das Kirchenjahr

6. Sonntag nach Trinitatis

Leben aus der Taufe

Predigtanregungen

Der 6. Sonntag nach Trinitatis konzentriert sich diesmal auf die Taufe als dem Beginn eines neuen Lebens. In diesem Zusammenhang wird auch der Gedanke eines „lebenslangen Bundes” aufgenommen. Der 6. und der 7. Sonntag nach Trinitatis könnten auch als „Sakramentssonntage” bezeichnet werden, denn an ihnen wird der Taufe und des Abendmahls in seiner Bedeutung für das Leben des Christen gedacht.

Zu den Perikopen

  • I: 1. Petr 2, 2-10

    Heutzutage sind wir solche Bildersprache kaum noch gewohnt. Was soll das Gerede von der „vernünftigen, lauteren Milch”, oder dem „lebendigen Stein”? Wenigstens ist uns als Christen das Wort vom Eckstein vertraut, und viele verstehen wohl, was damit gemeint ist. Aber dann begegnet uns das Wort von der „königlichen Priesterschaft” mit der sich wieder wenig anfängen lässt. Einfach über diese Bilder hinwegzugehen, wäre wohl nicht angemessen. Wollte man sie aber erklären, würde man dem Charakter des Textes nicht mehr gerecht.
    Das erste, was Säuglinge suchen, ist die nahrhafte Milch der Mutter, die alles enthält, was das Kind zum Schutz und Wachstum braucht. Das hatten die Menschen damals begriffen, das wissen wir auch heute. An dieser Vorstellung lässt sich leicht anknüpfen, nur dass es nicht so leicht fällt, sich Gott als stillende Mutter vorzustellen. Vielleicht ist das aber ein guter Anlass, einmal von den gewachsenen patriarchalischen Denkmustern abzuweichen und von Gott in ebendieser Weise zu reden. Dann ist Gott nicht mehr „er”, sondern „sie”, nicht mehr Vater, sondern fürsorgende und vor allem versorgende Mutter. Nirgendwo erfährt jedenfalls ein Säugling mehr Schutz und Geborgenheit als bei seiner Mutter. Das Verlangen nach der Milch entsteht aber in unserem Predigttext nicht aus Instinkt heraus, sondern weil wir schon einmal davon gekostet haben. Die Milch schmeckt nach mehr. Wir wollen bei der Quelle bleiben.
    Diese Quelle wird nun umdefiniert. Gott ist plötzlich nicht mehr Mutter, sondern ein lebendiger Stein. Das Attribut „lebendig” ist wohl notwendig geworden, weil ein Stein sonst für Kälte und Härte bekannt ist. Ein lebendiger Stein aber ist nicht kalt und hart. Insoweit zerstört im Grunde das zusätzliche Attribut das eigentliche Bild, denn man kann die Frage stellen, ob ein lebendiger Stein überhaupt in der Lage ist, die Funktion des Ecksteins, der einen ganzen Bau zusammenhält, wahrzunehmen. Dazu muss man sich den Bau selbst näher anschauen: es ist ja auch kein gewöhnlicher Bau, sondern ebenfalls ein Bau aus lebendigen Steinen, die nun die Gemeinde darstellen. Die Gemeinde wird also als ein wohl geplantes Gebäude verstanden - alle Teile gehören zusammen und ergeben nur so ein Ganzes. Das stellt die Spaltung der Kirche in viele verschiedene Gruppen in Frage.
    Schon hier wird der Gedanke der „heiligen Priesterschaft” eingeführt, später nun, nachdem etwas über den Eckstein nachgedacht wurde, wird die Gemeinde sogar als „königliche Priesterschaft” bezeichnet. Priester dienen Gott - die Gemeinde dient Gott auf vielfältige Weise, im Gottesdienst genauso wie im alltäglichen Leben. Diese alltägliche Leben ist Verkündigung, wobei man nicht unbedingt von verbaler Verkündigung reden muss.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang wird nicht ganz deutlich, da der Bezug zur Taufe eigentlich fehlt. Man könnte eine Brücke von den neugeborenen Kindern her schlagen, da man dort ja am ehesten an Taufe denkt, aber das würde dem Text wohl Gewalt antun. Vielmehr könnte man die Taufe als das erste Probieren der „lauteren Milch” ansehen, woraufhin ein Streben nach Gott einsetzt. In diesem Streben kommt es darauf an, dass wir uns bemühen, teilzunehmen am Bau des geistlichen Hauses und an der heiligen Priesterschaft. Das ist Leben aus der Taufe.
    Die Predigt sollte auf jeden Fall die Bildsprache aufnehmen und nicht in Erklärungen der Bilder steckenbleiben. Wichtig ist, dass der Zuhörer sich selbst mit den Bildern identifizieren kann und nicht distanziert über die Bilder nachdenkt. Es ist gut, wenn man sich für seinen Alltag ein Bild bewahren kann, das einem Geborgenheit und Freude vermittelt.

