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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe I - Hebr 4, 14-16
Liebe Gemeinde!
wenn man an Gott denkt, dann denkt man an ein mächtiges Wesen, ja, ein allmächtiges Wesen.
Sonst wäre es nicht Gott. Von Gott erwarten wir, dass er über den Dingen steht und unantastbar
ist. Gott thront über den Dingen, nichts kann ihm etwas anhaben.
Denn wenn es nicht so wäre, wenn also Gott verwundbar wäre, dann wäre es doch nur eine Frage
der Zeit, bis eine größere Macht sich über ihn erheben würde.
Bei Gott hört demnach alles auf. Nichts ist jenseits von ihm. Nur wenn es so ist, können wir
ihm auch ganz vertrauen. Nur dann wissen wir, dass seine Zusagen definitiv eingehalten werden,
weil nichts ihn daran hindern kann, sie umzusetzen.
Wenn hingegen Menschen etwas versprechen, kann es sein, dass sie es nicht einhalten – nicht
zwangsläufig aus bösem Willen, sondern weil etwas Unvorhergesehenes sie daran hinderte. Das kann
bei Gott aber nicht geschehen, denn es gibt für ihn nichts Unvorhergesehenes, und es gibt auch
nichts sonst, was ihn daran hindern könnte, zu seinem Wort zu stehen. Keine Mächte noch Gewalten
können Einfluss auf ihn ausüben.
So stellen wir uns Gott vor: heilig, unantastbar, unverwundbar, allmächtig, allwissend –
um nur einige wenige Attribute zu nennen.
Ein Hohepriester ist nun eine Person, die gewissermaßen den direkten Draht zum Allmächtigen hat.
Er vermittelt zwischen Mensch und Gott – diese Vorstellung durchzieht die Schriften des
ersten Bundes, die wir das Alte Testament nennen. Niemand durfte sich Gott nahen, das Allerheiligste
war dem Hohepriester vorbehalten. Auch er durfte nur einmal im Jahr dort hinein, am Jom Kippur,
dem Tag der Versöhnung. Dann erwirkte er die Vergebung der Sünden für das ganze Volk Israel.
Der Hohepriester ist also eine Person, der man sich nicht ohne Weiteres näherte. Er konnte seinen
direkten Draht zu Gott ja auch zum Nachteil eines Menschen nutzen.
Das war den Menschen damals durchaus bewusst. Wenn vom Hohepriester die Rede war, dann war Ehrfurcht
und Respekt angesagt, selbst dann, wenn die Person, die das Amt innehatte, es für ihre eigenen Zwecke
missbrauchte.
Denn man betrachtete das Amt losgelöst vom Menschen. Es wurde von Gott verliehen, und so handelte der
Amtsträger immer im Namen Gottes, wenn er den ihm aufgetragenen Dienst versah.
Und nun benutzt der Verfasser des Hebräerbriefes ein solches Amt, um Jesu Wirken näher zu beschreiben.
Einerseits ist es verständlich, denn Jesus ist ja der Sohn Gottes – wem, wenn nicht ihm, gebührt
die höchste Ehre. Und er ist es ja, der die direkte Verbindung zwischen Gott und Menschen hergestellt
hat – so wie es der Hohepriester auch tut.
Aber andererseits ist Jesus der menschgewordene Gott. Und die Bedeutung seiner Menschwerdung kommt
bei dem Bild vom Hohepriester nicht so deutlich zum Tragen, denn auch wenn der Hohepriester Mensch
ist, so ist er doch gewissermaßen abgehoben von den Menschen durch seine Funktion im Tempeldienst.
Darum stellt uns der Verfasser des Hebräerbriefes einen Hohepriester vor, der anders ist. Er ist
nicht Würdenträger, sondern er ist mit den Menschen in die tiefsten Abgründe eingetaucht. Er hat
unsere Schwachheit, unseren Kleinmut und unsere Ängste hautnah miterlebt. Er wurde versucht vom
Teufel, wie wir vorhin in der Evangeliumslesung gehört haben.
Nur in einem unterscheidet er sich von uns:
Er ist ohne Sünde. Er hat den Versuchungen nicht nachgegeben. Er hat nie aufgehört, auf die Güte
Gottes zu vertrauen.
Alles andere aber hat er auch erfahren oder wenigstens mit erlitten, bis hin zum Tod. Er hat den
Hass der Menschen erfahren, die Hoffnungslosigkeit, aber auch die Hoffnung, die Machtgier, die
Mutlosigkeit, Den Neid, das Leiden – Jesus war mittendrin, er hat das Elend der Menschheit
nicht nur wahrgenommen, er hat es mit der Menschheit erlitten.
Der Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu aus Südafrika hat Jesus als einen „der mitfühlendsten
Menschen ..., den die Welt je kannte”, beschrieben. Ich würde noch weiter gehen und sagen: Jesus
war der mitfühlendste Mensch, den die Welt je kannte.
