das Kirchenjahr

1. Sonntag nach Epiphanias

Die Taufe Jesu

Predigtanregungen

Am 1. Sonntag nach Epiphanias steht die Taufe Jesu im Mittelpunkt, die früher auch am Epiphaniastag selbst gefeiert wurde. Hiermit wird Jesus aus seinem einfachen Menschsein herausgenommen und von Gott berufen. Es ist Teil des großen Geheimnisses der Gottheit und Menschheit in Jesus Christus, dass diese Berufung und Taufe mach Jesu eigenen Worten notwendig ist. Jedoch ist eigentlich nur das Evangelium dieses Sonntages mit der Taufe Jesu „beschäftigt”. Die anderen Texte haben die Botschaft im Mittelpunkt, die durch Jesus die Welt veränderte: Tut Buße, kehrt um, wendet euch Gott zu, der durch Jesus eure Sünden getilgt hat.

Zu den Perikopen

  • I: Jos 3, 5-11.17

    folgt später

  • II: Mt 3, 13-17

    Die Taufe Jesu ist schon merkwürdig. Wozu braucht Jesus das? Der Sohn Gottes sollte doch nicht getauft werden müssen. Aber die Taufe Jesu hat eine andere Funktion als sonst der Taufe des Johannes zuzuschreiben ist. Sie dient nicht der Buße, sondern vielmehr der Identifikation. Für Jesus ist es gewissermaßen das Ende einer Selbstfindungsphase und damit der Beginn seines „wirklichen” Lebens. Jetzt beginnt er, seine Bestimmung zu erfüllen, da ihm gewissermaßen von oben herab zugesagt wird, dass er der Sohn Gottes ist.
    Jetzt weiß Jesus, wohin er gehört. Und darum sagt er auch zu Johannes, der ihm die Taufe ja zunächst verwehren will: „Lass es jetzt geschehen”. Es ist an der Zeit.
    Die Beschreibung, dass der Geist Gottes „wie eine Taube herabfuhr”, hat dazu geführt, dass die Taube das Symbol des Heiligen Geistes wurde. Als Symbol geht das noch, aber man sollte sich hüten, den Geist Gottes wie eine Taube oder sonstiges Vogelgetier vorzustellen. Denn der Geist weht, wo er will, und bleibt dabei meist ungreifbar.
    wird noch fortgesetzt...

  • III: Röm 12, 1-8

    Dieser Predigttext stellt eine große Herausforderung dar. In der früheren Perikopenreihe waren die Verse 4-8 nur in Klammern vorgesehen. Das mag damit begründet sein, dass man sich sonst schnell auf das Bild vom Leib mit den vielen Gliedern konzentriert, und den anfänglich gestellten Anspruch an die Glieder im ersten Teil verblassen lässt. Andererseits wären die Verse 4-8 notwendig, um die Aufforderung zur Mäßigung zu erläutern und zu begründen. Insofern, solange man darauf achtet, dass der in den Versen 1-3 gelegte Schwerpunkt erhalten bleibt, ist es durchaus angebracht, auch die Verse 4-8 mit ein zu beziehen.
    „Brüder” sollte man wie „Geschwister” lesen, man kann dies anmerken oder auch gleich so vorlesen. Die Aufforderung, seine Leiber als ein Opfer hinzugeben, kann sehr vielfältig verstanden werden. Eine Richtung wird durch den „vernünftigen Gottesdienst” vorgegeben. Offenbar will Paulus einen Kontrast zum Opfergottesdienst herstellen und deutlich machen, was ein demgegemüber vernünftiger Gottesdienst ist. Aber es bleibt die Frage, wie das Opfer des eigenen Leibes aussieht. Es fehlt nicht viel, und man ist versucht, an Menschenopfer zu denken, eine weit schlimmere Praxis als die der im Tempel üblichen Tieropfer.
    Doch das hatte Paulus sicher nicht im Sinn. Paulus will wohl dazu aufrufen, dass sich die Gemeinde abgrenzt von dem, was nicht Gottes Willen entspricht. Was das ist, überlässt er aber doch der Gemeinde bzw. jedem einzelnen, der sich allerdings die Mühe machen soll und muss, alles zu prüfen. Doch diesem Vorgang geht noch etwas anderes voraus, nämlich seinen Sinn zu erneuern. Also von vorne anzufangen, sich nicht von Gewohnheiten oder Traditionen oder auch althergebrachten Ordnungen in seinen Entscheidungen beeinflussen zu lassen.
    Das ist ein Forderung, die nur schwer umsetzbar ist. Es gibt kein Kriterium, anhand dessen der Wandel, die Erneuerung, messbar ist. Jeder muss es an sich selbst erkennen und dann die Konsequenzen ziehen.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist schwer nachvollziehbar. Die Taufe Jesu steht in keinem Zusammenhang mit den Forderungen, die Paulus hier stellt. Eine Verbindung lässt sich daher schwer herstellen, es sei denn, man sieht in der Taufe das Berufungsgeschehen und damit ein Vorbild für die Berufung, die auch an uns ergeht bzw. ergangen ist.
    In der Predigt könnte man versuchen, den Blick zurück auf die eigene Taufe zu lenken. Was hat sich da eigentlich ereignet? Welche Auswirkungen hat es auf mein Leben gehabt? Hat es schon damals eine Erneuerung des Sinnes gegeben? Von diesen Fragen ausgehend bietet sich an, weiter zu entwickeln, wie das, was die Taufe für uns bedeutet, sich auswirkt auf unser zukünftiges Leben. Die Erneuerung des Sinnes ist z.B. kein einmaliger Vorgang, sondern ereignet sich fortlaufend. Nur dann sind wir in der Lage, zu erkennen, was Gottes Wille ist, wenn wir unseren Sinn immer wieder von unnötigem Ballast befreien.

