das Kirchenjahr

Jubilate

Die neue Schöpfung

Predigtanregungen

Der Name des Sonntags Jubilate leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Jubilate Deo, omnis terra!. (Ps 66, 1; deutsch s. Antiphon).
Am Sonntag Jubilate wird das Evangelium von Jesus als dem Weinstock gelesen. Das Thema "Die neue Schöpfung" wird jedoch nicht ohne weiteres in diesem Evangelium deutlich, sondern in den anderen Lesungen, worin auf die Veränderungen hingewiesen wird, die durch Jesu Auferstehung bewirkt wurden und werden. Interessant ist die Wahl der priesterlichen Schöpfungsgeschichte als alttestamentlicher Lesung: hier wird das, was das Volk Israel schon lange erkannt hat, aufgegriffen: Gott hat die Schöpfung gut geschaffen, ohne Fehl und Tadel. Das zahlreiche Elend ist auf das Versagen des Menschen zurückzuführen, den Willen Gottes auszuführen. Durch Christus sind wir nun dazu befähigt.

Zu den Perikopen

  • I: Spr 8, 22-36

    folgt später

  • II: Joh 15, 1-8

    Das Bild vom Weinstock und den Reben ist leicht nachvollziehbar, auch wenn es nicht überall Weinberge gibt. Es wird ja schon in dem Text selbst gut erklärt. Allerdings fällt es manchem sicher schwer, in der Predigt die Konsequenz der Worte Jesu nachzuvollziehen. Immerhin wird ausdrücklich auch, und das gleich zu Beginn, davon gesprochen, dass der Weinstock gereinigt wird, d.h. Reben, die keine Frucht bringen, entfernt werden. Dieser Aspekt wird zum Ende des Predigttextes erneut aufgenommen und mit dem Verbrennen im Feuer noch verstärkt.
    Nun wäre es falsch, diesen Text dahin zu verkürzen, dass man den Eindruck gewinnt, jede Rebe bleibe am Weinstock, egal, ob sie Ertrag bringt oder nicht, also das Evangelium gewissermaßen nochmal als Filter dieses Evangeliums angewandt wird. Denn dadurch würden die Worte Jesu relativiert, ja, das biblische Zeugnis würde unglaubwürdig. Es muss also vielmehr deutlich
    gemacht werden, dass es eine Reinigung gibt. Das schuldet der Prediger oder die Predigerin auch denen, die sich mühen und das Gefühl haben, von Gott nicht ausreichend gewürdigt zu werden, weil sie in ihrem Leben weniger Erfolg haben als diejenigen, die sich von Christus abgewandt haben. Denn so sehr wir durch die Gnade, derer wir durch Christus teilhaftig geworden sind, auch Frieden für unsere Seele haben können, so oft geschieht es, dass wir dem Schema von Ursache und Wirkung verhaftet bleiben.
    Diese Sichtweise gilt es zu durchbrechen. Jesus selbst sagt, dass Gott es über Gute und Böse gleichermaßen regnen lässt. Die Seligpreisungen zeigen, dass man nicht damit rechnen kann, dass das eigene Verhalten die Konsequenzen hat, die man sich wünscht. Nicht Werke sind es, die uns retten, sondern allein die Gnade Christi. Diese muss aber angenommen werden. Das meint der Predigttext, wenn er davon redet, in Christus zu bleiben, also alle Kraft aus Christus zu schöpfen. Er ist uns ja auch im Leiden ein Vorbild.
    Erneut stoßen wir aber vor ein Problem, wenn wir auf Vers 7 blicken. Wie oft geschah trotz aufrichtigen Gebetes nichts? Wie oft trat vielmehr das Gegenteil ein? Am deutlichsten erleben wir dies wohl, wenn wir für einen lieben Menschen um Heilung bitten und statt dessen den Tod erleben. Ist es genug, darauf zu verweisen, dass Gott oft Gebete nicht in der Weise erhört, wie wir es uns wünschen, sondern er seine eigenen Wege geht? Sicher müsste man dann auch folgern können, dass es eigentlich gar keiner Gebete bedarf, weil sowieso nur das geschieht, was Gott will.
    Das Gebet und seine Erhörung ist ein sehr schwieriges Thema, weswegen ich vorschlage, den Schwerpunkt auf unser Verhältnis zu Christus zu legen. Denn daraus ergibt sich alles andere und darf als Verheißung verstanden werden, deren ERfüllung der erlebt, der in Christus bleibt. Was das bedeutet (in Christus bleiben), das sollte in der Predigt eingehend verdeutlicht werden. Denn es ist weit mehr als nur getauft zu sein. Es ist eine aktive und bewusste Lebenshaltung, die unseren Blick auf unsere Umwelt und unsere Mitmenschen nachhaltig verändert.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ergibt sich allerdings aus der Verbindung zur Taufe, in der das Leben der neuen Schöpfung beginnt. Indem wir durch die Taufe Jesu Tod und Auferstehung gewissermaßen anziehen, sind wir auch neue Geschöpfe, neu- bzw. wiedergeboren (wobei ich diesen Begriff wegen der Nähe zur hindusitischen Terminologie ungerne verwende). Das Bild vom Weinstock und den Reben beschreibt das Leben der neuen Schöpfung bzw. der neu Geschaffenen. Insofern fügt sich der Text ohne Probleme in das Thema des Sonntags ein.