Denken wir zum Beispiel an die Ehebrecherin, die Jesus mit den Worten „Wer von euch ohne Sünde ist,
werfe den ersten Stein” (Joh 8, 7b) vor dem Tod bewahrt. Er selbst hätte das Urteil vollstrecken
können – anstelle dessen vergibt er ihr.
Oder denken wir an die Segnung der Kinder. Sie waren ihm wichtiger als die Erwachsenen, die sich von
ihnen gestört fühlten.
Oder an die Seligpreisungen, in denen er uns gewissermaßen einen Fahrplan für unser Leben gibt –
einen, der zwar utopisch erscheint, aber der nur das Wohl der Mitmenschen im Blick hat.
Er hat für die um Vergebung gebeten, die es wahrlich nicht verdient hätten. Und er hat denen vergeben,
die an ihm schuldig wurden, ohne Vorbehalte.
Nun sind wir eingeladen, uns Gott zu nahen. Diese Einladung haben wir Jesus zu verdanken. Wir sind
eingeladen, weil es der Thron der Gnade ist – durch Christi Blut zum Thron der Gnade geworden.
Jedes noch so schwere Verbrechen kann durch diese Gnade gesühnt werden.
Der Weg dahin mag nicht so leicht sein. Denn unsere eigene Schuld, unser Versagen, unser Kleinglaube
stehen uns im Weg. Ist es wirklich so einfach? Können wir die Gnade Gottes wirklich so ohne Weiteres,
ohne jede Vorleistung in Anspruch nehmen?
Ja, wir können es, wir dürfen es. Darum starb Jesus am Kreuz, damit wir diesen freien Zugang haben.
Der Vorhang im Tempel zerriss – der Vorhang, der den Blick auf das Allerheiligste und damit
den Zugang zu Gott unmöglich machte. Wir dürfen nun vor Gott treten und von ihm persönlich die
Vergebung unserer Sünden empfangen.
Es mag andererseits Menschen geben, die es sich zu leicht machen: sie meinen, dass Gottes Gnade
frei verfügbar sei, und lassen darum die Zeit verstreichen. Sie behalten ihren Lebenswandel bei
und meinen, irgendwann einmal die Gnade Gottes in Anspruch nehmen zu können. Aber so einfach ist
es nicht.
Wenn uns der Verfasser des Hebräerbriefes einlädt, vor den Thron der Gnade zu treten, dann ruft er
uns auf einen Weg. Wir stehen ja nicht so ohne weiteres vor dem Thron der Gnade, wir müssen erst
hinzutreten.
Das kann mit einem Schritt geschehen, es kann aber auch ein langer Weg sein.
Ich würde in diesem „hinzutreten” unseren Lebensweg sehen wollen. Und nun kommt es darauf an, wie
wir diesen Weg gehen.
Haben wir Scheuklappen vor den Augen, die uns hindern, die Menschen, die links und rechts von uns am
Wegrand sind, wahrzunehmen? Eilen wir an denen vorbei, die unsere Hilfe brauchen, so wie es der Levit
und der Priester taten, als sie den halb tot Geschlagenen am Wegrand liegen sahen? (Lk 10, 25-37)
Oder schauen wir doch nach links und rechts? Sehen wir die Menschen, die da unseren Weg säumen?
Vielleicht kommen wir ja nicht so schnell zum Ziel, wenn wir uns um die Menschen kümmern, die wir da
erblicken. Aber in Wahrheit sind wir dann so nah an Christus, wie wir es anders kaum sein könnten.
Denn als Jesus das Weltgericht beschrieb, da sagte er: Was ihr getan habt einem von diesen meinen
geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (Mt 25, 40b)
Und Jesus hat da keine Einschränkungen gemacht, wer nun seine geringsten Brüder wären. Er sprach von
Hungernden, von Durstenden, von Nackten, von Kranken, von Gefangenen und von Fremden. Sie alle sind
seine geringsten Brüder. In ihnen allen begegnet uns Christus.
(Dass da von Brüdern die Rede ist, mag manchen vielleicht etwas stören – natürlich sind aber
auch die Schwestern gemeint, oder, um es mit einem Wort zu sagen: es geht um die Geschwister. Nur
war es damals so, dass man von Brüdern sprach und damit die Schwestern genauso meinte.)
Jesus führt uns die vor Augen, die eine gesellschaftliche Randgruppe darstellen oder die eigentlich gar
nicht in unserem Blickfeld sind.
Denn Hungernde und Durstende werden uns wohl kaum begegnen. Es gibt sie aber. Noch immer leiden über
800 Millionen Menschen, also fast zehn mal so viel Menschen wie in der Bundesrepublik, Hunger. Anders
gesagt: Jeder 9. Mensch in der Welt hat nicht genug zu essen.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFD) sagt dazu: „Hunger ist das größte lösbare Problem
weltweit”. Wenn jeder Mensch in Deutschland monatlich 60 Euro für die Bekämpfung des Hungers
spenden würde, wäre der Hunger bereits besiegt. So wenig reicht schon aus.