  • IV: Jes 42, 1-9

    Zur Auslegung: Es dreht sich bei diesem Text um den Gottesknecht. Allzu leichtfertig wurde dieser Text auf Jesus gedeutet, schon in der neutestamentlichen Literatur ist dies geschehen (z.B. Vers 1 in Mt 12, 18-21; Vers 7 in Lk 4, 18-21). Dass Jesus aber nicht dieser Gottesknecht sein kann, erkennen wir schon daran, dass die hier gemachten Prophetien höchstens andeutungsweise in Erfüllung gingen, und dann nur in der unmittelbaren Umgegung von Jesus. Noch längst nicht ist das Recht auf Erden aufgerichtet, die Gefangenen sind nicht befreit, die Blinden sind nicht sehend, die in Finsternis sitzen, sind nicht frei.
    Es ist also nicht ganz klar, um wen es hier eigentlich geht. Allgemein vermutet man, dass der Prophet selbst mit dem Gottesknecht gemeint ist, aber jüdische Auslegung sieht darin das gesamte Volk Israel, das hier als Gottesknecht bezeichnet wird und dessen Leiden Konsequenzen für die übrige Welt hat.
    Mit hundertprozentiger Sicherheit werden wir wohl kaum herausbekommen, wen der Gottesknecht nun wirklich darstellt. Die Gestalt aber gibt uns Aufschluss darüber, was für eine Figur der Erlöser ist, wenn man den Gottesknecht mit dem Messias, dem Erlöser, gleichsetzen darf, was ja auch fraglich ist. Wir erkennen eine Gestalt, die das Recht aufrichtet (Vers 4), Unterdrückung beendet (Vers 7), heilt (Vers 3+7), die Wahrheit an den Tag bringt (Vers 6). Bemerkenswert ist schon, dass dieser Knecht Gottes dazu nicht etwa laut rufen wird, sondern man wird seine Stimme nicht hören (Vers 2). Wie kann er dann diese Sachen alle vollbringen? Es wäre nun ein leichtes, auf Jesus hinzuweisen, der sich wie ein Lamm schweigend zur Schlachtbank führen ließ und dessen Tod am Kreuz doch die Erlösung der Menschheit bewirkt hat. Aber, wie schon gesagt, Jesu Leben und Handeln war höchstens eine Andeutung dessen, was dieser Knecht vollbracht haben wird, wenn er denn erscheint.
    Es wäre aber dennoch nicht allzu abwegig, denn wir, wie das jüdische Volk, glauben daran, dass der Messias kommen wird - für uns zum zweiten Mal - für das jüdische Volk zum ersten Mal. Können wir also letztlich doch „die Kurve kriegen”?
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang macht es uns bei der Beantwortung dieser Frage nicht viel einfacher. Der einzige Zusammenhang zur Taufe Jesu wird hergestellt durch den 1. Vers, der abgewandelt auch in der Taufe Jesu erklingt. Von daher sollten wir also schon im Gottesknecht die Gestalt Jesu erkennen - dann aber mit dem deutlichen Hinweis darauf, dass vieles nur angedeutet, nicht aber verwirklicht wurde.
    Die Predigt kann sich in diese Richtung bewegen. Sie sollte das Ziel, die Aufgabe dieses Gottesknechtes deutlich artikulieren. Gewagt wäre, aber sicher nicht ganz abwegig (da es das jüdische Volk selbst auch tut), die Gemeinde selbst in die Pflicht zu nehmen bezüglich der Aufgaben des Gottesknechtes. Natürlich kann auch die Gemeinde für Recht und Gerechtigkeit eintreten, und zumindest im bildlichen Sinne Blinde von ihrer Blindheit heilen und Gefangene aus den Gefängnissen führen. Dabei fällt dann natürlich das Thema des Sonntags einigermaßen unter den Tisch. Das kann wieder gutgemacht werden durch einen Hinweis darauf, dass wir dies nur deswegen vermögen, weil Jesus Christus uns den Weg dazu gewiesen hat.

