das Kirchenjahr

5. Sonntag nach Trinitatis

Nachfolge

Predigtanregung

Der 5. Sonntag nach Trinitatis befasst sich wieder mit der Gemeinde, diesmal ihrer Antwort auf Gottes Ruf. Nachfolge scheint so einfach, so schwierig, so abwegig, weil wir nicht so recht wissen, was Nachfolge ist. Die Lesungen dieses Sonntags wollen uns den Weg leiten.

Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)

VI - 2. Kor (11, 18.23b-30); 12, 1-10

Da viele sich rühmen nach dem Fleisch, will ich mich auch rühmen. 19Denn ihr ertragt gerne die Narren, ihr, die ihr klug seid! 20Ihr ertragt es, wenn euch jemand knechtet, wenn euch jemand ausnützt, wenn euch jemand gefangennimmt, wenn euch jemand erniedrigt, wenn euch jemand ins Gesicht schlägt. 21Zu meiner Schande muss ich sagen, dazu waren wir zu schwach!
Wo einer kühn ist - ich rede in Torheit -, da bin ich auch kühn.
22Sie sind Hebräer - ich auch! Sie sind Israeliten - ich auch! Sie sind Abrahams Kinder - ich auch! 23Sie sind Diener Christi - ich rede töricht: ich bin's weit mehr! Ich habe mehr gearbeitet, ich bin öfter gefangen gewesen, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin oft in Todesnöten gewesen. 24Von den Juden habe ich fünfmal erhalten vierzig Geißelhiebe weniger einen; 25ich bin dreimal mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer. 26Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr unter Juden, in Gefahr unter Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter falschen Brüdern; 27in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße; 28und außer all dem noch das, was täglich auf mich einstürmt, und die Sorge für alle Gemeinden. 29Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird zu Fall gebracht, und ich brenne nicht?
30Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen.
31Gott, der Vater des Herrn Jesus, der gelobt sei in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge. 32In Damaskus bewachte der Statthalter des Königs Aretas die Stadt der Damaszener und wollte mich gefangennehmen, 33und ich wurde in einem Korb durch ein Fenster die Mauer hinuntergelassen und entrann seinen Händen.
12, 1Gerühmt muss werden; wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn. 2Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren - ist er im Leib gewesen? ich weiß es nicht; oder ist er außer dem Leib gewesen? ich weiß es auch nicht; Gott weiß es -, da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel. 3Und ich kenne denselben Menschen - ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es -, 4der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann. 5Für denselben will ich mich rühmen; für mich selbst aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit. 6Und wenn ich mich rühmen wollte, wäre ich nicht töricht; denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand mich höher achte, als er an mir sieht oder von mir hört. 7Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. 8Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. 9Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne. 10Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Mißhandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten, um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

Dies ist ein außergewöhnlich langer Predigttext. Zwar ist der erste Teil aus Kapitel 11 eingeklammert, aber ich halte es in der Regel für sinnvoll, den gesamten Text zu bedenken, auch wenn man sich dann letztlich dafür entscheidet, den Schwerpunkt auf einen kürzeren Abschnitt zu legen. Ungerne klammere ich Verse aus der Mitte eines Textes aus, so wie es hier geschehen soll. Die Verse 19-23a sowie 31-33 sind daher auch wiedergegeben.
Es ist zunächst offensichtlich: Paulus rühmt sich dessen, dass er gelitten hat um des Glaubens willen - wohl weil es andere gibt, die damit prahlen und sagen, dass sie wahren Glauben bewiesen hätten, indem sie sich der Folter auslieferten. Wichtig scheint aber, dass sein Leiden nicht nur in dem Aushalten von Folter und Naturkatatstrophen besteht, sondern auch darin, dass er „mit-leidet”. Wenn er davon hört, dass es einer Gemeinde oder auch einem einzelnen schlecht geht, dann trifft das auch den Apostel (11, 29). Da unterscheidet sich sein Leid wohl schon von dem der anderen.
Dann folgt der „eigentliche” Predigttext (12, 1-10). Paulus rühmt sich, „wenn es auch nichts nützt”. Da kommt einem gleich die Frage, warum er es denn tut. Wohl, weil er weiß, dass damit nichts erreicht wird, aber dass es notwendig ist, um das zu vermitteln, was ihm wichtig ist. Und das kommt deutlich in dem Wort zutage, das Gott ihm zuspricht: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. (12, 9)Die vorherigen Schilderungen von Visionen haben in der Tat kaum einen Sinn. Aber sie dienen dazu, seine Autorität zu stärken, damit die paradoxe Botschaft von der Stärke Gottes im Schwachen angenommen wird und zum Tragen kommt.
Je schwächer Paulus ist, im körperlichen Sinn, desto mehr kann Gott in ihm wirksam werden. Das heißt, seine Stärke schiebt Gott gewissermaßen beiseite, weil er dann davon ausgeht, die Situation selbst, aus eigener Kraft, meistern zu können.
Bedenkenswert könnte Vers 7 sein, in dem von dem „Pfahl im Fleisch” die Rede ist, der sprichwörtlich wurde. Aber hier würde man sich sicherlich verlieren und das Wesentliche des Predigttextes u.U. vergessen. Darum sollte man versuchen, sich auf
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist nicht ohne Weiteres deutlich. Es ist dies der einzige Predigttext, der sich nicht explizit mit dem Wirken des Wortes Gottes befasst. Dennoch fällt es nicht schwer, die Beziehung herzustellen: Paulus' Leben ist vom Wort geprägt - vom „logos”, vom lebendigen Wort, das ihn berufen hat und ihn durch alle Fährnisse hindurchträgt. Wenn er sich nicht dazwischenstellt, wird durch ihn das Wort Gottes mächtig.
Eine Predigt könnte damit beginnen, dass sich der Prediger selbst einiger Dinge rühmt. Er wird sicherlich zumindest Stirnrunzeln ernten. Aber er hätte damit auch die Aufmerksamkeit der Zuhörer gewonnen. Nicht mehr. Es wäre der gleiche Effekt, den Paulus mit diesem Abschnitt bei den Korinthern erreichen wollte. Die Predigt kann dann weiter ausführen, dass alles Rühmen eigener Taten unbedeutend ist, weil Gott darin nicht wirkt, sondern dort, wo Menschen sich ganz auf Gott einlassen und ihre eigene Begrenztheit, ihre Schwachheit, annehmen. Damit wäre sicherlich der Kern des Textes getroffen.