Wer Hunger leidet, braucht auch Kleidung, denn bevor er sich Kleidung besorgt, wird er immer
Essen beschaffen. Aber das ist, wie gesagt, doch recht weit weg.
Näher als die Hungernden sind uns wohl die Fremdlinge, obwohl wir sie gar nicht so deutlich wahrnehmen.
Menschen, die als Flüchtlinge hierher kommen, aber auch solche, die schon seit Jahren unter uns leben.
Haben wir sie besucht? Haben wir ihnen das Gefühl gegeben, dass sie hier willkommen sind? Haben wir sie
uns zu Freunden gemacht?
Eine Menge Vorurteile und Halbwahrheiten oder Gerüchte, deren Wahrheitsgehalt nicht festgestellt werden
kann, schwirren in den Köpfen herum, beißen sich dort fest und hindern uns, auf die Menschen zuzugehen,
die uns fremd sind. Terroristen, die sich auf den Islam berufen, tun ihr Übriges, um die Angst vor
muslimischen Mitbürgern zu schüren.
Dabei sehnen sich die meisten der „Fremden” nach einem freundlichen Wort, nach einem
Zeichen, dass sie willkommen sind, dass sie hier nicht auf sich alleine gestellt oder gar nicht
willkommen sind, sondern damit rechnen können, dass sie Hilfe empfangen, wenn sie sie brauchen.
Jesus war der mitfühlendste Mensch, den die Welt je kannte. Er ist der Hohepriester, der mit uns leidet
– oder vielleicht nicht mit uns, weil es uns ja doch recht gut geht, sondern mit unseren Mitmenschen.
Wenn wir ihm nachfolgen wollen, dann heißt das, ebenso mitfühlend zu sein, die Not der anderen Menschen zu
erkennen und für sie da zu sein. Es heißt, unsere Ängste abzulegen, Vorurteilen keinen Raum zu geben und
offen und ohne Vorbehalte auf unsere Mitmenschen zu zu gehen.
Denn in der Tat brauchen wir keine Angst zu haben. Wir wissen ja, dass wir in Gott geborgen sind.
So gehen wir unseren Weg zum Thron der Gnade, indem wir auch unseren Mitmenschen gegenüber die Gnade Gottes
spürbar machen.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
O König aller Ehren (EG 71, 1.3-5)
Singen wir heut mit einem Mund (EG 104)
Gott ist gegenwärtig (EG 165)
Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all (EG 293)
Ach bleib mit deiner Gnade (EG 347)
Es kennt der Herr die Seinen (EG 358, 1-4.6)
Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr (EG 382)
Gott ruft dich, priesterliche Schar (KHW-EG 587)
Predigtvorschläge zu Reihe II - Gen 3, 1-19(20-24)
Liebe Gemeinde!
Was wäre das wohl für ein Leben, wenn Eva damals nicht von der Frucht des Baumes der Erkenntnis gegessen hätte?
Was, wenn sie Adam nicht ebenfalls dazu ermutigt hätte, davon zu essen?
Was, wenn Adam ihr widerstanden hätte?
Was, wenn er Eva daran gehindert hätte, hinein zu beißen?
Ach, warum frage ich: es war ja die Schlange, das listigste aller Tiere auf dem Feld, die uns
die Möglichkeit geraubt hat, die Antwort auf diese Fragen zu finden.
Ohne die Schlange wären wir wohl noch im Paradies, würden die Fürsorge und Nähe Gottes genießen,
müssten keine Hungersnot oder Naturkatastrophe fürchten, ja selbst der Tod wäre uns unbekannt.
Oder etwa nicht? Hat die Schlange wirklich etwas ganz Neues hervorgebracht? Oder hat sie nur etwas
ausgelöst, was schon immer Bestandteil unserer menschlichen Natur gewesen ist und bis heute bleibt
und darum früher oder später auch ohne sie zum Vorschein gekommen wäre:
das Verlangen nach Mehr, die stete Unzufriedenheit mit dem, das uns gegeben ist, die Sehnsucht, das
Wirklichkeit werden zu lassen, wovon wir träumen, was aber nicht Wirklichkeit ist.
Vermutlich wären wir auch ohne Schlange heute nicht mehr im Paradies. Irgendwann hätten Adam und
Eva doch nach der Frucht gegriffen.
Das Verbotene hat ja doch schon immer einen besonderen Reiz gehabt. Wer wird nicht neugierig, wenn
gesagt wird: es ist verboten, in die Dose hinein zu schauen? Wen reizt es nicht, wenn da steht
„Betreten verboten”?
Es braucht keine Schlange, um das Verlangen nach dem Verbotenen zu wecken.
Also lassen wir die Schlange Schlange sein und wenden uns dem zu, der uns das Paradies ein für
alle mal versperrt hat: Gott.
Denn, ist es nicht so: er hätte uns doch ein bisschen gefügiger erschaffen können, ein bisschen
gehorsamer.
