das Kirchenjahr

2. Sonntag nach Epiphanias

Der Freudenmeister

Predigtanregungen

Der Sonntag, der dem 2. Sonntag nach Epiphanias vorangestellt ist, widmet sich der Taufe Jesu, d.h. seinem „Amtsantritt” oder besser seiner „Berufung zum Amt”. Dass schon am 2. Sonntag nun seine Tätigkeit als „Freudenmeister” im Vordergrund steht, hat weniger damit zu tun, dass die, die die Lesungen ausgewählt hatten, meinten, dass die Lebensfreude das Wichtigste sei, sondern vielmehr damit, dass im Johannesevangelium das Wunder bei der Hochzeit zu Kana ausdrücklich als das erste Wunder Jesu bezeichnet wird. Damit stellt es den Anfang seines Wirkens dar und ist somit prädestiniert als erste „Amtshandlung” Jesu.
Dennoch darf man den weltlichen Aspekt dieses Evangeliums nicht unter den Tisch kehren. Zu sehr hat die christliche Kirche die Leibfeindlichkeit betont, so dass jetzt viele, die mit dieser Prämisse nicht zurechtkommen, sich von der Kirche abwenden. Kirche und Leibfeindlichkeit (bis hin zu der sehr einfachen Beobachtung, dass man Sonntag morgens zu „nachtschlafender Zeit” zum Gottesdienst gerufen wird) haben sich tief in das Bewußtsein der Menschen als ein und dasselbe eingeprägt, und man ist zu faul, sich vom Gegenteil zu überzeugen. Man kann daher gar nicht genug betonen, dass Jesus bewußt das weltliche Feiern unterstützte, und er tat es wohl kaum, um sich selbst als der Sohn Gottes herauszustellen, denn das wird in der Evangelienlesung am wenigsten betont. Es ist die schlichte Tatsache, dass Jesus hier selbst Freude am Leben zeigt: ihm gefällt es nicht, dass da nicht genug Wein zur Verfügung steht, also beschafft er welchen, damit die Feier noch mehrere Tage weitergehen kann.

Auch an den folgenden Sonntagen wird meist von Wundern Jesu berichtet, die ihn aber immer wieder jeweils in einen anderen Zusammenhang stellen und ihn letztlich als den Herrn über die gesamte Schöpfung vorstellen.

Zu den Perikopen

  • I: Röm 12, 9-16

    Wieder stolpern wir über patriarchale Elemente: „brüderliche Liebe” kann auch gut und gerne als „geschwisterliche Liebe” gelesen werden. Nur ist es auch wichtig, sich bewusst zu bleiben, dass im Original der Bibel von „brüderlicher Liebe” die Rede ist. Ein allzu leichtfertiger Umgang mit dem Original der Heiligen Schrift führt schnell dazu, dass ihr Inhalt in die Beliebigkeit des Lesers gelegt wird. So soll es nicht sein, sondern der Text soll zu uns sprechen, und da ist es mitunter auch nötig, Ecken und Kanten auszuhalten bzw. sich mit ihnen intensiv auseinander zu setzen.
    Die Liste guter Ratschläge ist wohl kaum so gemeint, dass man einen nach dem anderen abhaken könnte. Vielmehr ist es die Darstellung einer Grundhaltung, die sich durch das ganze Leben eines Christen sichtbar hindurchzieht. Es ist ein Ideal, dem der Christenmensch nachstreben soll.

