Die Christnacht ist wohl der bedeutendste Gottesdienst
im Verlauf des Christfestes, denn er markiert die Stunde der Geburt Jesu.
Die Predigttexte sind allerdings die weniger vertrauten Texte, wohl deswegen,
weil die Christnacht früher selten gefeiert wurde und längst nicht so populär
ist wie die Christvesper. Die Predigttexte der Christnacht sind mit denen der
Christvesper
jedoch austauschbar.
Die Christenheit hat schon früh diese Nacht durch einen Vigilgottesdienst
(Vigil = Wache), der die ganze Nacht hindurch dauerte, besonders gefeiert. Ein solcher
Vigilgottesdienst hat den Charakter eines Weges, den die Gemeinde zum eigentlichen Fest
beschreitet, das mit einer festlichen Messe begangen wird. So werden in
der Nacht biblische Texte gelesen, die die Heilsgeschichte Gottes mit dieser Welt verdeutlichen
und zeigen sollen, wie die Verheißungen des AT in Christus erfüllt wurden.
Die Feier der Christnacht geschieht heute in der Regel nicht durch einen so
ausgedehnten Vigilgottesdienst, sondern durch einen einfacheren Gottesdienst,
in den aber Elemente der Vigil einfließen können. Den Abschluss dieser Feier
der Christnacht bildet möglichst die Feier des Heiligen Abendmahls.
In einem Vigilgottesdienst können folgende Lesungen verwendet werden (in der angegebenen Reihenfolge):
I: | 1. Mose 2, 15 - 3 24 | II: | Micha 5, 1-4a |
III: | Jes 9, 1-6 | IV: | Jes 11, 1-9 |
V: | Hes 37, 24-28 | VI: | Röm 1, 1-7 |
VII: | Mt 1, 1-25 |
Die folgenden Angaben finden sowohl im Vigilgottesdienst als auch in der Feier der Christnacht Anwendung.
Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)
I - 1. Tim 3, 16Groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.
Geheimnis des Glaubens - Wie kann man über ein
Geheimnis predigen? Das alleine stellt ja eigentlich schon einen Widerspruch
dar: eine Predigt ist das laute Hinausposaunen einer Botschaft, dahingegen wird
ein Geheimnis, wenn überhaupt, dann nur im Flüsterton weitergesagt,
denn es ist nicht für jede und jeden bestimmt.
Das Geheimnis, um das es
hier geht, ist aber nicht deswegen ein Geheimnis, weil es eben nur unter der
Hand, im Verborgenen, weitergegeben wird, sondern deswegen, weil es nicht vom
Verstand begriffen werden kann - es ist eine Sache des Glaubens, und genau
darum ein Geheimnis, denn Glaube ist etwas, das nicht gemacht wird. Glaube kann
zwar wachsen, aber der Same des Glaubens wird nicht von uns selbst
gesät.
Das, was geglaubt wird, ist uns klar: es ist Jesus Christus.
Dabei erscheint aber die Formulierung doch etwas eigenartig:
Er ist
'offenbart im Fleisch' passt gut zu diesem Tag, daran wird man sich
gerne lange aufhalten.
'Gerechtfertigt im Geist' wirft nun schon
einige Probleme auf. Was wird gerechtfertigt? Wohl seine Gottessohnschaft. Wie
hat der Geist dies gerechtfertigt? Wohl am ehesten in seiner Taufe durch
Johannes, als der Geist auf ihn herabkam. Vielleicht aber auch dadurch, dass
der Geist denjenigen, die an ihn glauben, auch zugleich die Gewissheit schenkt,
dass Jesus Gottes Sohn ist (ergänzend noch der Hinweis auf Röm 1,4,
wonach der Geist Jesus als Sohn Gottes einsetzt durch die Auferstehung).
'Erschienen den Engeln' scheint nun gar nicht zu passen. Es findet
sich dazu keine Parallele. Wann auch könnte ein Mensch Zeuge eines solchen
Ereignisses gewesen sein? Ist hier vielleicht eine Anspielung auf die
Verklärung zu vermuten?