  • III: Apg 17, 22-34

    Die sogenannte Areopag-Rede des Paulus enthält manchen Zündstoff. Im Zentrum griechischer Kultur verkündet er, dass letztlich auch die Griechen den einen Gott verehren, der Himmel und Erde erschaffen hat. Dabei verwirft er nur mit Zurückhaltung die anderen Götter, die neben dem Altar für den "unbekannten Gott" errichtet sind, obgleich die Einleitung dieses Erzählabschnittes (Vers 16) vermuten lässt, dass er damit gar nicht einverstanden war. Wohl weist er darauf hin, dass die Götzenbilder nicht göttliche Qualitäten haben, aber er schließt eben auch nicht aus, dass die Griechen in ihrer Religiosität, die sie auch in der Anbetung dieser Götterbilder beweisen, am Ende richtig liegen, dann nämlich, wenn sie - nach seiner Predigt - den wahren, bisher unbekannten Gott erkennen und im Glauben annehmen, und auch dann, wenn sie - ohne Näheres zu wissen - den unbekannten Gott verehren.
    Der Text enthält starke Aussagen, wobei die eingeklammerten Verse nicht mit berücksichtigt werden müssen, wohl aber können - sie führen den Gedankengang weiter, aber nicht davon fort, und erzählen vor allem von der Wirkung der Predigt. Nur den gesamten Text zu berücksichtigen, mag für die Predigt dann doch eine Überforderung sein.
    Die vielleicht herausragendste Aussage besteht in den Worten: "in ihm leben, weben und sind wir". Mit dem Wort "weben" ist wohl kaum die Aktivität des Webens gemeint, sondern das In-Bewegung-Sein schlechthin, so wie eine Raupe, die ihren Kokon webt, ständig in Bewegung ist, bis sie ihr Werk vollendet hat. Mit diesen Worten macht Paulus deutlich, wie eng unser Leben mit Gott verbunden ist. Alles, was wir tun, geschieht in seiner Gegenwart, denn er umfasst alles.
    Dieser Satz leitet über zu der brisanten Aussage, dass wir göttlichen Geschlechts sind. Damit nimmt Paulus nach seiner eigenen Aussage griechische Philosophie auf, die sich so mit dem christlichen Glauben wohl kaum vereinbaren lässt. Wir sind Geschöpfe Gottes, und nicht von ihm geboren. Vielleicht meint Paulus damit, dass wir zum Ebenbild Gottes erschaffen sind. Auf jeden Fall will er damit deutlich machen, dass das, was wir schaffen, schon deswegen keine göttliche Qualität haben kann, weil es unter uns angesiedelt ist, denn es kann nur ein Abglanz unserer Fähigkeiten sein, und nicht mächtiger sein als wir.
    Offensichtlich ist die Auferstehung der Toten ein Punkt, über den man damals heftig diskutiert hat, so sehr, dass jeder sich seine Meinung gebildet hatte. Entsprechend fallen die Reaktionen aus, als Paulus dieses Thema anspricht. "Ach, so einer ist das!" oder "Aha, der spricht auf meiner Wellenlänge!" oder eben: "Na gut, ich halte nichts davon, aber ich respektiere seine Haltung."
    Sehr interessant und aufschlussreich ist der letzte Satz dieser Perikope: Zwei namentlich genannte Personen schließen sich Paulus an, unter ihnen der Mann Dionysius und die Frau Damaris. Aufschlussreich ist dieser Satz vor allen Dingen deshalb, weil die ganze Perikope auf Männer als Zuhörer ausgerichtet ist, aber offensichtlich auch Frauen dabei waren, sogar eine, die später eine wichtige Stellung in der christlichen Gemeinde hatte (sonst würde sie hier wohl kaum namentlich erwähnt). Die "anderen mit ihnen" sind allerdings keine weiteren Frauen, sondern Männer (wenn man dem griechischen Urtext folgt), was aber Frauen nicht ausschließen muss. Es wäre gar nicht mal so uninteressant, auf die Bedeutung dieser Frauen etwas näher einzugehen.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang wird an manchen Stellen vage sichtbar. Der unbekannte Gott wird nun erkennbar, er nimmt Gestalt an durch Jesus Christus: ein neues Leben kann beginnen (die Bekehrung einiger der Zuhörer). In diesem Gott "leben, weben und sind wir" - eine neue Sichtweise unserer Lebensart entsteht. Die Auferweckung von den Toten markiert den Beginn eines neuen Lebens, einer neuen Schöpfung.
    Vielleicht aber ist gerade dies das eigentlich Entscheidende (wenn auch nicht von den für die Perikopenreihe Verantwortlichen gedacht): dass hier auch Frauen erwähnt werden trotz der eindeutig stark patriarchalischen Prägung der Gesellschaft, markiert den Beginn einer neuen Sichtweise der menschlichen Natur. Frauen sind nicht länger untergeordnet und nur von ihren Männern her definiert (es steht da ja auch nicht: die Frau des soundso). Sie bekommen eine Identität in der Gemeinde Jesu Christi. Angesichts der Tatsache, dass in den meisten Orten mehr Frauen als Männer die Gottesdienste besuchen, kann dies ein dankbares und wichtiges Thema der Predigt werden.

  • IV: Gen 1, 1-4a(4b-25)26-28(29-30)31a(31b); 2, 1-4a

    Der Predigttext ist so bekannt, dass man schon wieder aufpassen muss, ihn nicht zu oberflächlich zu lesen. Sicherlich soll der Schwerpunkt auf der Erschaffung des Menschen liegen, es ist aber nicht unpassend, sich auch den Rahmen anzuschauen.
    Der "priesterliche Schöpfungsbericht" ist klar strukturiert, eigentlich ein Hymnus, ein Lob auf Gottes Schöpfung. Mit diesem Bericht will eins ganz deutlich gemacht werden: Die Schöpfung Gottes ist durch und durch GUT. Da gibt es kein Rütteln, denn was Gott macht, muss ja schon deswegen gut sein, weil es von Gott gemacht ist. In der Schöpfung spiegelt sich die Vollkommenheit Gottes wieder. Er hat den Menschen sogar mit göttlichen Fähigkeiten ausgestattet, wie sich heute an der Entwicklung der Gentechnologie, die zur Schöpfung neuer Lebewesen inzwischen in der Lage ist, erkennen lässt. Eine perfekte Schöpfung, die freilich zur Hybris verleitet. Vielleicht wurde deswegen bei der Zusammenstellung dieses Buches die eigentlich viel ältere Erzählung, in der vom "Sündenfall" geredet wird, erst an die zweite Stelle gesetzt, denn durch sie wird bereits davon berichtet, wie sehr der Mensch seine Fähigkeiten missbrauchen kann. Aber der "zweite" Schöpfungsbericht steht hier nicht zur Debatte.
    Aus den Abschnitten, die uns als Predigttext dienen, wird der Grundtenor ausreichend deutlich: Die Schöpfung Gottes ist vollkommen. Dies finden wir bestätigt in dem biologischen Gleichgewicht, das unzählige, grundverschiedene Formen von Lebewesen und Pflanzen miteinander existieren lässt und voneinander abhängig macht. Die Schöpfung Gottes gibt vielfachen Anlass zum Staunen.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang wird daraus aber nicht deutlich. Wohl geht es um Schöpfung, das Thema "Die neue Schöpfung" weist aber auf eine Erneuerung der Kreatur hin, die sich so noch nicht vollzogen hat. Aber wenn wir unsere Realität mit den Worten des Schöpfungsberichtes vergleichen, erkennen wir ja doch, dass wir diese Vollkommenheit systematisch zerstört haben, dass das Prädikat über dem Menschen: "siehe, es war sehr gut" wohl ein Fehlurteil ist. Denn der Mensch hat die Fähigkeiten Gottes, aber er hat sie nicht nur ausgenutzt, um sich selbst am Leben zu erhalten. So könnte man in dem Schöpfungsbericht ein Abbild dessen, was eigentlich gedacht ist, erkennen. Insofern spiegelt diese Perikope die neue Schöpfung, die wir erwarten, wider, in der alles miteinander versöhnt ist.
    Die Predigt darf nicht im Gejammer darüber, wie sehr die Umwelt durch die Menschen belastet und zerstört wird, stecken bleiben. Es muss vielmehr der Gewissheit Ausdruck verliehen werden, dass wir einer neuen Schöpfung entgegengehen, und dass diese neue Schöpfung im Grunde schon angebrochen ist. Diese neue Schöpfung ist geprägt vom Frieden und der Liebe Gottes, die uns alle, d.h. alle Geschöpfe und nicht nur die Menschen, miteinander versöhnt.

