das Kirchenjahr

15. Sonntag nach Trinitatis

Irdische Güter

Predigtanregung

Der 15. Sonntag nach Trinitatis hat "Irdische Güter" zum Thema. Es geht ums Sorgen, die Angst um die Zukunft, um das, was morgen kommt, die Sorge um das leibliche Wohl, um das Dach über dem Kopf. Mancher Predigttext legt eine gewisse Leibfeindlichkeit nahe, etwas, das einzuüben heute gewiss nicht ganz verkehrt ist. Dabei sollte man sich allerdings davor hüten, die Gaben Gottes, von denen wir leben, zu verteufeln.

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VI - Mt 6, 25-34

Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? 26 Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? 27 Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? 28 Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. 29 Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. 30 Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen? 31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? 32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. 33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. 34 Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

Wenn es so einfach wäre... Jesus stellt in seiner Bergpredigt extreme Ansprüche, und dennoch hat er mit dem, was er sagt, vollkommen Recht: natürlich können wir unsere Lebensspanne um nichts verlängern. Mit jedem Bemühen darum geben wir uns nur der Illusion hin, wir könnten es. Gott hat schon lange unserem Leben die Grenze gesetzt, und egal, was wir tun - wir werden sie eines Tages erreichen.
Wenn man dies realisiert hat, dann fällt es einem auch leichter, mit dem eigenen Besitz bzw. dem Mangel an Besitz umzugehen. Man braucht sich nicht mehr darum zu sorgen, was morgen oder später sein wird. Die Höhe der Rente ist nicht mehr relevant. Versicherungen zur Altersvorsorge (Riester-Rente) sind irrelevant. Muss man wirklich den Lebensstandard halten, den man sich im Laufe der Jahre erworben hat? Oder kann man auch verzichten? Was braucht man denn wirklich zum Leben?
Diese Frage wird den Zuhörern gestellt, und zwar ganz massiv. Und die Antwort ist auch schon vorgegeben: Natürlich kann man verzichten. Zum Leben braucht man Nahrung und Kleidung, die aber nicht aus dem teuersten Geschäft stammen muss.
Doch hier tut sich ein Problem auf: preiswerte Kleidung wird oft unter menschenunwürdigen Bedingungen im Ausland hergestellt. Die Löhne für die Näher und Näherinnen sind minimal (30 bis 50 Euro im Monat), was zwar für den Lebensunterhalt in dem Land ausreicht, aber nicht dafür, sich einen Lebensstandard zu ermöglichen, der dem derer entspricht, die sich diese Kleidung dann anziehen. Und das ist natürlich ungerecht.
Was macht man mit dem Ersparten? Wenn man es weitergibt, gut. Wenn man es für sich selbst aufhebt (um den Lebensstandard auch im Alter zu erhalten: nicht gut. Jesus macht es recht einfach, aber es fällt uns sehr schwer. Wir hängen unser Herz an die Güter dieser Welt, belasten uns mit Sorgen und übersehen dabei völlig, dass die Liebe Gottes und die Liebe zu unseren Mitmenschen sowie die Liebe, die uns entgegengebracht wird, tatsächlich ausreichen. Welchen Sinn hat das Leben, wenn es nur dem Zweck dient, sich Güter anzuhäufen?
Der Predigttext kann aufwühlen, aber er kann auch beruhigen. Wir brauchen uns nicht zu sorgen. Die Debatte um Kürzungen bei der Rente könnten uns ganz gelassen machen. Man braucht im Alter doch in der Tat nicht mehr so viel. Und eigentlich auch schon vorher nicht. Wenn man es genau nimmt, muss man erkennen, dass es uns doch im Grunde viel zu gut geht.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist leicht erkennbar: die Abhängigkeit von irdischen Gütern tut nicht gut. Sie bindet nicht nur unsere Körper, sondern auch unsere Seelen. Der Predigttext ruft uns dazu auf, uns von diesen Gütern zu lösen. Sie bedeuten letztlich nichts. Sie verhelfen uns auch nicht zum Heil. Im Gegenteil: das Bewusstsein, selbst für das Morgige sorgen zu müssen, entfernt uns immer weiter von Gott, denn in diesem Verhalten steckt ja auch die Hybris, dass wir Gottes Stelle einnehmen. Dabei übersehen wir, dass wir durchaus nicht gerecht sind, denn wir häufen uns Güter an, während stündlich tausende Menschen verhungern.
Die Predigt sollte darauf aufmerksam machen, dass wir letztlich nichts von unserem Reichtum, und sei er noch so klein, haben. Es nützt uns nicht, uns um die Zukunft zu sorgen. Es gilt, zu erkennen, dass Gott für alles sorgt - nicht wir. Sicher wohnen tun wir nur da, wo Gott ist. Dann erkennen wir vielleicht auch, dass es durchaus vernünftig ist, den Zehnten (oder mehr?!) von unserem Einkommen für die Armen zu geben. Das wäre für viele noch nicht einmal ein Opfer. Sich ausliefern in die Hände Gottes - wenn wir das tun, mag es uns gelingen, den wahren Wert des Lebens zu erkennen...

Liedvorschläge:

Halleluja, suchet zuerst Gottes Reich (EG 182)
Freuet euch im Herren allewege! (EG 239)
Befiehl du deine Wege (EG 361)
Wer nur den lieben Gott lässt walten (EG 369 - Wochenlied!)
Ich steh in meines Herren Hand (EG 374)
Meinem Gott gehört die Welt (EG 408)
Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit (EG 502)
Weißt du, wieviel Sternlein stehen (EG 511)



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