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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe II - Hebr 13, 8-9b
Liebe Gemeinde,
Eigentlich ist es ja Unfug, diesen Tag besonders zu begehen. Denn wir könnten
ihn genauso gut gestern oder morgen feiern, oder irgendwann anders.
Unsere katholischen Geschwister haben wenigstens einen Anlass, indem sie an den
Heiligen Silvester, der im 4. Jahrhundert Papst war, erinnern. Während seiner
Amtszeit wurde der christliche Glaube von Kaiser Konstantin angenommen und der
Kirche entsprechende Freiheit in der Verkündigung des Evangeliums gewährt. So
sorgte Silvester für eine Neuordnung der Kirche. Der letzte Tag des Jahres wurde
nach ihm benannt, weil er am 31. Dezember gestorben ist. Üblicherweise gedenkt
die Kirche ihrer Heiligen am Todestag als dem Tag, an dem sie in das Reich Gottes
hinein geboren werden.
Für uns als Protestanten sieht es da etwas farbloser aus. Eigentlich hat der 31. Dezember
nichts Besonderes an sich, außer eben dem Jahresende.
In Indien gibt es immer mehrere Neujahrsfeste über das Jahr verstreut, denn die verschiedenen
Bevölkerungsgruppen, die dort leben, haben alle unterschiedliche Kalender, die an einem
anderen Tag beginnen. Der Tamil-Kalender hatte Neujahr etwa am 14. April 2014, und die
Sikh-Gemeinde feierte Neujahr am 14. März, die Muslime feierten Neujahr dieses Jahr am
25. Oktober 2014 usw.
Bei manchen verschiebt sich der Neujahrstag Jahr für Jahr, weil er sich nach dem Mond und
nicht nach der Sonne richtet. Aber es gibt auch Sonnenkalender, die ein anderes Neujahr
haben als wir.
Die Jahreszählung ist, wir merken es, keine von Gott gegebene Angelegenheit, die uns
aufgetragen ist, unbedingt in einer bestimmten Weise zu beobachten. Unser Kalender ist
erst seit dem 16. oder gar 17. Jahrhundert in der Form im Gebrauch, wie wir ihn kennen –
je nachdem, in welcher Region man lebte.
So ist die Jahreszählung eine von Menschen erdachte Einrichtung, die allerdings schon
recht hilfreich ist. Mit ihr können wir Ereignisse ins rechte Verhältnis rücken. Wir
wissen, wie lang bestimmte Ereignisse zurück liegen, z.B. dass John Wiclif vor genau
630 Jahren gestorben ist, oder dass Kaiser Lothar III. vor 877 Jahren hier beigesetzt
wurde. Außerdem hilft uns unsere Zeitzählung, in die Zukunft hinein zu planen.
Der Jahreswechsel hat da, egal wann nun Neujahr ist, für die Menschen merkwürdigerweise
immer eine besondere Rolle gespielt. Der Wunsch, im neuen Jahr alles neu werden zu lassen
mit guten Vorsätzen und das Alte hinter sich zu lassen, ist da besonders stark. Man hat
das Gefühl, dass die eine veränderte Zahl einen solchen Wechsel im eigenen Verhalten
regelrecht provoziert.
Aber eigentlich müssten wir jeden Tag Altjahrsabend und Neujahr feiern. Denn im Grunde
geht es ja jeden Tag darum, das Alte zurück zu lassen und uns Neues vorzunehmen und es
dann auch durchzuführen. Denn das Problem mit den guten Vorsätzen für's neue Jahr
ist ja in der Regel, dass man sie nicht umsetzt.
Aber nun haben wir sie, die Zeit, und auch den Jahreswechsel. Wir können dabei feststellen,
dass die Zeit in einem steten Rhythmus vergeht, auch wenn wir manchmal das Gefühl haben,
dass die Zeit langsamer oder schneller verstreicht. Aber das ist nur unser subjektives
Empfinden.
Fest steht: Was gerade noch Zukunft war, ist schon jetzt vorbei; wir merken, wie die Zeit
verrinnt, und können nur in jedem Moment dessen inne werden: wir können sie nicht festhalten.
Da ist es gut, sich noch einmal den Spruch dieses Tages vorzunehmen und darauf zu hören:
Gott hat unsere Zeit in seinen Händen.
Dort ist sie in der Tat gut aufgehoben. Denn Er ist der Ewige, für den es kein Gestern
und kein Morgen gibt und auch kein Heute. Unsere Zeit – das ist alles, vom ersten Tag
unseres Lebens bis zum letzten, und das liegt in seiner Hand vor ihm, wie ein offenes
Buch.
Während uns die Vergangenheit zu belasten droht, sieht Gott das Ganze unseres Lebens.
Und vor allem: er sieht unser Herz. Er weiß, wie wir es meinen und gemeint haben. Er
ist bereit, all das, was vielleicht Schaden angerichtet hat, auf sich zu nehmen und
Wunden zu heilen, die einem auf unterschiedliche Weise zugefügt wurden.
