das Kirchenjahr

11. Sonntag nach Trinitatis

Pharisäer und Zöllner

Predigtanregung

Der 11. Sonntag nach Trinitatis widmet sich unserer Einstellung zu Gott und zu seinem Gnadenhandeln. Dafür werden im Evangelium die zwei völlig unterschiedlichen Charaktere des Pharisäers und des Zöllners einander gegenüber gestellt. Die übrigen Texte weisen mehr in die Richtung des "Seligwerdens aus Gnade" und nicht aus Werken. Unsere Einstellung zu der Gnade Gottes ist entscheidend dafür, ob wir sie auch empfangen werden.

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VI - Gal 2, 16-21

Doch weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird kein Mensch gerecht. 17 Sollten wir aber, die wir durch Christus gerecht zu werden suchen, auch selbst als Sünder befunden werden - ist dann Christus ein Diener der Sünde? Das sei ferne! 18 Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wieder aufbaue, dann mache ich mich selbst zu einem Übertreter. 19 Denn ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt. 20 Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben. 21 Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, so ist Christus vergeblich gestorben.

Dies ist ein zentraler Text evangelischen Glaubens, der im ökumenischen Kontext durch die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung an Bedeutung gewinnt. Werke können nicht gerecht machen, sondern allein der Glaube an den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Interessant ist jedoch die Formulierung, wie Paulus dies ausdrückt: 'Weil wir es wissen, darum sind wir zum Glauben gekommen...' Es scheint fast, als ob Paulus aus ganz logischen Gründen zum Glaubenden wurde.
Dass dies so kaum gemeint sein kann, lässt sich vom Kontext ableiten. Es würde ja bedeuten, dass auch hier zunächst einmal die Tat im Vordergrund steht, nämlich das "zum Glauben kommen", aber das macht ja nicht gerecht, sondern der Glaube selbst. Allerdings muss man noch ein bisschen genauer hinschauen: Paulus schließt nur die "Werke des Gesetzes" als Heilsmittel aus, nicht aber die Werke schlechthin. Das kann wichtig sein, denn es würde letztlich bedeuten, dass es durchaus die Möglichkeit gibt, aus eigener Kraft, aus eigenem Antrieb zum Glauben zu kommen (wohlgemerkt, nicht die Erlösung zu bewirken). Somit wäre der Glaube nicht ein Geschenk Gottes (was ja wiederum das Problem aufwerfen würde, warum Gott manchen - vielen - Menschen den Glauben verweigert), wie manches Mal angenommen wird, sondern ein Handeln des Menschen. Dabei muss man Glaube als Antwort des Menschen auf den Ruf Gottes verstehen. In diesem Sinne ist also Glaube das Ergebnis eines Werkes, nämlich der Zuwendung zu Gott.
Paulus schließt das Gesetz aus seinem Leben aus, wobei er das Gesetz im Sinne von "Heilsweg" meint, wie es also weithin angesehen wurde. Dieses Gesetz ist sinnlos, denn es führt nicht zum Heil. Darum ist es auch sinnlos, dem Gesetz zu folgen. Das führt aber nicht zu einer Anarchie. Vielmehr nimmt Paulus anstelle des Gesetzes den Glauben an und lebt in Zukunft aus ihm. Also stellt sich der Glaubende unter die Herrschaft Christi, indem er Christus 'in sich leben' lässt.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist relativ leicht ersichtlich. Es geht ja um unsere Antwort auf Gottes Handeln an uns, und genau das ist auch mit dem Thema dieses Sonntags angesprochen. Die Predigt sollte versuchen, im Sinne des Predigttextes deutlich zu machen, dass Glaube eine aktive Hinwendung zu Gott bedeutet. Man lässt sich nicht abholen, sondern man geht hin, man bewegt sich auf Gott zu. Dass wir dabei in Bewegung bleiben, sollte nicht vernachlässigt werden. Denn sobald wir versuchen, einen Standort für uns zu "sichern", gewinnt das Gesetz, mit dessen Hilfe die Sicherung erfolgen soll, die Oberhand. Wir würden so eine Mauer zwischen Gott und uns errichten.

Liedvorschläge:

Wir wolln uns nicht auf Werke gründen (EG 250, 4-5)
Nun freut euch, lieben Christen g'mein (EG 341)
Es ist das Heil uns kommen her (EG 342)
Auf meinen lieben Gott (EG 345)
Such, wer da will, ein ander Ziel (EG 346)
Bei dir, Jesu, will ich bleiben (EG 406)
Dass du mich einstimmen lässt (KHW/HN-EG 580)



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