  • II: 5. Mose 7, 6-12

    Dieser Text gilt dem Volk Israel und ist die positive Seite einer Warnung vor „Götzendienst”. Die christliche Gemeinde hat sich diesen Text schnell zu Eigen gemacht, zumal darin das Volk Israel als das kleinste Volk (V. 7) bezeichnet wird, und in dieser Position befanden sich die Christen ja in den ersten Jahrhunderten noch. Diesen Schuh kann sich die christliche Kirche in Deutschland heute nicht mehr anziehen. Sie dominiert das Bild Deutschlands nicht nur durch ihre Kirchenbauten. Davon abgesehen, ist es immer kritisch, einen Text seinem ursprünglichen Adressaten zu entreißen.
    Aber für wen könnte der Text heute gelten? Gewiß auch heute noch dem Volk Israel. Es ist aber wohl doch unsere Aufgabe, diesen Text auch für uns Christen fruchtbar zu machen. Man könnte also an Minderheiten denken (zu denen wir als Christen eben nicht mehr gehören), die aber z.B. durch soziale Probleme entstanden sind. Für diese Gruppen könnte dieser Text wieder ein Wort der Verheißung werden. Dann muss die Gefahr, der sich dieser Text zuwendet, ebenfalls ins Auge gefaßt werden: der Götzendienst. Vers 9 sagt es deutlich, dass es für Israel nur einen Gott gibt, der sich durch Barmherzigkeit auszeichnet. Es ist Liebe, die Gott zur Erwählung dieses kleinen Haufens veranlasst hat (Vers 8). Das ist schon bemerkenswert; die Drohung in Vers 10 scheint weniger an Israel gerichtet, als an all die anderen, die eben nicht dem Wort Gottes gehorchen bzw. die Gott hassen.
    Natürlich erwartet Gott eine Gegenleistung,d.h. Gehorsam, aber wohl kaum für seine Liebe. Die letzten Verse wirken fast wie eine Feststellung: weil ihr meine Gebote befolgt, werde ich den Bund halten. Gottes Zuwendung ist in dem Sinne also nicht konditional. Dieser positive Ton sollte in der Predigt spürbar werden.
    Es bleibt die Frage, wie dieser Text in die Thematik des Sonntags eingebunden werden kann. Das Wort „Taufe” taucht hier genauso wenig auf wie das Wort „Wasser”. Einzig „Erwählung” (Vers 7) und „Bund” (Vers 12) klingen an die Taufe an, in der Gott ebenfalls sich dem Menschen zuwendet und mit ihm einen Bund eingeht. Freilich kann man hier (nicht in der Predigt) einen Exkurs über die theologische Bedeutung und Wichtigkeit der Taufe einlegen. Die übliche Frage: was geschieht mit den ungetauften Kindern, die zu früh gestorben sind, als dass sie hätten getauft werden können? steht da ganz im Vordergrund. Man sollte also Bund und Erwählung nicht kausal mit der Taufe in Verbindung bringen. Die Taufe ist keine Grundbedingung für die Zuwendung Gottes. Wohl aber verdeutlicht die Taufe diese Zuwendung in bildhafter Weise und kann daher auch in diesem Text erkannt werden.