  • II: Jer 14, 1(2)3-4(5-6)7-9

    folgt später

  • III: Joh 2, 1-11

    Das Wunder bei der Hochzeit zu Kana ist schon ein tolles Ereignis. Viele Details laden ein, zu verweilen und darüber nachzudenken. Da ist der Dialog zwischen Maria und Jesus, einer der wenigen Hinweise, dass Maria ihn begleitet hat auch durch seine Schaffenszeit hindurch. In diesem Dialog macht Jesus zunächst deutlich, dass seine Zeit noch nicht gekommen ist. Wenig später dann ist sie aber scheinbar doch gekommen. Ohne weiter angesprochen zu werden, verwandelt Jesus das Wasser in Wein. Und da kommt schon der nächste Aspekt, der zum Verweilen einlädt: Das Wasser dient zur rituellen Reinigung. Will Jesus hier mit rituellen Tratiditionen brechen? Auch dass der Wein dann besser ist als der, den man zuvor getrunken hat, lässt aufhorchen. Nur das Beste! Und dann noch im Überfluss. Denn ob die Gäste die 6 Krüge geleert haben? Bei einer tagelangen Feier vielleicht, aber irgendwann muss man ja auch seiner Arbeit nachgehen.
    Aber über die Details sollte das Gesamte nicht vergessen werden. Sicher nicht ohne Grund hat Johannes (der Verfasser wird hier so genannt, auch wenn seine Identität längst nicht klar ist) am Ende dieses Handeln zusammgefasst: dies ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Die folgenden Zeichen sind nicht eindeutig benannt. Warum beginnt Johannes hier, zu zählen, um sogleich wieder damit aufzuhören? Vermutlich liegt es daran, dass es nicht um die Anzahl der Wunder geht, sondern darum, dass Jesus nun seine Laufbahn als Menschensohn beginnt und seine Identität durch solche Zeichen unterstreicht und bestätigt. Seine Stunde ist noch nicht gekommen, und doch ist sie schon da - der Zwiespalt, in dem wir uns auch befinden, denn wir haben zwar seine Herrlichkeit, seine Zeichen, gesehen, aber tappen doch noch im Dunkeln.
    Ein Kollege (Helmut Liersch) hat in dieser ausdrücklichen Benennung des Zeichens eine Parallele zu den Zeichen des Propheten Elisa gesehen:

    • Joh 2 - Hochzeit zu Kana -> 2. Kön 4 - Vermehrung des Öles der Witwe
    • Joh 4 - Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten -> 2. Kön 5 - Die Heilung Naamans
    • Joh 6 - Die Speisung der 5000 -> 2. Kön 4, 42-44 - Die Brotvermehrung
    • Joh 6 - Jesu Seewandel -> 2. Kön 6, 1-7 - Das schwimmende Eisen
    • Joh 11 - Die Auferweckung des Lazarus -> 2. Kön 4, 8-37 - Die Erweckung des Kindes der Schunemiterin

    Natürlich sind diese Parallelen nicht völlig identisch, es ist aber durchaus denkbar, dass die Leser hier eine Aufforderung fanden, in Jesus einen Propheten in der Tradition der größten Propheten zu erkennen, vielleicht sogar den wiederkehrenden Elia selbst. So wäre dieses Wunder zu Kana auch ein Aufruf an uns, hier zunächst einmal den zu erkennen, der von Gott gesandt ist und Vollmacht hat über alle(s) in dieser Welt.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist klar, denn das Thema dieses Sonntags ist von diesem Wunder her abgeleitet. Dabei legt das Thema den Schwerpunkt darauf, dass Jesus durch sein Wunder den Menschen Freude bereitet. Aber dies ist ja auch der Grundtenor der christlichen Verkündigung: Freude zu verbreiten. Freude darüber, dass sich unsere Erlösung naht, wie in dem Wirken Jesu ganz deutlich geworden ist.
    So sollte die Predigt auch versuchen, diese Freude zu vermitteln.