Warum konnte er es denn nicht so einrichten, dass uns jeglicher eigener Wille fehlte,
dass wir niemals seinen Willen hinterfragten und so auch nie das Paradies auf's Spiel setzen würden?
Ich will diesen Gedanken etwas weiterspinnen, vielleicht hilft es uns, eine Antwort zu finden.
Stellen wir es uns nur einmal für einen Moment vor, wie es wäre, wenn uns dieses Verlangen, mehr zu
wissen, mehr zu können, mehr zu lernen, alles besser zu machen, fehlte.
Was für eine Welt wäre das? Paradies? Wohl kaum. Wir wären zwar wunschlos, aber keineswegs glücklich.
Denn wenn es nichts gibt, nach dem es sich zu streben lohnt, dann kann es auch keine Freude
darüber geben, es erreicht zu haben.
Auf der anderen Seite gäbe es allerdings auch keinen Grund, sich vor irgendetwas zu fürchten.
Es gäbe keine Verbrecher, keine Kriege, keine Hungersnot, denn es gäbe niemanden, der den anderen beneidete.
Es gäbe niemanden, der versuchte, reicher und reicher zu werden ohne Rücksicht auf seine Mitmenschen,
obwohl er längst viel mehr zusammengetragen hat, als er jemals in seinem Leben wieder sinnvoll ausgeben könnte.
Es gäbe niemanden, der achtlos an seinem Nachbarn vorüberginge, obwohl dieser gerade jetzt
die Nähe eines verständigen Menschen bräuchte.
So schön es ist, stellt sich doch die Frage: Ist das Paradies, so gesehen, nicht langweilig?
Gott wusste schon, warum er uns so geschaffen hat und nicht anders, warum er uns dieses Verlangen
mit in die Wiege legte und auch die Freiheit gab, selbst eine Entscheidung zu fällen.
Denn erst so wird unser Leben interessant, gibt es Überraschungen und Entdeckungen, gibt
es Erfolgserlebnisse und natürlich auch die Niederlagen.
Erst so können wir überhaupt begreifen, was es bedeutet, Ebenbild Gottes zu sein.
Erst so werden wir in die Lage versetzt, Verantwortung zu übernehmen.
Es mag eine Zeit gegeben haben, so wie es uns diese Geschichte erzählt, in der die Menschen das
Paradies bevölkerten.
Aber der ihnen eigene Drang nach mehr musste eines Tages dazu führen, dass diese Zeit ein Ende hat.
So oder so: Gottes Gebot würde von den Menschen gebrochen werden, das Paradies würde für uns
verschlossen werden. Und es geschah so.
Ich möchte den Ausschluss aus dem Paradies nicht als Strafe ansehen. Es ist vielmehr der Anfang
der Verwirklichung dessen, wozu Gott uns im wahrsten Sinn geschaffen hat.
Solange der Mensch im Paradies war, trug er keine Verantwortung, denn die lag allein in den Händen
Gottes. Doch jetzt ist sie uns übergeben.
Gott schenkte uns von Anfang an die Freiheit zur Entscheidung, das Richtige zu tun – oder das Falsche.
Die Schwierigkeit ist, zu erkennen, was richtig oder falsch ist.
Gott hat uns dazu Richtlinien an die Hand gegeben. Sein Gesetz ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen
können und der eigentlich schon deutlich genug sagt, was geht und was nicht.
Aber wenn man frei ist, dann hört man nur ungerne das Wort »Gesetz«, man hört nur ungerne „Du
sollst” oder „Du sollst nicht”..
Jedes Gesetz wird vielmehr hinterfragt, vieles wird in seinen historischen Kontext eingeordnet und
damit für unsere Zeit als ungültig oder zumindest unbedeutend erklärt.
Zum Beispiel die Aufforderung im 1. Brief des Paulus an die Korinther, dass die Frau ihr
Haupt beim Gebet bedecke.
Jesus leistet uns dabei Schützenhilfe, indem er die Gesetzlichkeit seiner Zeitgenossen anprangert und
verkündet, dass Gesetze um der Menschen willen gemacht sind und nicht die Menschen um der Gesetze willen.
Der Mensch braucht Freiheit, um sich weiter entwickeln zu können, und keine Schranken, die ihn daran hindern.
So richtig das ist, so sehr frage ich mich allerdings, ob wir dabei nicht manches Mal über das
Ziel hinaus schießen und den zweiten Schritt vor dem ersten machen:
Sollen wir wirklich weiter Atomkraftwerke betreiben, wo wir doch bis heute nicht wissen, wie wir die
radioaktive Strahlung in den Griff bekommen und was mit dem nuklearen, radioaktiven Müll geschehen kann?
Sollen wir wirklich soviel Kraft in die Erforschung der Gene investieren, um am Ende womöglich in der
Lage zu sein, Clone zu erschaffen – womöglich nur als Ersatzteillager – obwohl wir es bis heute nicht
geschafft haben, Krankheiten wie AIDS oder Krebs auszurotten?