  • III: Mt 28, 16-20

    Der „Missionsbefehl” begründet unsere Taufe genauso, wie er alle Missionsbemühungen der vergangenen Jahrhunderte und auch dieses Jahrhunderts begründet. Dabei ist man teilweise recht spitzfindig gewesen, was die Reihenfolge (Taufe und dann Lehre, oder anders herum?) angeht. Auch hat man die Authentizität dieser Worte angezweifelt, was angesichts der trinitarischen Formel, die Jesus wohl nie angewandt haben dürfte, durchaus legitim ist. Dabei gibt es in diesem kurzen Abschnitt noch manches Bemerkenswerte.
    Da ist zunächst die Tatsache, dass „einige aber zweifelten”. Auch diesen gilt das, was Jesus sagt. Sie gehören dazu. Nun mag sich dieser Zweifel darauf beziehen, dass sie vermuten, Jesus würde dort gar nicht erst auftauchen, weil er ja gestorben ist. Aber sie hatten immerhin den Bericht ihrer Brüder vernommen, die den Auferstandenen gesehen hatten, und die ihnen den Bescheid Jesu, zu diesem Berg zu gehen, weitergesagt hatten. Klar, dass man da Zweifel hegt, solange man den Auferstandenen nicht selbst gesehen hat.
    Gewiss sind wir alle solche Zweifler, denn wir alle wissen es nur aus Berichten. Die Zweifler damals sind jedenfalls mitgegangen und haben nicht im Vorfeld schon resigniert. Sie haben sich auf das Wagnis des Glaubens, das auch von Zweifel begleitet ist, eingelassen.
    Dann ist da die lapidare, aber klare Aussage: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.” Ich habe bewusst das Wort „mir” hervorgehoben, weil darauf die Betonung liegen sollte. Denn dies ist der Grund für den nachfolgenden Auftrag: weil IHM die Macht gegeben ist, darum überhaupt können wir auch hinausgehen, um es zu verkündigen. Es gibt keine anderen Mächte mehr, die über diese Welt herrschen, die eine solche Gewalt haben, dass nicht die Liebe Gottes sie überwinden könnte.
    Über den Tauf- und Missionsbefehl nur so viel: Dieser Befehl hat viel Unheil angerichtet, aber auch viel Segen gestiftet. Wo immer das Evangelium die Menschen erreicht, bewirkt es Veränderungen, die manches Mal weitgreifend und schmerzhaft sind. Die Geschichte der Mission wird oft einseitig als kolonialistische Bewegung betrachtet - denen, die so denken, empfehle ich eine tiefergehende Beschäftigung mit der Missionsgeschichte, die manches Mal sich gegen die Kolonialherren und ihre Machenschaften wandte und die Einheimischen ohne Diskriminierung in Schutz nahm. Freilich war das nicht immer der Fall.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang legt den Schwerpunkt des Predigttextes auf die Taufe. Mit der Taufe wird die Nachfolge Jesu begründet (jedoch nicht bei den ersten Jüngern!), was in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung sein kann, denn normalerweise verstehen wir heutzutage die Taufe als eine Zusage Gottes, die an keine Bedingungen geknüpft ist. Deswegen taufen wir Kinder und Säuglinge. Der Predigttext aber legt nahe, hier an mehr zu denken: die Taufe ist der erste Schritt auf einem Weg, den jeder Mensch selbst gehen muss. Auf diesem Weg erfolgt auch die Lehre, die unabdingbar mit der Taufe verknüpft ist. Das eine geht ohne das andere nicht. Während das noch bis vor wenigen Jahren selbstverständlich war, sieht man heute oft von der Konfirmation, dem Unterricht, ab. Es stellt sich aber die Frage, ob die Taufe allein genug ist, und wenn ja, wofür?
    Die Lehre erfolgt freilich nicht nur im Konfirmandenunterricht, sondern auch im Gottesdienst. An der Lehre zu bleiben, ist wichtiger Bestandteil dieser letzten Worte Jesu.
    So wird die Predigt die Vielschichtigkeit dieses Wortes darzustellen versuchen. Es wird nötig sein, darauf hin zu weisen, dass Leben aus der Taufe ein Leben in der Lehre ist. Immer wieder müssen wir darüber nachdenken, was wir in unserem Leben falsch gemacht haben, was wir besser machen könnten. Es ist wichtig, zu erfahren, was der Wille Gottes ist und wie wir ihn am besten tun können. Dazu hilft die Predigt und der Gottesdienst.

  • IV: Röm 6, 3-8(9-11)

    Die Taufe hat für Viele etwas Magisches. Eltern halten es für wichtig, ihr Kind taufen zu lassen. Sie verbinden damit häufig den Wunsch, dass Gott sich dem Kind in besonderer Weise zuwendet und es vor Schaden und Gefahr schützt. Das wird auch daran deutlich, dass häufig der Vers aus Ps 91 als Taufspruch gewählt wird („Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten...”). Dabei wird durch die Worte des Paulus im Römerbrief deutlich, dass die Taufe viel weiter geht. Während sie ursprünglich (auch schon vor der Zeit Jesu) einzig als Bußritual gepflegt wurde (im Sinne einer Reinwaschung von begangenen Sünden), wird die Taufe der Christen zum Bindeglied zu Christus. Die Taufe markiert gewissermaßen den Tod des alten Menschen (der der Sünde verfallen ist) und die Geburt des neuen Menschen (der in der Gnade Gottes lebt und webt). Dies muss als Handeln Gottes am Menschen verstanden werden und kann nicht reduziert werden auf ein Handeln des Menschen, der sich taufen lässt. Gott tötet und macht lebendig, so könnte man es im Blick auf die Taufe sagen. Die Buße, d.h. Umkehr, ist nicht mehr das Wesentliche, obwohl natürlich mit dem Tod des alten Menschen auch die Sünde dahin ist. Aber dies geschieht durch Gott allein und nicht aufgrund des Menschenwillens. Buße muss auch im Leben eines getauften Menschen immer neu geschehen, denn trotz der Zusage in der Taufe wenden sich die Menschen immer wieder von Gott ab.
    Die Taufe stellt den Menschen in eine neue Welt, die ganz von der Gnade Gottes lebt. Durch diese Gnade ist die Sünde tatsächlich hinfällig. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass die Taufe kein Freibrief ist, zu tun und zu lassen, was man möchte. Man kann sich jederzeit dafür entscheiden, aus der Welt der Gnade Gottes „auszusteigen”. Und das würde bedeuten, dass man die Gnade verlässt. Zwar wird Gott dem Menschen nachgehen („Verlorener Sohn”), aber wenn ein Mensch das Angebot der Gnade nicht mehr in Anspruch nehmen will, dann hat die Taufe auch keine Bedeutung.

  • V: Jes 43, 1-7

    Wie bei jedem alttestamentlichen Text, müssen wir uns auch diesmal fragen, ob wir uns überhaupt als Adressaten verstehen können. Denn ganz eindeutig wird hier das Volk Israel angesprochen, das jüdische Volk, zu dem wir nicht gehören. Aber da wir durch Jesus Christus zu Kindern Gottes wurden, können auch wir uns zum Volk Gottes zählen, sollten dies aber immer mit der gebotenen Behutsamkeit tun. Denn die Verse 5b-6 gehen auf die Exilssituation ein, die wir selbst nicht erleben (diese Worte können aber ganz lebendig werden für Christen, die in einer solchen Situation leben).
    Dieser Text ist zunächst wohltuend, beruhigend, er zeugt von der Liebe Gottes. Es fällt auf, dass die Perikope eingerahmt wird von dem Hinweis, dass Gott die Angesprochenen erschaffen hat, wobei der Hinweis am Ende noch den Grund für diesen Schaffensakt hinzufügt: zur Ehre Gottes. Dies ist sicherlich so zu verstehen, dass unser Leben andere Menschen staunen machen soll. Sie sollen durch uns erkennen, wie wunderbar Gott ist, und ihn darum ehren. Damit wäre den Kindern Gottes durch diese Formulierung eine große Verantwortung aufgeladen.
    Dies mag heute schwerer fallen angesichts der Tatsache, dass unsere Gesellschaft auf den Grundlagen der christlichen Lehre aufgebaut wurde. Man mag das Gefühl haben, gar nicht auffallen zu können, weil alle nach christlichen Prinzipien leben. Als Kinder Gottes werden wir uns aber immer unterscheiden, denn die Nähe, die wir zu unserem himmlischen Vater haben, strahlt aus und kann nicht unbemerkt bleiben.
    Die Zusagen, die hier gemacht werden, lassen jedoch leicht die Frage aufkommen, wann und wo diese Zusagen Realität geworden sind. Weder das jüdische Volk noch die Christenheit kann von sich behaupten, dass diese Zusagen erfüllt wurden. Und doch gibt es viele Menschen, die die Nähe Gottes in ausweglosen Situationen erfuhren und die gerade dies von sich sagen können. Gerade Menschen, die schwersten Leid durchmachen mussten und auch daran zugrunde gingen, haben bezeugt, dass sie die Nähe Gottes besonders deutlich spürten. So ist vielleicht doch etwas Wahres dran - dann ist es eben nichts Äußerliches, worum es hier geht, sondern innerlich: das Wasser, durch das wir gehen, sind die Fluten unserer Tränen; das Feuer, das uns umgibt, ist die Gewalt der Anfeindungen, die uns bedrängen, oder auch die eigene Schuld, die uns belastet. Dies alles kann uns nichts anhaben, denn über allem steht der Ruf: du bist mein, du gehörst zu mir, du bist Gottes Kind!
    Der kirchenjahreszeitlich Zusammenhang ist kaum ersichtlich, höchstens dadurch, dass dieser Spruch einen Bezug zur Taufe hat: Gott nimmt mich auf als sein Kind, er kennt mich mit Namen durch die Taufe, und durch die Taufe hat er mich erlöst von der Schuld, die mich von ihm trennte.
    In diesem Sinne sollte die Predigt eine Zusage sein an die Zuhörer: Lass dich nicht unterkriegen von deinen Fragen und Zweifeln, sondern erkenne in allem, dass Gott dich längst aufgenommen hat, dass du in ihm geborgen bist. Dann kann dir nichts mehr schaden.