Dass Jesus 'den Heiden gepredigt' wurde
und 'in der Welt geglaubt' wird, ist deswegen an dieser Stelle
herausgehoben, weil er eben nicht nur dem Volk Israel gilt, sondern der ganzen
Welt. Diese Tatsache ließen zwar die Judenchristen nur ungerne gelten,
konnten aber nicht umhin, sie zu akzeptieren, da die Gemeinde der Heiden stetig
wuchs. Also ist auch dieses Wachsen der Gotteserkenntnis, des Glaubens an Jesus
Christus, ein wichtiger Beleg für den Glauben.
'Aufgenommen in die
Herrlichkeit' wurde Jesus nach seiner Auferstehung, zum Zeitpunkt der
Himmelfahrt. Dieses Ereignis ist noch einmal für den Glauben von
Bedeutung, weil nur dadurch auch die Gottessohnschaft Jesu letztgültig
belegt wird. Er ist nicht gestorben, sondern wurde in den Himmel
aufgenommen.
Wenn man sich diese Liste anschaut, erkennt man, dass bis auf
die Aussage über die Heidenpredigt und den Glauben in der Welt alles nicht
nachweisbare Aussagen sind, sondern tatsächlich solche, die nur der Glaube
erfahren kann. Insofern sind diese Aussagen also all denen verschlossen, die
nicht glauben, und somit ein Geheimnis.
Der kirchenjahreszeitliche
Zusammenhang wird durch die erste Glaubensaussage klar: offenbart im
Fleisch. Die Beschränkung auf diese Aussage allein wird dem ohnehin schon
kurzen Text, der allerdings reichlich Stoff enthält, zwar nicht gerecht,
wäre aber angesichts des Ereignisses, um das es an diesem Tag geht,
durchaus gerechtfertigt. Dabei wird sicher auch deutlich gemacht werden, dass
es um eine Glaubensaussage geht. Das Kind in der Krippe ist und bleibt ohne den
Glauben nur eines von vielen, unzähligen Kindern, die in der Armut geboren
werden und darum unser Herz anrühren. Das Kind Jesus wird dadurch, dass
wir all die anderen Dinge dieses Verses ebenfalls in unserem Glauben erfahren,
erst ein besonderes Kind.
Für die Predigt wird es wichtig sein, zu
berücksichtigen, was für ein Publikum da zu erwarten ist. Es sind ja
keine Kirchenmäuse, die Sonntag für Sonntag eine Predigt hören,
sondern Menschen, die einmal im Jahr ihre Schwellenangst überwinden und -
meist um ihrer Kinder willen - den Gottesdienst besuchen. Da ist es schon gut,
wenn man versucht, die Botschaft so verständlich wie möglich zu
machen. Das Geheimnis des Glaubens sollte kein Geheimnis bleiben, sondern
gerade in diesem Gottesdienst allen leuchtend sichtbar werden!
Zu Bethlehem geboren (EG 32)
Dies ist der Tag, den Gott gemacht (EG 42)
Freu dich, Erd und Sternenzelt (EG 47)
Vater im Himmel,
wir feiern die Geburt deines Sohnes. Wir sehnen uns nach Geborgenheit und Frieden und bitten dich:
hilf, dass wir beides erfahren.
Doch wollen wir nicht für uns selbst bitten, sondern für die Menschen, denen es schlechter geht als uns.
Wir bitten dich, dass allen Menschen das Wunder dieser Nacht offenbar wird, dass sie erkennen, wie sehr du uns liebst.
Wende dich denen zu, denen es schwer fällt, deine Liebe zu spüren:
• den Gefangenen
• den Kranken
• den von Krieg betroffenen
• den Hungernden
• den Obdachlosen
• den Asylsuchenden
• den Einsamen
• den Trauernden
Herr, du weißt, wo wir helfen können, und so bitten wir dich: sende uns dorthin.
Lass uns deine Liebe hinaustragen in die Welt, damit spürbar wird die Herrlichkeit deines Reiches, von
dem du uns durch Jesus Christus schon ein kleines Stück hast schauen lassen.
Dir gebührt die Ehre und der Ruhm allein.
Amen
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