Sollen wir wirklich Waffen erfinden, herstellen und dann womöglich auch einsetzen, die in der Lage sind,
mit einem Schlag riesige Flächen zu zerstören und damit natürlich auch tausende von Menschen zu töten?
Ich gebe zu: es ist aufregend, immer Neues zu entdecken.
Die Erfindungsgabe des Menschen scheint keine Grenzen zu kennen.
Was vor dreißig Jahren noch unmöglich erschien, ist heute schon selbstverständlich geworden.
Im 19. Jahrhundert hat man oft noch die Eisenbahn als Werk des Teufels angesehen. Heute schmunzeln wir über
solch eine Einstellung, weil wir längst erfahren haben, wie sinnvoll, sicher und gut dieses Verkehrsmittel ist.
Der Mensch ist zum Fortschritt geboren, und es scheint da auch wirklich keine Grenzen zu geben.
Nur den Tod haben wir nicht im Griff und werden wir auch in Zukunft icht in den Griff bekommen.
Es ist vielleicht die einzige Grenze, aber sie hat auch so etwas wie eine Signalfunktion. Denn sie erinnert
uns daran, dass nicht jede Entwicklung, nicht jeder Fortschritt gut ist.
Doch lassen wir uns nicht gerne bevormunden. Das ist uns schon in die Wiege gelegt. Wir möchten uns in
unserer Freiheit, in unserem Entdeckerdrang nicht einschränken lassen.
Wir wollen Freiheit und vergessen dabei, dass wir nie, keinen Moment unseres Lebens, wirklich
unabhängig sind. Im Gegenteil.
Unsere Freiheit ist nicht grenzenlos, sie ist eingebunden in die Verantwortung, die Gott uns
übertragen hat, schon vom ersten Tage der Schöpfung an.
Gott hat uns verantwortlich gemacht für das Leben in dieser Welt.
Das ist eine enorme Aufgabe. Aber auch eine lohnenswerte Aufgabe:
Wäre es nicht lohnenswert, wenn man als Unternehmer seine Gewinne nicht mit Aktionären, sondern
mit den Mitarbeitern teilte, die maßgeblich an diesem Gewinn mitgewirkt haben?
Wäre es nicht lohnenswert, wenn man als Politiker Friedensverträge aushandelte, ohne einen einzigen
Tropfen Blut zu vergießen und ohne mit einem überwältigenden Waffenarsenal zu drohen?
Wäre es nicht lohnenswert, wenn man als Ehepartner alles daran setzte, die Ehe zu erhalten, indem man das
Vertrauen des Partners oder der Partnerin nicht missbraucht, sondern sich Zeit nimmt für einander und
seine Wertschätzung füreinander zum Ausdruck bringt?
Wäre es nicht lohnenswert, wenn man als wohlhabender Mensch einen Teil seines Wohlstandes abgibt,
damit Menschen, die Hunger leiden, geholfen werden kann?
Wäre es nicht lohnenswert, wenn man als Nächster seinen Nächsten aufsucht und ihm zur Seite steht,
wenn dieser Hilfe braucht?
Gott hat uns eine Verantwortung übertragen. Sie besteht nicht darin, unsere Freiheit bis zum
Letzten auszunutzen, sondern darin, sie zum Wohle der ganzen Schöpfung einzusetzen.
Ich gebe zu, dass ich darin oft versage.
Und ich hätte sicherlich schon längst mit meinen Bemühungen aufgehört, wenn ich nicht
wüsste, dass Gott auch aus meinem Versagen noch Gutes entstehen lassen kann.
Das Paradies – vielleicht besteht es ja darin, dass ich mir die Freiheit nehme, die
Verantwortung, die Gott mir übertragen hat, wahrzunehmen.
Das Paradies – vielleicht besteht es ja darin, dass wir versuchen, anderen Menschen
eine Paradieserfahrung zu ermöglichen.
Das Paradies – es besteht sicher darin, dass wir im Glauben die Vergebung Gottes
durch Jesus Christus annehmen können, wenn wir versagen.
Eins ist gewiss: wir entfernen uns immer mehr vom Paradies, je weniger Zeit wir uns
nehmen, inne zu halten.
Zeit, um darüber nachzudenken, was wichtig ist, für mein Leben und das meiner Mitmenschen.