Liedvorschläge:

(Lob Gott getrost mit Singen (EG 243))
(Kommt her, des Königs Aufgebot (EG 259))
Herr, der du vormals hast dein Land (EG 283)
Nun lob, mein Seel, den Herren (EG 289)
Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich (EG 351)
Mir ist Erbarmung widerfahren (EG 355)
Warum sollt ich mich denn grämen (EG 370)
Gott wohnt in einem Lichte (EG 379)
Herzlich lieb hab ich dich, o Herr (EG 397)

Fürbittengebet

Guter Gott, lieber himmlischer Vater, von allem Anfang an ist unser Leben ein Geschenk aus deinen Händen. Wir danken dir, dass wir dies glauben und uns an deine Zusagen halten dürfen.
Öffne uns die Augen, damit wir die Zeichen deiner Güte und Treue in unserem Alltag erkennen und deiner Liebe immer wieder neu gewiss werden.
Als die von dir Geliebten rufst du uns in deine Nachfolge. Du willst uns ein besseres und erfüllteres Leben schenken, als wir es bisher gekannt haben. Lass dein Wort mächtig werden an uns, dass es uns verwandelt und vorhandene Widerstände überwindet. Nur auf dein Wort hin können und werden wir es wagen.
Hilf uns dass wir dein Wort hinaustragen in die Welt, zu den Menschen, denen wir begegnen.
Und lass uns nicht aufhören zu beten für die, die du uns an unser Herz legst.
So denken wir besonders an die Christen in der ganzen Welt, die um ihres Glaubens willen leiden müssen: Im Irak, in Syrien, in Nigeria, im Sudan, in Indien, und überall, wo Menschen deine Liebe nicht ertragen können und darum denen, die dir vertrauen, das Leben schwer machen:
Sei ihre Hoffnung und ihre Stärke. Dein Licht leuchte ihnen in der Finsternis, die sie umgibt, dass sie dir in Treue dienen. Lass ihre Angreifer erkennen, dass sie mit Gewalt nichts erreichen können.
Wir denken an die Christen, die müde und kleinmütig geworden sind und sich scheuen, dein Wort weiter zu sagen: lass sie die Freude deiner Gegenwart erfahren, damit sie die wunderbare Kraft deines Wortes erkennen und sich öffnen für deinen Geist, der uns führen und leiten will.
Wir gedenken vor dir all der Menschen, die in Armut leben müssen und nicht wissen, ob sie morgen genug zu essen haben werden. Lass nicht zu, dass die Güter dieser Erde weiterhin so ungerecht verteilt werden, wie es zur Zeit geschieht. Lass nicht zu, dass wir weiterhin Berge von Lebensmitteln wegwerfen, während in anderen Teilen unserer Welt Menschen Hungers sterben.
Herr Gott, du rufst uns in deine Nachfolge. Lass uns deinen Ruf hören und hilf, dass wir dorthin gehen, wo wir gebraucht werden – wo du uns haben willst.
Du bist unser Helfer – darauf vertrauen wir und loben dich, dem allein Ehre gebührt und Lob und Preis in Ewigkeit.
Amen



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