgesehen haben.
    Im nächsten Abschnitt geht Paulus auf sein eigenes Leiden ein, das ihm in der Gefangenschaft widerfährt. Es ist schwierig, auszumachen, ob er von körperlichen Leiden spricht oder wieder Bezug nimmt auf das Gefühl, das ihn veranlasst, andere Prediger zu kritisieren, weil sie Christus nur aus Neid und Streitsucht verkündigen. Ich neige dazu, die erste Möglichkeit anzunehmen, denn in Vers 20 weist Paulus darauf hin, dass er sterben könnte. Die Erfahrung der Todesnähe ist also offensichtlich da. Es erscheint aber etwas überheblich, wenn er sagt, dass durch seinen Tod Christus verherrlicht werde. Das kann nur im Zusammenhang der damaligen Zeit und der Verfolgung, unter der die Christen litten, verstanden werden. Denn der Tod würde aufgrund seines Glaubens über ihn kommen; dadurch, dass er ihn erleidet, steht Paulus für den Glauben und damit für Christus ein.
    Der letzte Satz dieser Perikope ist sicherlich allen geläufig (Vers 21). Er kann wohl nur so verstanden werden, dass das Sterben als Übergang zum Himmelreich, zur Nähe Gottes, d.h. Christi, gesehen wird. Da Christus sein Leben ist, muss Sterben Gewinn sein, weil er danach die Nähe Christi noch unmittelbarer erfährt. Im Sterben hat Paulus (und jeder im Glauben Sterbende) Anteil am Tod Christi in dem Sinne, als er zum ewigen Leben auferweckt wird. Damit wird der Tod allerdings nicht verherrlicht. Die nachfolgenden Verse würden ja zeigen, dass das Leben auf Erden - ebenfalls in und mit Christus - notwendig ist.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist schwer zu erkennen. Im Thema dieses Sonntags wird auf Jesus hingewiesen. Christus wurde für uns dahingegeben. Paulus nimmt darauf keinen Bezug. Vielmehr erweckt der Anfang den Anschein, als sei er es, der „dahingegeben” wird für seine Gemeinde. Man kann aber im zweiten Teil der Perikope schon einen Zusammenhang ausmachen: Wäre Christus nicht für uns dahingegeben, könnte Sterben kein Gewinn sein. Der Tod würde unser Leben nutzlos machen.
    So sollte die Predigt auf diesen zweiten Teil, und vielleicht sogar nur auf Vers 21, schwerpunktmäßig eingehen. Dieser Satz kann von jedem Christen nachgesprochen werden. Vielen bereitet der Tod Angst - man möchte noch weiterleben, dies und jenes erleben. Das „Sein in Christus” relativiert den Tod. Das deutlich zu machen, sollte Aufgabe der Predigt sein.



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