Und Zeit, um still zu werden vor Gott, der uns trotz aller Ferne, die wir seit Adam und Eva
erleben, doch in Jesus Christus ganz nah gekommen ist.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Christe, du Schöpfer aller Welt (EG 92)
O Tod, wo ist dein Stachel nun (EG 113, 1-2.6.8)
Gott, der Vater steh uns bei (EG 138) - enthält aber „Halleluja”, das in der Fastenzeit nicht gesungen werden soll
O Herr, nimm unsre Schuld (EG 235)
Und suchst du meine Sünde (EG 237)
Erhebet er sich, unser Gott (EG 281)
Aus tiefer Not schrei ich zu dir (EG 299)
Nun freut euch, lieben Christen gmein (EG 341)
All unsre Schuld vergib uns, Herr (EG 344, 6-9)
Die ganze Welt hast du uns überlassen (EG 360)
Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer (KHW-EG 610)
Predigtvorschläge zu Reihe IV - 2. Kor 6, 1-10
Liebe Gemeinde,
„Womit habe ich das verdient?“, fragte sich die Frau, die plötzlich von einem Nachbarn,
den sie nur flüchtig kannte, einen Strauß leuchtender Frühlingsblumen erhielt. Sie war
schon viele Jahre allein in ihrer Wohnung, nachdem ihr Mann gestorben war. Selten kam
sie mit anderen Menschen in Kontakt – meist war es nur dieser Nachbar, der sie freundlich
grüßte. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die gerne Kontakt suchen. Der Tod ihres Mannes
hatte ihr sehr zu schaffen gemacht. Sie waren ein Herz und eine Seele gewesen.
Und nun das, ein Blumenstrauß vom flüchtig bekannten Nachbarn. Nein, er wollte sicher keine
Avancen machen, dafür war er viel zu jung: so Mitte zwanzig etwa. Sie aber war schon 73
Jahre alt.
Es fiel ihr schwer, diese Blumen anzunehmen, und doch freute sie sich unbändig über sie.
Wie lange war es her, dass sie solche Blumen in ihrem Wohnzimmer stehen hatte? Es war ihr
nie danach gewesen, selbst solche Blumen zu besorgen, nachdem ihr Mann gestorben war.
Jetzt freute sie sich an den Farben. Frühling! Neues Leben, Neuanfang. Sie hatte längst
den Herbst ihres Lebens angetreten. Doch nun trat der Frühling noch einmal in ihr Leben
ein.
Es war ein eigenartiges, zugleich aber auch schönes Gefühl. Sie fühlte die Kraft in sich
wachsen und verspürte Lust, wieder etwas Neues zu beginnen. Ihr Leben änderte sich. Sie
blühte auf, wie eine Frühlingsblume, knüpfte wieder Kontakte, kam aus ihrem Schneckenhaus
heraus.
Sie suchte Kontakt – auch zu diesem jungen Nachbarn. Sie erzählte ihm nach und nach
ihre Lebensgeschichte – die Erfahrungen des Krieges, die sie als junge Frau gemacht
hatte, die schwer zu ertragende Erkenntnis, dass sie nie eigene Kinder haben würde,
die Krankheit und der Tod ihres Mannes – all diese Dinge konnte sie nun endlich einmal
ablegen, weitergeben, damit sie nicht vergessen wurden, wenn sie einmal sterben würde.
„Womit habe ich das verdient?“, war ihre Frage am Anfang gewesen.
Ein einfacher Blumenstrauß, der ihr Leben veränderte, denn es war kein Zeichen der
Zuneigung. Es war keine Reaktion auf etwas, das sie zuvor getan hatte. Es war auch
kein Versöhnungsversuch. Es war ein völlig unverdientes Geschenk.
Wir nennen ein solches unverdientes Geschenk auch Gnade. Keine herablassende Gnade,
die es ja auch gibt, wenn einer, der Macht über einen anderen hat, darauf verzichtet,
von seiner Macht Gebrauch zu machen. Es ist Gnade, die sich auf der gleichen Ebene
vollzieht. Der junge Mann hat keine Macht über die alte Frau, sondern er ist ihr im
Grunde ebenbürtig. Er mag ihr zwar kräftemäßig überlegen sein, aber an Erfahrung ist
sie unvergleichlich reicher.
Das Wesentliche ist aber: der junge Mann hatte nie im Sinn gehabt, mit seinem Geschenk
ein Kräfteverhältnis festzuschreiben. Er hatte die Frau, solange er in der Wohnung
gegenüber wohnte, beobachtet. Er hatte gesehen, wie ihr Leben im Grunde immer kleiner
wurde, wie sie sich immer mehr zurückzog. Und er wollte ihr mit diesen Blumen ein Signal
geben: da ist mehr. Das Leben ist noch nicht zu Ende.
Die Frau hatte das Signal verstanden, sie war darauf eingegangen. Und so hatte sie noch
einige glückliche Jahre, bevor sie schließlich ihrem Mann nachfolgte.
„Jetzt ist die Zeit der Gnade“, sagt Paulus, „jetzt ist der Tag des Heils“. Jetzt. Nicht
irgendwann, morgen, in einer Woche, in einem Jahr, sondern jetzt.
Gottes Gnade gilt uns: auch dies ist keine Gnade dessen, der Macht über uns hat, sondern
dessen, der sich erniedrigt hat, der Mensch geworden ist, der nicht größer sein wollte
als wir, sondern der sich klein machte, alles aufgab, was ihn über uns erhob. Gottes Sohn,
Mensch gewordener Gott, er ist es, der uns dieses Geschenk der Gnade macht, am Kreuz,
durch seinen Tod und seine Auferstehung.