Denn Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Er ist und bleibt der,
der für uns am Kreuz gestorben ist, damit wir von aller Sünde frei werden. Er heilt
unsere Wunden.
Und darum sollen wir nicht andere Wege suchen, um mit unserer Vergangenheit fertig zu
werden – denn Jesus Christus ist der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand sonst.
In ihm leben, weben und sind wir, (Apg 17, 28) wie der Apostel Paulus es so schön
umschreibt.
Dort ist unsere Heimat, in der gnädigen Liebe Gottes, auch hier in der Zeit.
Die Zukunft, die vor uns liegt, ist offen. Wir wissen nicht, was in dem neuen Jahr alles
geschehen wird.
Viele Menschen meinen, das Wichtigste sei, dass man gesund und fröhlich durch das neue
Jahr hindurch kommt. Das sehe ich allerdings anders.
Natürlich wünscht man sich, dass es einem gut geht und kein Unglück über einen kommt. Aber
um so schwerer wird es dann, mit solchem Unglück zurecht zu kommen, weil wir keinen Halt
haben außer der anfänglichen Hoffnung, dass so etwas nicht passiert – und diese Hoffnung
ist uns dann ja genommen.
Gott lädt uns anstelle dessen ein, unser Leben in seinem Licht zu sehen, als Menschen,
deren Zeit in seinen Händen steht, die von ihm geliebt sind, auf die er Acht hat.
In ihm sind wir geborgen – er ist unser Halt, was auch immer geschieht. Und wir wissen,
dass Anfang und Ende sein sind, dass wir teilhaben dürfen an der Ewigkeit, dass sein
Reich für uns offensteht. Und dort spielt die Zeit sowieso keine Rolle mehr.
Abend und Morgen sind seine Sorgen;
segnen und mehren, Unglück verwehren
sind seine Werke und Taten allein.
Wenn wir uns legen, so ist er zugegen;
wenn wir aufstehen, so lässt er aufgehen
über uns seiner Barmherzigkeit Schein.
Viel treffender als Paul Gerhardt in seinem bekannten Morgenlied „Die güldne Sonne“ kann
man wohl nicht zum Ausdruck bringen, mit welcher Haltung wir unsere Tage beginnen und
beenden sollen.
Dankbar dürfen wir jeden Tag aus seinen Händen nehmen, und dankbar legen wir ihn in seine
Hände zurück. Sorgen brauchen wir uns nicht zu machen, denn er sorgt für uns.
Und so gehen wir getrost in das neue Jahr, wohl wissend, dass wir das Ende des neuen
Jahres vielleicht nicht mehr erleben werden. Aber das liegt in Gottes Hand, und da ist
es gut aufgehoben.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Das alte Jahr vergangen ist (EG 59)
Der du die Zeit in Händen hast (EG 64)
Jesu, geh voran (EG 391)
Christe, du bist der helle Tag (EG 469)
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Predigtvorschläge zu Reihe V - Röm 8, 31b-39
Liebe Gemeinde,
Gott ist für uns, das ist das erste, was ich aus diesem Predigttext mitnehme,
aber nicht ganz unbeschwert und ohne Sorge. Denn unter einem solchen Slogan
wurden früher und werden auch heute noch Kriege geführt.
„Gott ist für uns“ ist hier aber auch nicht so gemeint, wie es jene gemeint
haben. Gottes „Für-Uns-Sein“ besteht nicht darin, dass er unsere Position
bestätigt und unsere Gegner niedermacht.
Diese Aussage ist vielmehr ganz anders gemeint: es geht nämlich um die Liebe
Gottes, die sich uns bedingungslos hingibt, mit der wir bedingungslos beschenkt
werden.
Gott ist für uns also nicht in dem Sinne, dass er sich an unsere Seite stellt
und mit uns in den Krieg zieht, sondern in dem Sinn, dass er uns als Menschen
ernst nimmt, sich uns in Liebe zuwendet und uns einen Ort schenkt, an dem wir
in Frieden sein können.
- Wir blicken auf ein Jahr zurück, das nicht so war wie die Jahre zuvor. Viele
Flüchtlinge kamen in unser Land, suchten hier Schutz und Sicherheit. An vielen
Orten in Deutschland haben sie diesen Schutz und diese Sicherheit auch gefunden,
an manchen aber nicht. Da gab es massive Anfeindungen bis hin zur mutwilligen
Zerstörung von Häusern, die eine Unterkunft für solche schutz- und hilfesuchenden
Menschen sein sollten.
Es ist beschämend und bedrückend, dass solcher Hass auch heute, 70 Jahre nach
dem Holocaust, noch möglich ist.
- Da waren die Terroranschläge in Paris, die uns den Atem stocken ließen und die
Angst vor Terroranschlägen auch in Deutschland derart schürten, dass manche große
Veranstaltung abgesagt wurde.