  • IV: 1. Kor 2, 1-10

    Viele Jahrhunderte haben sich Theologen über diverse theologische Fragen den Kopf zerbrochen, um sicherzustellen, dass das „wahre Evangelium” unter die Menschen gebracht würde ohne jegliche Verfälschungen. Dabei scheinen sie diese Passage völlig überlesen zu haben, in der die Weisheit der Menschen, d.h. das, was Menschen mit ihrem Verstand erfassen und verarbeiten können, als völlig unzulänglich dargestellt wird für die Übermittlung des großen Geheimnisses Gottes. Wissen bedeutet nach diesem Text nicht, möglichst alle Möglichkeiten der Auslegung erforscht und dadurch dann die einzig richtige gefunden zu haben, sondern schlicht von Jesus Christus, dem Gekreuzigten, zu wissen (Vers 2).
    Paulus hat dieses Wissen mit einfachen Worten vermittelt, wie er selbst sagt, ohne Verschnörkelungen, ohne Erklärungen. Er hat nicht versucht, dieses Geheimnis zu erklären, weil er wusste, dass der Geist Gottes selbst das Verstehen, freilich nicht nach menschlichem Maß, wirken würde.
    Paulus beschreibt im Vers 3 die Erfahrung, die jede(r) macht, die/der das erste Mal die Botschaft Gottes übermittelt: man selbst fühlt sich unzulänglich, zu schwach, ja unfähig, es zu tun, und merkt dann doch, dass das Wort nicht durch den Prediger, sondern aus sich selbst heraus wirkt. Diese Erfahrung wünsche ich jedem Prediger, denn sie macht klein und zugleich stark: klein, weil man erfährt, dass das eigene Bemühen immer nur Stückwerk bleiben wird; stark, weil man Gottes Kraft erfährt.
    Wer nun meint, dass das Wort Gottes in oft zu abgeflachtem Simplizismus gepredigt werden kann, der täuscht sich allerdings. Das Geheimnis Gottes offenbart sich zwar dem einfältigen Geist, bleibt aber dennoch ein Geheimnis, das man nie genug erforschen kann. Darum tun auch die (wir) Theologen recht daran, sich weiter um dieses Geheimnis zu bemühen, wohl wissend, dass es sich nicht dem menschlichen Verstand erschließen lässt.
    Mit diesem Paradox hat Paulus gelebt, dieses Paradox hat er in diesen Versen zu erklären versucht.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang scheint zunächst sehr unklar zu sein. Es geht um den Freudenmeister, den, der dem Menschen seine Freude gönnt. Mit diesem ersten Wunder Jesu geht unser Herr auch den ersten Schritt auf das Kreuz zu, denn er offenbart sich das erste Mal als der Sohn Gottes. Vielleicht ist es das gleiche Paradox: Jesus bejaht das Leben, während er sein eigenes hingeben muss und sich dazu bereit macht.
    Am schönsten wäre es, wenn die Predigt genau dieses Dilemma des Paulus darstellen könnte. Man versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, aber es gelingt einem nicht, denn es entzieht sich dem menschlichen Verstand. Dem Herzen aber wird es umso zugänglicher, je mehr man bereit ist, das Geheimnis anzunehmen und nicht zu hinterfragen. Man könnte, um diesen Gedankengang zu verdeutlichen, direkt von einem Geheimnis reden, und dieses Geheimnis so behandeln, wie Kinder von einem Geheimnis reden. Es wird weitergegeben, immer unter dem Siegel der Verschwiegenheit, und wird uninteressant, sobald es öffentlich bekannt ist. Mit dem Geheimnis des Evangeliums ist es allerdings nicht so einfach, denn es ist zwar öffentlich bekannt, entzieht sich aber dem menschlichen Verstand. So könnte das Geheimnis, von dem man in der Predigt spricht, ein ganz banales sein, das aber für den ursprünglichen Geheimnisträger von äußerster Wichtigkeit ist.