Gott macht uns ein unverdientes Geschenk durch seinen Sohn – nicht von oben herab, sondern
in geschwisterlicher Verbundenheit. Er vergibt uns – all das, was auf unseren Seelen lastet,
er nimmt es von uns und eröffnet uns damit eine neue Lebensperspektive.
Es gibt also nichts Trennendes mehr, nichts, das zwischen ihm und uns steht. All das,
was uns Angst gemacht, was uns niedergedrückt hat, ist fort, auch der Tod.
Es ist im Grunde ganz so wie zwischen diesem jungen Mann und der alten Frau: Gott schenkt
uns Blumen. Unverdient. Schöne, wunderschöne Frühlingsblumen, die uns den Beginn des neuen
Lebens, das er uns ja schon versprochen hat, bereits ankündigen. Sollten wir das ablehnen?
Es fällt schwer, es anzunehmen. Denn es ist ja so, dass, wenn uns etwas gegeben wird, wir
sogleich fragen, was dafür von uns erwartet wird. Wir leben in einer Gesellschaft, in der
man nichts bekommt, ohne dass man etwas dafür tut. Sie kennen das sicher: wenn wir jemandem
zum Geburtstag ein Geschenk machen wollen, dann überlegen wir, was wir von dieser Person
bekommen haben, und suchen etwas Gleichwertiges aus, um es dann bei deren Geburtstag als
Geschenk mit zu bringen.
Doch Gott will nichts von uns, außer, dass wir seine Liebe annehmen. Lange genug haben Menschen
versucht, die Gnade Gottes zu erkaufen, und es nicht geschafft. Denn Gnade kann nicht gekauft
werden – sie wird geschenkt.
Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils. Dankbar dürfen wir das Geschenk
Gottes annehmen – jetzt, heute.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Lob, Preis und Dank, Herr Jesu Christ (EG 33, 3)
Wir danken dir, Herr Jesu Christ (EG 79)
Allein auf Gottes Wort will ich (EG 195)
Wohl denen, die da wandeln (EG 295)
Es ist das Heil uns kommen her (EG 342)
Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ (EG 343)
Von Gott will ich nicht lassen (EG 365)
Du höchstes Licht, du ewger Schein (EG 441)
Predigtvorschläge zu Reihe VI - Mt 4, 1-11
Liebe Gemeinde!
Vierzig Tage und vierzig Nächte – eine lange Zeit. Allein in der Wüste, ohne Nahrung – das
ist nicht nur eine Herausforderung. Der Körper wird an seine äußersten Grenzen geführt.
Ob es nun wirklich 40 Tage und Nächte waren (Mediziner halten das für unmöglich), sei einmal dahin gestellt.
Die Zahl 40 stellt aber eine Verbindung her zur Geschichte des Gottesvolkes: 40 Tage dauerte der Regen der
Sintflut (Gen 7, 12), Mose war 40 Tage auf dem Berg Sinai, 40 Jahre wanderte das Volk Israel
durch die Wüste, und Elia brauchte 40 Tage, um zum Berg Horeb zu gelangen. Die Zahl 40 steht im Kern
für wesentliche Veränderungen, sie führt hin zu etwas Neuem.
Das Fasten hat in der Regel auch einen guten Effekt: Das Verlangen nach Nahrung lässt nach, es bestimmt
nicht mehr einen guten Teil der eigenen Existenz, wie es sonst üblicherweise der Fall ist.
Man wird frei für die Begegnung mit Gott.
Aus diesem Grund hatte sich Jesus zu Beginn seiner Wirksamkeit, nach seiner Taufe, in die
Wüste aufgemacht und eben diese Strapaze auf sich genommen. Dort wollte er Gott begegnen.
Doch merkwürdigerweise begegnet ihm nicht Gott, sondern der Teufel. Vielleicht waren die
Tage zuvor ja noch zu ertragen gewesen, aber nun war der Körper so geschwächt, dass er
wieder nach Nahrung verlangte. Es hungerte ihn, schreibt der Evangelist Matthäus.
Der Versucher nutzte die Gelegenheit: Du kannst es doch – lass diese Steine Brot werden.
Du bist doch der Sohn Gottes! Oder etwa nicht?
Geschickt versucht er, Jesus aus der Reserve zu locken. Er stellt nicht das Stillen des
Hungers in den Vordergrund, sondern den Beweis, dass er der Sohn Gottes ist. Das müsste
Jesus doch bei seiner Ehre packen. Aber im Gegenteil.
Jesus antwortet mit einem Zitat aus der Heiligen Schrift: „Der Mensch lebt nicht vom Brot
allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ (5. Mose 8, 3)
Noch zweimal wird Jesus versucht: Beim nächsten Mal will der Teufel sein Gottvertrauen
herausfordern, beim dritten Mal seine Machtgier. Während er bei den ersten beiden Malen
die Gottessohnschaft Jesu in Frage stellt mit dem einleitenden „Bist du Gottes Sohn“, so
tut er das beim dritten Mal nicht mehr. Es geht nicht mehr um den Beweis der Gottessohnschaft,
der Teufel braucht ihn ja auch gar nicht. Jetzt redet er mit ihm wie ein Geschäftsmann, von
Auge zu Auge, und verfügt über Dinge, die ihm allerdings nicht gehören – oder doch?