- Da waren die Naturkatastrophen, z.B. das Erdbeben in Nepal und die flutartigen
Regenfälle in Indien, die tausenden von Menschen das Leben und noch mehr Menschen
ihre Existenzgrundlage nahmen.
Und da waren dann all die Dinge in unserem persönlichen Leben und Erleben, erfreuliche
und weniger erfreuliche Begegnungen, Krankheit und Gesundheit, Freude und Leid.
Einige sind heute hier, die im ausklingenden Jahr ein besonderes Ereignis feiern
durften und den Segen Gottes empfingen.
Gott ist für uns – Sie haben vermutlich schon bemerkt, dass diese Worte etwas
anders klingen als das, was aus dem Römerbrief vorgelesen wurde. Dort heißt es:
Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? (Röm 8, 31b)
Es ist eine rhetorische Frage, die die Antwort „Niemand“ provoziert.
Man könnte den einleitenden Teil „Ist Gott für uns“ auch als Bedingung für die
eigentliche Frage verstehen, also: „Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen
uns sein?“, aber das würde die Aussage dann doch zu sehr abschwächen, denn es
gäbe dann ja auch die Möglichkeit, dass Gott nicht für uns ist.
Aber tatsächlich meint Paulus nichts anderes als das, was ich schon zum Ausdruck
brachte: Gott ist für uns. Denn das wird aus all dem, was er zuvor schreibt, mehr
als deutlich.
Gott ist also für uns. Nehmen wir das erst einmal in uns auf, nehmen wir es
wahr und nehmen wir es an:
Gott wendet sich uns zu. Wir sind seine Kinder. Und so wissen wir auch, wie
Paulus wenige Verse vorher sagt, dass uns alle Dinge zum Besten dienen.
Wir dürfen getrost sein, auch dann, wenn das Jahr nicht so verlaufen ist,
wie wir es uns wünschten, denn Gott ist bei uns, er lässt uns nicht allein.
Dass Gott kein Automat ist, in den wir unsere Wünsche reinstecken können,
damit sie dann irgendwie erfüllt werden, ist uns wohl allen klar.
Wir dürfen aber damit rechnen, dass er unsere Lebenssituation kennt, dass
er sie wahrnimmt und dass er uns auch in schweren Zeiten begleitet und
nahe ist. Wie gesagt: er lässt uns nicht allein.
Die tröstlichste Botschaft aus unserem Predigttext ist nun die:
Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch
Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes
noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in
Christus Jesus ist, unserm Herrn.
Für Paulus gibt es da keinen Zweifel: Gott und wir, die wir in der Taufe
zu seinen Kindern geworden sind, gehören untrennbar zusammen. Er weiß,
dass sein ganzer Weg ein von Gott begleiteter Weg ist. Und diese Gewissheit
will er mit uns teilen.
Wir wissen, dass ihn diese Überzeugung nicht zu einem Träumer machte. Im
Gegenteil. Er war sich der Gefahren dieser Welt durchaus bewusst.
Aber er sah ihnen furchtlos entgegen, denn er wusste, dass, was immer
auch geschehen würde, er Gott auf seiner Seite hatte – nicht zur
Bestätigung seiner Position, sondern schlicht als Hilfe und Halt,
falls er denn doch wieder ins Gefängnis geworfen, gefoltert oder
gar am Ende getötet werden sollte.
Ein unerschütterlicher Glaube in die unendliche Liebe Gottes macht ihn
fähig, einer ungewissen Zukunft getrost entgegen zu gehen.
Können wir das auch? Können wir mit solch einer Gewissheit ins neue
Jahr gehen? Ich wünsche es uns allen.
Was immer das neue Jahr bringen mag, was immer wir uns vornehmen, was
immer über uns kommt, ohne dass wir etwas tun könnten, um es zu verhindern:
lasst uns darauf vertrauen, dass Gott mit uns geht, dass er bei uns ist –
jeden Tag, jede Stunde. Denn nichts kann uns von seiner Liebe trennen –
absolut nichts.
So können wir aufrechten Ganges in das neue Jahr gehen, dankbar und getrost,
so wie es Dietrich Bonhoeffer in seinem Lied, das wir gleich singen werden,
auch zum Ausdruck bringt.
Amen.
Liedvorschläge zur Predigt:
Das alte Jahr vergangen ist (EG 59 - Wochenlied!)
Der du die Zeit in Händen hast (EG 64 - Wochenlied!)
Von guten Mächten treu und still umgeben (EG 65)
Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann von Golgatha (EG 93)
Jesus lebt, mit ihm auch ich (EG 115)
Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich (EG 351)
Mir ist Erbarmung widerfahren (EG 355)
Ich steh in meines Herren Hand (EG 374)
In dir ist Freude (EG 398)
Bei dir, Jesu, will ich bleiben (EG 406)
Singet frisch und wohlgemut (NB-EG 539)
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