  • V: Ex 33, 18-23

    Diese Erzählung aus dem Buch Exodus steht wesentlich stärker im Zusammenhang mit dem Thema der „Epiphanie”, der Erscheinung Gottes, als dem des Evangeliums für diesen Sonntag. Das Thema der Epiphanie wird allerdings eigentlich erst am letzten Sonntag nach Epiphanias zum Klingen gebracht. Es ist möglich, dass diejenigen, die die Perikopen festlegten, meinten, man müsse ein Gegengewicht zu dem allzu weltlichen Thema des Evangeliums beibringen, denn zur Unterstützung des Evangeliums hätte es reichlich Auswahl im AT gegeben.
    Um dem Thema des Evangeliums, das unsere Welt dringend braucht, gerecht zu werden, gilt es also, in diesem Text nach dem „weltlichen Element Gottes” zu suchen, dem, das Ihn vom Himmel herunter zu uns holt in unser einfaches Leben. Immerhin, Gott verspricht, sich sichtbar zu machen, aber nur von hinten, und nur dem auserwählten Diener Gottes, Moses. Das flößt eher Angst ein, als dass es hilfreich und tröstlich wäre.
    Allerdings steht ziemlich zentral in der Mitte des Textes der Vers: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.” (33, 19b) Aber auch dieser Vers steht unter dem Vorzeichen der Bitte Moses: „Lass mich deine Herrlichkeit sehen!”, womit wieder der Schwerpunkt auf der Herrlichkeit Gottes liegt, und nicht auf seiner Nähe zum Menschen. Das soll aber nicht hindern, den Vers 19b als den zentralen Angelpunkt und als die wichtigste und zentrale Aussage der Perikope in den Vordergrund zu stellen.
    Wenn man die Worte „Gnade” und „Erbarmen” vernimmt, verfällt man allerdings auch allzu leicht darein, in den Dingen, die Gnade und Erbarmen erst notwendig machen, herumzustochern. Gnade ist nur dann nötig, wenn jemand schuldig wird, und Erbarmen nur dann, wenn jemand in Not ist. Wohl brauchen wir die Gnade und das Erbarmen Gottes, aber im Zusammenhang des 2. Sonntags nach Epiphanias ist es wichtig, darauf zu verzichten, unsere Schuld und unsere Not in den Vordergrund zu stellen, um erläutern zu können, warum Gnade und Erbarmen Gottes so wichtig für uns sind.
    Worin äußert sich nun die Gnade und das Erbarmen Gottes? Im Zusammenhang der Perikope scheint die Antwort leicht zu finden zu sein: indem Gott sich Mose zeigt, erweist er ihm Gnade und Erbarmen. Aber das ist nur eine oberflächliche Antwort. Es scheint vielmehr, als ob es sich bei „Gnade” und „Erbarmen” um Namen Gottes handele, also Charakteristika Gottes, die nicht von seiner Willkür abhängen. Wohl kann die Formel „Wem ich das und das tue, dem tue ich es” vermuten lassen, dass es eben doch eine willkürliche Eigenschaft ist („nur wenn ich es tue, dann tue ich es auch”), aber es handelt sich dabei wohl doch eher um eine Formel im temporalen Sinn, d.h. also „wann immer ich es tue, tue ich es gewiss”, und das dürfte immer dann sein, wenn Gott gebeten wird, so wie Moses gebeten hat.
    In diesem Licht erscheint Gott dann als der immer gnädige, und nicht als der willkürlich gnädige, der sich mal gerade dem besonderen Diener Moses zuwendet. Gott stellt nur eine Bedingung, und die besteht darin, dass er gebeten sein will.
    Damit sind wir immer noch nicht wesentlich näher am Thema des Evangeliums, aber von hier einen Bogen zu spannen, dürfte wesentlich leichter fallen, als wenn man den Schwerpunkt wieder auf die Erscheinung Gottes legen würde, denn Gnade und Erbarmen sind die Grundwurzeln für Lebensfreude. Nur wer Gnade und Erbarmen erfährt, kann sich auch am Leben freuen. So wäre es gewiss hilfreich, in der Predigt eben solche Erfahrungen der Gnade und des Erbarmens Gottes in den Vordergrund zu stellen und die gebührende Dankbarkeit dafür vielleicht sogar in einem Fest zum Ausdruck zu bringen.

  • VI: Hebr 12, 12-18(19-21)22-25a

    Der Hebräerbrief ist an sich schon nicht ganz einfach zu verstehen, und es mag noch schwieriger werden, wenn man ihn nicht im Zusammenhang, sondern nur in „Häppchen” vorgesetzt bekommt. Um so wichtiger ist eine Predigt, die den Text den Menschen näher bringt und ein Verständnis eröffnet, das über den Rahmen, den die Perikope vorgibt, hinausweist.
    Allerdings bietet die Perikope zunächst einmal den wichtigen Aspekt des gemeindlichen Miteinanders. Die angeschriebene Gemeinde, die unbekannt und durch den Brieftitel („An die Hebräer”), der nachträglich hinzugefügt wurde, auch nicht näher beschrieben wird, könnte im Grunde jede Gemeinde sein, die sich um ein Verständnis des jüdischen Kultus bemüht und erkennt, dass ihre Wurzeln durch Jesus Christus in eben diesem Kultus gründet. Ob dies im jeweiligen Kontext zutrifft, wird der Prediger oder die Predigerin am ehesten beurteilen können. Wenn nicht, kann es hilfreich sein, hier evtl. notwendige Informationen, die dem besseren Verständnis dienen, mit in die Predigt aufzunehmen.
    Die Gemeinde wird mit dem Volk Israel, das aus Ägypten auszog und am Berg Sinai den Bund mit seinem Gott schloss, verglichen, wobei auch festgestellt ist, dass die christliche Gemeinde eben nicht jener Gemeinde gleicht. Dennoch hat die christliche Gemeinde einen ähnlichen Weg zu gehen, der sie zum Berg Zion (nicht Sinai) führt und damit unmittelbar in das Reich Gottes. Dies verdankt sie einzig Jesus als dem „Mittler des neuen Bundes”. Der Text enthält in Vers 24 zudem einen etwas subtilen Hinweis auf das Abendmahl, in dem die Gemeinde teilhat am Blut Jesu Christi. Auch hier wird wieder ein Vergleich angestellt, diesmal zum Blut Abels, das gewissermaßen zum Himmel schrie (Gen 4,10), aber eben nicht so gut wie das Blut Jesu Christi, das nicht nur für uns alle spricht, sondern auch die Erlösung all derer, die an ihn glauben, erwirkt.
    Die Perikope ermahnt die christliche Gemeinde, beim Wort zu bleiben und den Kern des christlichen Glaubens nicht zu verlieren. Das setzt eine Gemeinde voraus, die aufeinander Acht hat, was man wohl eher im freikirchlichen Milieu als in einer volkskirchlichen Gemeinde findet. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigt aber, dass das Konstrukt der Volkskirche an seine Grenzen stößt (oder längst gestoßen ist), und Gemeinde neu zu definieren ist. Dabei ist die Definitionsgrundlage nicht irgendein soziologisches Konzept, sondern der christliche Glaube, wie er z.B. in der Bergpredigt radikal beschrieben wird.
    Die Predigt sollte vor allem diesen Aspekt des Gemeindeseins in den Mittelpunkt stellen. In dem Zusammenhang mag auch ein Nachdenken über die Segensformulierung, die vielerorts schon angepasst wurde („Der Herr segne euch...” anstatt „Der Herr segne dich”), hilfreich sein. Denn im originalen Wortlaut (Einzahl) wird deutlich, dass die Gemeinde als eine Einheit, ja, als eine Person angesehen wird, also ein Leib in Christus, könnte man auch sagen. Es ist noch widersinniger, wollte man „Der Herr segne uns” sagen, denn es ist ureigene Aufgabe der dazu ordinierten Person, die Gemeinde zu segnen und nicht sich selbst (Num 6,23-26).
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist nicht auf Anhieb erkenntlich. Erst wenn man selbst Gemeindesein als Grund zur Freude erfährt, mag auch dieser Zusammenhang deutlich werden. Die Freude erwächst aus der Erkenntnis der Liebe Gottes, wie sie durch den Glauben gewonnen wird. Wer sich in der Gemeinschaft mit anderen, die eben die gleiche Erfahrung gemacht haben und im gleichen Glauben stehen, weiß, hat allen Grund zu Freude und Dankbarkeit.

