das Kirchenjahr

Martin Kähler

* 6.1.1835, + 7.9.1912

Einführung

Martin Kähler wurde in Neuhausen bei Königsberg geboren. Er stammte aus ostpreußischem Patriziergeschlecht. Sein Vater, selber Theologe, war Pfarrer und später Superintendent in Preußisch Holland, schließlich Konsistorialrat in Königsberg. Matin Kähler war schon als Kind gesundheitlich angeschlagen durch ein Asthmaleiden. Er liest gerne und ist als Zehnjähriger schon mit Schillers Dramen vertraut. Nach einigen Jahren Hausunterricht kam er an eine Schule in Elbing. Es fiel ihm dort nicht leicht, das Ziel im Auge zu behalten, und nur der Rat seiner Mutter half ihm dabei. Am Ende seiner schulischen Laufbahn fühlte er sich fern von allem, was sein Elternhaus darstellte. Er war frei und unbeschwert und fand Befriedigung seiner Sehnsüchte in schöner Literatur und Kunst. So begann er das Studium der Rechtswissenschaft. Doch dann erkrankte er an Typhus, und als er glauben musste, sterben zu müssen, las ihm seine Mutter das Lied "Befiehl du deine Wege" von Paul Gerhardt vor. Dies war der Wendepunkt. Jetzt wollte er dem Wunsch des Vaters entsprechen und absolvierte sein Studium der Theologie in Heidelberg und Halle. Hier wurde ihm der Spiegel vorgehalten, und aus tiefer Depression wurde er heraufgeholt durch die Zuwendung, die er seitens seiner Freunde und Dozenten erfuhr. Besonderen Einfluss hatte auf ihn August Tholuck mit seiner großen Liebe für die jungen Menschen, die ihm als Lehrer anvertraut waren. Bald fühlte sich Kähler beim Ehepaar Tholuck zu Hause, zumal gerade seine Mutter verstorben war und die Frau Tholucks ihm wie eine Mutter wurde.
1860 promovierte Kähler in Halle. Die Promotion war über die Lehre vom Gewissen, wozu ihn Tholuck angespornt hatte. 1864 wurde er nach Bonn berufen, 1867 kommt er nach Halle als Inspektor des Schlesischen Konvikts. Weil er sich zu sehr seinen jungen Studenten widmete, vernachlässigte er seine wissenschaftliche Arbeit und wirde darum bei der Neubesetzung der Professuren übergangen. Nach schwerer Krankheit im Jahr 1876 macht er sich daran, seine Arbeit über das Gewissen zu vollenden und zu veröffentlichen. Er wird nun von der Universität in Halle zum Doktor der Theologie ernannt und erhält 1879 einen Lehrauftrag für Systhematische Theologie und Neues Testament. Zwei Rufe nach Berlin und Göttingen nahm er nicht wahr, da er sich dem Ehepaar Tholuck und den Studenten der Universität in Halle verpflichtet fühlte.
Im Mörz 1912 erkrankte er an einer schweren Lungenentzündung, von der er aber genas. Im August erkältete er sich, er erlitt schwere Asthmaanfälle, und wieder brach eine Lungenentzündung aus. So bereitete er sich auf sein Ende vor, indem er Trost-, Lob- und Danklieder las oder sich vorlesen ließ. Am 7. September starb er in Frieden und wurde darauf in Halle begraben.
Er vertrat eine biblische Theologie, die nach dem Prinzip "die Schrift legt sich selbst aus" vorging. Er rückte das Problem, historisch-kritische Exegese mit der Glaubenserfahrung in Einklang zu bringen, in den Mittelpunkt theologischer Forschung. Für ihn war der wissenschaftliche Umgang mit dem Wort der Bibel nur dann zulässig, wenn mit ihm auch der gottesdienstliche Umgang verbunden war. Die Bibel durfte nicht nur Objekt der Forschung sein. Als Dozent war er immer auch zugleich Seelsorger seiner Studenten.
Kähler schrieb eine große Dogmatik, in der er seine Überzeugung ausarbeitet, mit dem Titel "Wissenschaft der christlichen Lehre", die 1883 erstmalig erschien. Weitere Werke Kählers sind "Das Kreuz, Grund und Maß für die Christologie" sowie das dreibändige Werk "Dogmatische Zeitfragen". Paul Tillich hat sich selbst als Schüler Kählers betrachtet.