  • V: Joh 16, 16-23a

    Dieser Abschnitt aus den Abschiedsreden Jesu ist wohl durch die teilweise Vertonung im Deutschen Requiem von Johannes Brahms besonders vertraut. Jesus bereitet seine Jünger im Johannesevangelium sehr sorgfältig auf seinen Abschied vor, was wohl mit der bereits gemachten Erfahrung der Nähe Jesu nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt zu tun hat. Jesus sagt Trauer voraus, wohl die Trauer des Abschieds, die aber schnell vorüber sein wird.
    Der Text ist schwer umzusetzen in unsere Zeit hinein. Es handelt sich um eine ganz konkrete Situation, in der wir uns nicht befinden. Es wäre nicht richtig, davon auszugehen, dass wir jetzt gerade in der Phase des "Alleingelassenseins" sind. Vielmehr müßten wir uns in der Phase befinden, in der wir uns freuen, und in der niemand unsere Freude hinwegnehmen kann. Es wäre fatal, Jesu Zeitangaben umzudeuten und zu behaupten, die "kleine Weile" sei tatsächlich länger, weil ja vor Gott 1000 Jahre wie ein Tag sind. Nein, denn zuvor spricht er ja davon, dass sie ihn nach einer kleinen Weile nicht mehr sehen werden, und dies meint unbedingt seinen Tod, der unmittelbar bevorsteht. Die zweite "kleine Weile" kann also auf keinen Fall wesentlich länger sein. Die einzige zulässige Schlußfolgerung ist, dass es sich also um die Ankündigung der Wiedersehen nach der Auferstehung Jesu handelt.
    Wenn Jesus also im letzten Vers der Perikope davon redet, dass unser Herz sich freuen soll und niemand diese Freude von uns wegnehmen wird, dann ist damit ganz ausdrücklich die Osterfreude gemeint, die uns niemand nehmen kann.
    Nun sieht diese Welt nicht sehr fröhlich aus, im Gegenteil. Es scheint, als ob jeder schon lange zur Tagesordnung übergegangen ist, dass es eben eher so ist, als ob wir nur getrauert hätten um den gestorbenen Jesus, anstatt sich über die Auferstehung und damit den Beginn einer neuen Schöpfung zu freuen, die nicht mehr vom Tod beherrscht wird. Unser Leben wird ganz zweifellos vom Tod beherrscht. Streß beherrscht unseren Alltag, der wiederum dadurch ausgelöst wird, dass wir ständig das Gefühl haben, etwas zu versäumen, wenn wir uns nicht beeilen, eben weil unser Leben begrenzt ist, weil wir nicht über diese Grenze hinaus schauen können. Es gilt, dieses Defizit zu beseitigen, indem wir uns die Gegenwart Jesu in unserem Leben ganz real vorstellen. Es hat etwas Neues begonnen! Es gilt nur, dieses Neue auch zu sehen, unsere Augen zu öffnen für das, was wir normalerweise nicht sehen können.
    Eine Predigt zu diesem Text muss versuchen, diese Freude zu reflektieren. Dies kann geschehen durch Kontrastierung - das, was wir sehen können, dem, was wir nicht sehen können, gegenüber zu stellen. Es geht hier ja um die neue Schöpfung (kirchenjahreszeitliche Einordnung), auch wenn dies ausdrücklich nicht im Text gesagt wird. Das Neue besteht in der Überwindung des Todes durch die Auferstehung Jesu Christi, an der auch wir teilhaben. Diese Tatsache muss in uns ein Gefühl der Freude auslösen und erhalten. Zweifel sind zwar zulässig, aber sollen nicht überhand nehmen. Sobald dies geschieht, sind wir gefangen in der Welt des Todes.

  • VI: 2. Kor 4, 14-18

    Dieser Text des Paulus kann Probleme aufwerfen, vor allem dadurch, dass er eine Art Werkgerechtigkeit zu fördern scheint. Vers 17 bringt zum Ausdruck, dass die jetzige Trübsal eine "ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit" schafft. Es stellt sich die Frage, wer mit "unser" gemeint ist: die ganze Gemeinde, oder Paulus (vielleicht mit einem Reisegefährten). Wie immer die Antwort ausfällt, die Formulierung kann zu Missverständnissen führen. Da aber die Grundlinie paulinischer und reformatorischer Theologie klar ist (Gerechtigkeit allein aus Glauben), darf es nicht zu dieser möglichen Interpretation in Richtung Werkgerechtigkeit kommen. Man könnte es vielleicht so formulieren: wenn wir leiden, ist dieses Leiden nicht für ewig. Vor uns liegt eine große Herrlichkeit, auf die wir uns freuen können, selbst wenn wir jetzt leiden. Und je mehr wir leiden, um so stärker und wunderbarer werden wir diese Herrlichkeit empfinden. Dies würde auch der Fortführung in Vers 18 entsprechen: das Unsichtbare ist entscheidend in unserem Leben.
    Vers 16 könnte noch ein Problem aufwerfen: wenn Paulus davon redet, dass der innere Mensch täglich erneuert wird, während der äußere verfällt (= alt wird), redet er vom Geist, von der Seele des Menschen. Wir erleben oft, dass im Alter auch dieser "innere Mensch" zerfällt. Die alternde Person verliert die Erinnerung, wird unfähig, für sich selbst zu sorgen, und ist zunehmend abhängig von der Hilfe anderer. Man muss also fragen, was mit dem inneren Menschen gemeint ist, denn diese Alterserscheinungen können unmöglich diesen stetigen Erneuerungsprozess beeinträchtigen. Die Antwort wäre, dass nicht der Verstand mit dem inneren Menschen gemeint ist, sondern die Seele. Diese Seele bleibt unbeeinträchtigt von der körperlichen und geistigen Entwicklung eines Menschen. Es mag uns zwar schwer fallen, von der Seele zu sprechen – hier ist es aber angebracht.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist recht deutlich: Es geht um die Zukunft nach diesem Leben, um die neue Schöpfung, wobei diese Zukunft in dieses Leben hineinwirkt. Man könnte in kausaler Einfachheit sagen, dass mit zunehmendem Leid in diesem Leben die Hoffnung auf die Herrlichkeit im anderen immer größer und damit die Einstellung zum Leid zunehmend positiv wird. Dass dem oft nicht so ist, sei dahingestellt. Es ist eben nicht einfach, sich auf den Glauben an das Unsichtbare einzulassen.
    Die Predigt kann die verschiedenen Problemstellen des Textes thematisieren. Schwerpunkt sollte aber das Unsichtbare sein, von dem sich so schwer reden lässt, es sei denn durch Erfahrungen. So wäre es u.U. sinnvoll, Beobachtungen aus dem Besuchsdienst mit einzuflechten.

  • Marginaltexte: Jes 43, 14-21
    Ez 47, 1-12 (= Hes 47, 1-12)
    1. Joh 5, 1-4

    folgt später



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