Der Karfreitag (früher Parasceve genannt) wurde vermutlich schon von den ersten Christen begangen
als ein Tag des Fastens und der Trauer. Er behielt diesen Charakter über die
Jahrhunderte bei. Schon Tertullian (Ende des 2. Jahrhunderts) bezeugte die Einhaltung dieses Tages als großen Fastentag.
Die protestantische Kirchen aber haben zunächst nur teilweise
den Karfreitag als Feiertag übernommen. Im 17. Jahrhundert erlebte er als Bußtag
eine Renaissance, wobei er freilich seinen ursprünglichen Character verlor.
Entgegen der früheren Praxis, an diesem Tag (als dem einzigen des Jahres) kein
Abendmahl zu feiern, stand nun das Abendmahl im Vordergrund. Heute entwickelt sich
die Feier des Tages wieder zu einer dem ursprünglichen Sinn angemessenen Praxis.
Am Karfreitag hören wir, wie der Sohn Gottes gekreuzigt und
zu Tode gebracht wurde. Die christliche Gemeinde verstummt, läßt nur
noch das Wort Gottes reden. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass die Vesper
nach der Todesstunde Jesu einzig aus der Lesung besteht, zu der das Psalmgebet tritt.
Am Karfreitag verlöschen die Kerzen, die bis dahin
Zeichen für das lebendige Licht, das Jesus Christus selbst ist, gewesen sind,
um erst in der Osternacht wieder am Osterlicht entzündet
zu werden.
Am Karfreitag können neben einem Gottesdienst am Vormittag auch Andachten zur Sterbestunde und/oder zur Grablegung
gehalten werden. Die neue Perikopenordnung schlägt dazu Abschnitte aus dem Johannesevangelium vor (Sterbestunde: Joh 18, 1-19,42; Grablegung:
Joh 19, 31-42). Dies sollte aber nicht als Festlegung verstanden werden, sondern als Vorschlag. Sicher können auch Abschnitte aus den
synoptischen Evangelien herangezogen werden.
Die liturgische Farbe des Karfreitags und Karsamstags
ist schwarz, wobei aber vollkommene Schmucklosigkeit des Altars
ausreichend ist. Schwarz ist die "Farbe" des Todes, der Finsternis, der
Verneinung allen Lebens.
Am Karfreitag verstummt das Lob der Gemeinde - das Geschehen am Kreuz macht sie still, vielleicht sogar beschämt,
angesichts des Leides und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus um unseretwillen.
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IV - Lk 23, 32-49Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit ihm hingerichtet würden.
33 Als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte,
kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und
einen zur Linken. 34 Jesus aber sprach: Vater, vergib
ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun! Und sie verteilten seine Kleider und
warfen das Los darum. 35 Und das Volk stand da und sah
zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich
selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. 36 Es
verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig
37 und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber!
38 Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden
König.
39 Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen,
lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!
40 Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest
dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist?
41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten
verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42 Und
er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43
Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit
mir im Paradies sein.
44 Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine
Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, 45 und
die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riß mitten entzwei.
46 Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!
Und als er das gesagt hatte, verschied er.
47 Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott
und sprach: Fürwahr, dieser ist ein frommer Mensch gewesen! 48
Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute, sah, was da geschah,
schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten wieder um. 49 Es
standen aber alle seine Bekannten von ferne, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa
nachgefolgt waren, und sahen das alles.
Wenn man nicht pur exegetisch an den Text herangehen will, ist
es schwierig, überhaupt einen solchen Text auszulegen, stellt er doch die zentrale
Verkündigung christlicher Botschaft dar. Darf man ihn überhaupt auslegen?
Sollte man ihn nicht besser schlicht wieder und wieder hören?
Das Anschauen von Jesusfilmen, die immer eine Evangeliensymphonie versuchen, mag
auch unser Auge getrübt haben für die Besonderheiten dieses Textes. Es
ist wichtig, sich bewusst vor Augen zu halten, dass Lukas diesen Bericht
geschrieben hat, und nicht Markus, Matthäus oder Johannes. Und da finden wir
schon einiges Besonderes:
Zunächst einmal teilt Lukas diesen Bericht durch die Worte Jesu in drei Abschnitte.