  • VI: Apg 8, 26-39

    Eine spannende Geschichte mit einem geradlinigen Erzählstrang. Zu beachten ist, dass Vers 37 nachträglich eingefügt wurde. Weiterhin fällt auf, dass Philippus vom Geist gelenkt und am Ende sogar vom Geist entrückt wird - ein wunderbares Geschehen. Nachdenklich stimmt allerdings, wie es dazu kommt, dass dem Kämmerer nicht mehr Unterweisung zuteil wird, nachdem er getauft wurde. Wird erwartet, dass die Unterweisung durch den Geist erfolgen würde? Immerhin befand sich der Kämmerer auf dem Heimweg und konnte nicht erwarten, mehr Informationen als die Schriftrolle des Jesaja bei sich zu haben.
    Diese Frage muss auch den Schreibern der Geschichte durch den Kopf gegangen sein, und darum haben sie ein formales Bekenntnis des Kämmerers eingefügt: Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist (Vers 37). In diesem kurzen Bekenntnis ist alles Wichtige gesagt.
    Die Geschichte erklärt die frühe Existenz der Kirche in Äthiopien, und das scheint der einzige Zweck der Erzählung zu sein. Das Wort breitet sich aus bis an das Ende der Erde (1,8): hier ist nun der Süden, der nicht vom römischen Reich beherrscht war, „abgedeckt”. Dabei muss auch vor Augen gestanden haben, dass es dazu einfach keine weiteren Geschichten gab: niemand war von dort zurückgekehrt und konnte Bericht geben, wie sich das Evangelium dort ausbreitete.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ergibt sich aus dem Taufgeschehen. Die Geschichte lässt aber viele Fragen offen, vor allem eben die oben schon erwähnte, was nun nach der Taufe geschieht. Es scheint mir durchaus angebracht und zulässig, hier das Wirken des Geistes, das so sehr im Vordergrund steht, anzunehmen. Philippus kann offenbar den Kämmerer verlassen, weil er durch die Taufe nicht mehr allein ist, sondern den Geist Gottes hat. Der Kämmerer wird zum Multiplikator, es wird weiter Reisende geben, die nach Jerusalem kommen und von dort neue Informationen zur christlichen Lehre mitnehmen.
    So wäre für die Predigt die Verbindung zwischen Taufe und Geist besonders wichtig. Der Geist verhilft dazu, dass das Wort Gottes weitergetragen und auch richtig verstanden wird.
    Es bietet sich an, diese Geschichte spielerisch nachzuerzählen. In einem Anspiel könnte man auch diese Frage, was nun nach der Taufe des Kämmerers geschieht, aufnehmen und versuchen, zu beantworten. Wie wirkt der Geist weiter? Wie treibt er das Evangelium voran?
    Letztlich aber muss natürlich deutlich werden, dass hier auch wir angesprochen sind und wir uns fragen lassen müssen, ob wir den Geist überhaupt in uns wirken lassen. Haben wir den Mut, dem leisen Ruf des Geistes zu folgen und uns von ihm leiten zu lassen? Es sollte deutlich werden, dass uns allen durch die Taufe ein großes Geschenk gemacht wurde.

  • Marginaltexte: 1. Mose 7 u. 8 i.A. (= Gen 7 u. 8 i.A.)
    2. Mose 14, 8b-31 i.A. (= Ex 14, 8b-31 i.A.)
    1. Petr 3, 18-22

    folgt später



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