  • V: Joh 1, 29-34

    Die Schilderung der Taufe bei Johannes ist anders als die der Synoptiker. Für Johannes war es wohl nicht vorstellbar, dass Jesus getauft würde. Darum beschreibt er diesen Akt nicht. Vielmehr lässt er Johannes den Täufer über Jesus sagen: „Das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!” Der Heilige Geist, der auf Jesus herabfuhr, ist der Beweis dafür, dass er mit dem Heiligen Geist tauft, also einen Schritt weiter geht als der Täufer. Dies bezeugt Johannes, und das ist seine alleinige Aufgabe, dieses Zeugnis abzulegen: Jesus ist Gott Sohn.
    Diese glorifizierende Darstellung macht es schwer, über den Text zu predigen. Jesus erscheint unnahbar, alles ist an ihm perfekt, er trägt die Sünde der Welt und klagt nicht, er ist der Sohn Gottes, er geht nur vorüber, ist wie eine Erscheinung, die nicht wirklich ins Leben eintaucht.
    Auch der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang hilft da nicht viel weiter, denn er ist nur durch die anderen Überlieferungen gegeben. Jesus wird hier ja nicht getauft. Es wird aber eine wichtige Aussage über die Taufe gemacht, nämlich dass es zwei Taufen gibt, die Taufe zur Buße (die des Johannes) und die Taufe mit dem Heiligen Geist. Jesus tauft mit dem Heiligen Geist, sagt Johannes, er gießt also den Geist Gottes aus - das ist der Akt, für den wir nichts können und der uns geschenkt wird. Die Taufe zur Buße ist der Teil, in dem wir selbst gefordert sind, d.h. wir müssen zunächst umkehren, uns Gott zuwenden, damit er uns mit seinem Geist beschenken kann. Zwar ist diese Aussage nicht explizit im Predigttext angelegt, aber sie kann, auch aus dem weiteren Zusammenhang des Textes, abgeleitet werden. Im Johannes-Evangelium tauft übrigens Jesus selbst (3,22). Wenn er mit dem Heiligen Geist tauft, bräuchte er kein Wasser. Es liegt also nahe, hier diese „Zweiteilung” zu erkennen: Jesus tauft zunächst zur Buße (=Umkehr), um dann mit dem Heiligen Geist zu taufen. Jedoch bleibt dies Spekulation - Johannes stellt diese beiden Taufen nie wirklich einander gegenüber. Auf unsere Taufpraxis ist das, was hier geschildert wird, jedenfalls nicht ohne Weiteres übertragbar.
    In der Predigt darf man sicher den Zusammenhang zu den synoptischen Evangelien herstellen, sollte aber das Besondere des Johannes-Evangeliums nicht übersehen und darum weglassen. Es liegt sicherlich nahe, den Schwerpunkt der Predigt auf die Worte: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!” zu legen. Dann kann auch ein Bezug zum Erleben der Gemeinde hergestellt werden. Die Taufe als Taufe zur Vergebung der Sünden, als Taufe zur Buße wird im Grunde erst durch dieses Gotteslamm, das bereit ist, alle Sünde auf sich zu nehmen, möglich.

  • VI: 1. Kor 1, 26-31

    Ein Text, der denen, die an der Trinitätslehre oder der Gottessohnschaft Jesu verzweifelt sind, weil es intellektuell nicht fassbar ist, Trost spendet. Auf der anderen Seite wird es natürlich nicht als Lob angesehen, wenn man sich „töricht” nennen muss, will man teilhaben an dieser Botschaft.
    Paulus schreibt einer Gemeinde, die zum größeren Teil aus der unteren Schicht der Bevölkerung zusammengesetzt ist. Sie fühlen sich schwach, denn sie bleiben Unterdrückte, trotz der freimachenden Botschaft von Jesus Christus. Gerade das aber macht sie zu Auserwählten, sagt Paulus, denn Gott hat sie ja erwählt, dass sie die Botschaft annehmen. Das ist ebenso der Tenor der Weihnachtsgeschichte nach Lukas, wo die Außenseiter der Gesellschaft gerufen werden, den Heiland zu sehen, der ihnen geboren ist.
    Paulus stellt den Christen das, was stark ist, gegenüber, die Weisen und Mächtigen, die nichts von Gott wissen. Sie werden letztlich zunichte gemacht, so unscheinbar, wie es jetzt die Auserwählten sind, die dann aber vornean stehen werden, zum Lobe Gottes.
    Ein anderer Aspekt dringt ein und scheint zunächst wenig Zusammenhang mit dem bisher Gesagten (Verse 26-28) zu haben: Niemand soll sich vor Gott rühmen, sondern wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn. Der Zusammenhang wird bei näherem Hinsehen deutlich: die Unterdrückten und Außenseiter haben nichts, wessen sie sich rühmen können, und tun es deswegen auch nicht. Nur Gottes können sie sich rühmen, wenn sie seine Hilfe erfahren. Die Weisen und Mächtigen aber rühmen sich ihrer selbst, ihres Wissens, ihrer Macht, und brauchen Gott offenbar gar nicht. Sie rühmen sich selbst und missachten Gott.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist kaum erkennbar, wenn er denn überhaupt da ist. Paulus erwähnt mit keinem Wort die Taufe Jesu. Die Erwählung der Schwachen ist auch kein Thema der Taufe Jesu, auch nicht am Rande. Vielleicht lässt sich ein Zusammenhang herstellen dadurch, dass die, die sich taufen ließen, sich ihrer Schuld und Unvollkommenheit bewusst waren, und sich Jesus mit ihnen solidarisiert. Denn von dieser Solidarisierung spricht hier ja auch Paulus. Das wäre zwar recht weit hergeholt, aber doch plausibel, vorausgesetzt, man versteht die Taufe Jesu als eine Solidarisierung Jesu mit den Unterdrückten und Schwachen.
    Die Predigt könnte so gestaltet werden, dass das im Text Gesagte direkt nachempfunden werden kann. Was töricht ist vor der Welt, hat Gott erwählt: wenn in der Predigt etwas gesagt wird, das die Zuhörer als „töricht” bezeichnen würden, und dann darauf hingewiesen wird, dass dies die Relatität der Weisen und Mächtigen vor Gott ist (nämlich dass sie die Botschaft Gottes nicht verstehen), wäre wohl das Wesentliche des Textes schon zum Ausdruck gekommen.

  • Marginaltexte: Dtn 4, 31-40 (= 5. Mose 4, 31-40)
    Mt 4, 12-17
    Mk 1, 9-13

    folgt später



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