Man könnte die Verse 47-49 als Anhang bezeichnen. Es mag wichtig sein, sich
die Worte Jesu genauer anzuschauen, denn interessanterweise folgt er nicht Markus,
so wie es Matthäus tat. Die Worte sind:
- Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. (Vers 34)
- Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. (Vers 43)
- Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände. (Vers 46)
Die ersten beiden könnten im Zusammenhang miteinander stehen. Zunächst
macht Jesus vor, was er von den Menschen erwartet: Vergebung. Nun wird dies freilich
vom Übeltäter nicht nachgemacht, aber er bereut, was er getan hat, er
erkennt es an, er ist ehrlich zu sich selbst und vor Gott. Damit hat er die Vergebung
„verdient”. Also sagt Jesus zu ihm: "Wahrlich, ich
sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein." Ihm ist ganz persönlich
vergeben. In diesem Sinne wird zweimal durch die Worte Jesu am Kreuz die Vergebung
Gottes unterstrichen. Sie wird erteilt einmal, weil sie nicht wissen, was sie tun,
und zum andern, weil der Einzelne sehr wohl weiß, was er getan hat, dies aber
bekennt. Mit dem Bekenntnis, dem aufrichtigen Eingeständnis seiner Sünde
vergibt ihm auch Gott.
Auch die Nachgeschichte ist bemerkenswert. Plötzlich gibt es eine Reaktion,
obgleich schon drei Stunden zuvor sich der Himmel verdunkelt hatte. Der römische
Hauptmann kann sich allerdings bei Lukas nicht zum Gottesbekenntnis durchringen.
Er stellt nur fest, dass Jesus ein frommer Mann gewesen ist. Er hatte wohl
die letzten Worte vernommen (Jesus rief sie ja laut aus), und damit eine Art Anerkennung
bei dem Hauptmann erwirkt. Aber wir haben hier kein großartiges Bekenntnis.
Auch das Volk reagiert ähnlich. Alle scheinen irgendwie beschämt angesichts
ihres Handelns und angesichts der frommen Haltung Jesu. Sie erkennen, dass
sie etwas falsch gemacht haben, sind aber nun nicht mehr in der Lage, es rückgängig
zu machen. Daher kehren sie dem Geschehenen den Rücken.
Interessant ist auch Vers 49: Alle seine Bekannten - wer mag das gewesen sein? Seine
Jünger? Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Jünger nicht
dabei waren, als Jesus gekreuzigt wurde. Hier scheinen sie nun doch aufzutauchen,
ohne namentlich genannt zu werden. Vielleicht war es zu beschämend, die Namen
aufzuführen angesichts der Tatsache, dass sie nur von ferne zusahen, als
müssten sie sich verstecken. Die ängstlichen Jünger, die später
zu so wichtigen Figuren in den Anfängen der Kirche wurden...
Und natürlich sind da die Frauen. Natürlich, weil ihre Treue sich hindurchzieht
durch das Evangelium des Lukas, weil sie immer da sind, oft namenlos, aber doch
in größerer Treue als die Jünger.
Für die Predigt ist gewiss der Aspekt der Vergebung, der in diesem Text
so deutlich wird, zentraler Ausgangspunkt. In seiner Todesstunde lässt
Jesus die durch seinen Tod wirkende Vergebung schon sichtbar werden, an der Menge,
die ihn in diesem Moment noch verachtet, und an dem einzelnen, der sich seiner Schuld
bewusst wird. Gott vergibt! Und er tut dies, ohne ein Opfer von uns zu fordern,
weil er das Opfer schon vollbracht hat.
O Welt, sieh hier dein Leben (EG 84)
O Haupt voll Blut und Wunden (EG 85)
Jesu, meines Lebens Leben (EG 86)
Ich grüße dich am Kreuzesstamm (EG 90)
Du schöner Lebensbaum (EG 96)
Liebe, du ans Kreuz für uns erhöhte (EG 415)
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