Nun, wenn Menschen sich lieber solcher Macht hingeben und nach ihr streben, dann sind sie
wohl in der Hand des Teufels, dann sind sie sein Eigentum. Und dann kann er wohl auch sagen:
Das alles will ich dir geben: Fürsten und Untertanen, Berge und Täler, Häuser, Vieh, kurz:
alles, was Menschen sich zu eigen gemacht haben in dem Verlangen, besser da zu stehen als
andere und letztlich auch unabhängig zu werden von der Liebe und Fürsorge Gottes.
Für uns heute ist es natürlich schwer, vom Teufel als einer greifbaren Gestalt zu sprechen.
Es macht es zwar einfacher, mit den Versuchungen umzugehen, denn man hat ein Gegenüber,
gegen das man sich zur Wehr setzen oder auch gegenüber dem man kapitulieren kann.
Aber er ist wohl doch keine greifbare Gestalt, die man dann auch einfach so aus seinem Leben aussperren
könnte.
Der Versucher sitzt uns gewissermaßen im Nacken, er taucht immer wieder auf, ganz unvermittelt,
er ist ein Teil von uns, von einem jeden Menschen. Auch der fromme, der gläubige Mensch ist
in keiner Weise davor gefeit. Da gibt es Bibelstellen für jede Entscheidung, auch für die
falsche, und so kann man sich unter dem Deckmäntelchen der Frömmigkeit durchaus der Versuchung
hingeben, alles so zu deuten, dass es den eigenen Vorstellungen und Wünschen am ehesten entspricht. -
Jesus ging in die Wüste, um Gott zu begegnen. Ob er mit dem Versucher rechnete, das weiß man
nicht. Fest steht nur, dass er das Ziel nicht aus den Augen verloren hat, als der Versucher
ihm in den Weg trat, nämlich: Gott zu begegnen. Dafür hatte er ja die Stille und Einöde der
Wüste gesucht.
Es hätte wohl die Welt untergehen können: Jesus wäre diesem ersten Ziel treu geblieben.
Dazu werden auch wir ermutigt durch diese Erzählung. Wie schwer das fällt, erkennen wir an dem
was in dieser Erzählung sich ereignet. Noch schwerer wird es, wenn wir gar nicht so genau
wissen, was eigentlich unser Ziel ist.
Ist es das persönliche Seelenheil? Ist es die Durchsetzung der persönlichen Wünsche und Ansprüche?
Oder ist es eine friedvolle Gemeinschaft mit allen Menschen?
Wozu hat Gott uns berufen? In der Bibel gibt es dazu eine ganze Reihe von Aussagen:
Gott hat uns zum Frieden berufen (1. Kor 7, 15; Kol 3,15), in die Gnade Christi hinein (Gal 1, 6),
zur Freiheit (Gal 5, 13), zur Hoffnung (Eph 1, 18), zu seinem Reich (1. Thess 2, 12), zum ewigen
Leben (1. Ti 6, 12), zu seinem wunderbaren Licht (1. Petr 2, 9), zu seiner ewigen Herrlichkeit
(1. Petr 5, 10), und schließlich zum Hochzeitsmahl des Lammes (Offb 19,9).
Das ist unser Ziel, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen in allem, was geschieht. Da mag
der Versucher uns im Nacken sitzen und das Gefühl geben, dass das Ziel längst erreicht sei, aber
so ist es nicht. Noch ist es ein Ringen, das nicht jeder für sich, sondern wir alle als Gemeinde
Jesu Christi durchstehen, ja, durchkämpfen müssen.
Noch kann uns der Versucher große Versprechen machen, noch kann er es versuchen, uns bei unserem
Stolz als gläubige Christen, die sich von den anderen in irgendeiner Weise unterscheiden wollen,
packen. Es liegt an uns, das abzuwehren und bei dem einen zu bleiben, was wir auch im Glaubensbekenntnis
immer wieder bekennen:
die Gemeinschaft der Heiligen.
Diesen Anspruch müssen wir uns nicht erst verdienen, denn wir sind es schon: Heilige, berufen
durch die Gnade Gottes, die uns heilig macht.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Der Teufel brächt uns gern zu Fall (EG 6,4)
Nun jauchzet, all ihr Frommen (EG 9, 1.3-5)
O König aller Ehren (EG 71, 1.5.6)
Drum auf, mein Herz, fang an den Streit (EG 114, 7.8)
Komm, o komm, du Geist des Lebens (EG 134, 1-2.6-8)
Gott der Vater steh uns bei (EG 138)
Herr Christ, dein bin ich eigen (EG 204)
Dass Jesus sieget, bleibt ewig ausgemacht (EG 375)
In dir ist Freude (EG 398) - enthält "Halleluja"
Meine engen Grenzen (KHW-EG 584)