  • Marginaltexte: Mk 2, 18-20 (21.22)

    Wieder einmal gibt es eingeklammerte Verse, warum, ist nicht leicht zu erkennen, denn eigentlich sind die Verse 21-22 nicht notwendig zum Verständnis der Verse 18-20, sondern werfen ein neues Thema auf bzw. gehen in die Grundsatzfrage der Veränderung bestehender Ordnungen hinein. Da der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang in den Versen 18-20 leichter zu erkennen ist als in den Versen 21-22, schlage ich vor, den Predigttext ohne die eingeklammerten Verse zu berücksichtigen.
    In den Versen 18-20 wird die Frage des Fastens behandelt. Jesus beantwortet die Frage, warum seine Jünger nicht fasten, während es die Jünger des Johannes und der Pharisäer tun, damit, dass seine Jünger mit Hochzeitsgästen vergleichbar sind, die also schwerlich fasten können. Interessant ist die weitere Ausführung Jesu, dass die Jünger fasten werden an dem Tag (Singular!), an dem der Bräutigam von ihnen genommen wird. Nun könnte man fragen, welcher Tag damit gemeint ist: Jesu Tod oder seine Himmelfahrt. Näher liegt die Kreuzigung, denn für Markus ist die Himmelfahrt nicht relevant gewesen (der sog. „sekundäre” Markus-Schluss, der von der Himmelfahrt berichtet, ist ja erst später hinzugefügt worden; auch würde, sollte man diesen Text mit einbeziehen, hier ja in 16,20 die Gegenwart Jesu ausdrücklich bestätigt).
    Somit kann abgeleitet werden, dass auch wir als Jünger/innen Jesu nicht fasten können, weil Jesus, der Bräutigam, bei uns ist.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ergibt sich aus dem Bezug zur Hochzeit, also einer Freudenfeier. Jesus ist der Anlass der Freude, so wie er es bei der Hochzeit zu Kana (Evangelium) war. Freude sollte darum auch durch die Predigt vermittelt werden. Im Blick auf die wenn auch erst in einigen Wochen bevorstehende Fastenzeit kann man auch darauf hinweisen, dass Fasten nicht von Jesus gewollt ist. Es ist eine gute Methode, sich von den Zwängen unserer Gesellschaft etwas zu lösen, es ist aber nicht notwendig, um Gott näher zu kommen.



Buchempfehlungen: